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Die Gefährtin des Medicus

Die Gefährtin des Medicus

Titel: Die Gefährtin des Medicus Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Julia Kröhn
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besorgt.
    »Wo ist er?«, rief er und verlangsamte seinen Schritt erst dann, als er die beiden Frauen erblickte. Alaïs konnte sich der Schadenfreude nicht erwehren, dass Laurents Kopf ausgerechnet auf ihren Schenkeln ruhte. Sie hatte Marguerite auf Aureis Wunsch hin abgelöst, sah er sie bei der von ihm geplanten Prozedur doch als hilfreicher an.
    »Was machen die Weiber hier?«, brummte Gasbert, doch es klang kleinlauter, als Alaïs es erwartet hatte.
    Marguerite hielt seinem Blick ruhig stand. »Wenn wir nicht wären, wäre er womöglich in der Gosse krepiert«, gab sie schroff zurück. »Wäre Euch das lieber?«
    Gleichwohl Alaïs nichts ferner lag, als dem verhassten Kämmerer Respekt zu erweisen, war sie über Marguerites anmaßenden Tonfall entsetzt. Gasbert jedoch wies sie nicht zurecht, sondern senkte den Blick, um sich alsbald Aurel zuzuwenden und seinen Ärger an ihm loszuwerden.
    »Warum mischt Ihr Euch ein?«, zischte er, alten Hader bekundend, mit dem er wohl immer noch zu kämpfen hatte, weil ein fremder, dahergelaufener
Cyrurgicus
ohne sein Zutun ein solch wichtiges Amt errungen hatte.
    Aurel antwortete nicht. »Er hat versucht, sich aufzuhängen«, erklärte er lediglich kühl. »Nachdem er sich gründlich betrunken hat. Im übrigen hat ihm ausgerechnet das das Leben gerettet. Denn seine Hände haben wohl zu stark gezittert, um einen brauchbaren Knoten zu binden. Der scheint sich prompt gelöst zu haben, noch ehe er ihm wirklich sämtliche Luft abpressen konnte. Er war sogar noch in der Lage, einige Schritte zu taumeln und sich den Strick vom Hals zu reißen, ehe er schließlich liegen blieb.«
    Gasbert zuckte zusammen. Trunkenheit mochte ein Laster sein – doch es war eine lässliche Sünde. Viel schwerer, denn von Höllenstrafen geahndet, wog das Vergehen, sich selbst das Leben zu nehmen. Er wich zurück, als hätte Laurent nicht nur sich selbst mit der grässlichen Untat beschmutzt, sondern seinenganzen Stand. Doch er fing sich rasch. »Hat er … hat er gesagt, warum er es tat?«
    Aurel schwieg. Alaïs indes warf Marguerite einen fragenden Blick zu. Sollten sie von der Einsamkeit berichten, über die Laurent geklagt hatte?
    Doch Marguerite sagte nichts – selbst dann nicht, als Gasbert forsch wiederholte: »Also … hat er irgendetwas gesagt?«
    »Begnügt Euch doch damit, dass ich ihn gerettet habe«, meinte Aurel kühl.
    Gasbert runzelte die Stirne. »Maßt Euch nicht zu viel an«, brach es aus ihm hervor. Sein ärger war nicht frisch, sondern wirkte irgendwie faulig, als hätte er sich über Wochen im schimmeligen Seelenkeller angesammelt und dort gewuchert. »Ich weiß, dass Ihr Euch am Hof des Papstes heimisch fühlt, aber Ihr seid kein Priester! Nie werdet Ihr dem Papst so nahe kommen. Vergesst das nicht! Vergesst das niemals!«
    »Wie sollte ich es vergessen? Ich bin
Cyrurgicus.«
Aureis Stimme ließ keinen Zweifel offen, welches ihn als das wertvollere Amt deuchte.
    »Eben! Und somit könntet Ihr gar nicht Priester werden.
Ecclesia abhorret a sanguine
– die Kirche schreckt vor Blut zurück.«
    Verächtlich blickte er auf Aureis Hände, als klebte besagtes Blut daran.
    »Was werft Ihr mir eigentlich vor?«, fragte Aurel. »Dass ich nicht bin wie … er?« Nachlässig deutete er auf Laurent, der in Ohnmacht gesunken schien, aber weiterhin ruhig atmete. Stattdessen war es nun Gasbert, der scharf die Luft einsog. Mochte es die Sorge um Laurents Leben gewesen sein, die ihn hierhertrieb – nun musterte er ihn vor allem mit Scham.
    Doch anstatt sie vor Aurel zuzugeben, blickte er über seinen Kaplan hinweg, als habe er mit all dem nichts zu schaffen, und wechselte rasch das Thema.
    »Worüber … worüber spricht der Papst mit Euch?«, fragte er, daran rührend, was ihm wohl am meisten zusetzte. »Was vertrauter Euch an? Ich weiß, dass er viel Zeit mit Euch verbringt, doch nicht, womit Ihr um sein Vertrauen buhlt. Jetzt habt Ihr die Gelegenheit, es zu sagen und meines zu erringen. Niemand am Hof von Avignon hat Geheimnisse vor mir!«
    »Wenn niemand Geheimnisse hat, dann doch wohl auch der Papst nicht«, gab Aurel zurück. »Warum kommt Euch darum in den Sinn, dass er mit mir über etwas spricht, was er Euch verschweigt?«
    Gasberts Augen wurden schmal. »Ich halte alles zusammen.« Was er sagte, klang kaum lauter als ein Raunen. »Ich bin … wie ein Vater für all diese Diener Gottes. Ich bin es, der die Fäden knüpft.«
    Aurel lächelte kühl. »Ist das womöglich der Grund, warum sich

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