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Die Gefährtin des Medicus

Die Gefährtin des Medicus

Titel: Die Gefährtin des Medicus Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Julia Kröhn
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Vielleicht, weil es sich mehr lohnte. Und vielleicht, weil Raymonda das rabenschwarze, glatte Haar von Caterina hatte.
    »So darf man nicht über eine Heilige sprechen!«, wiederholte Alaïs bitter.
    »Seit wann bekümmert’s dich, wie in diesem Haus über Heilige gesprochen wird?«, fragte Ray indessen verständnislos.
    Alaïs schüttelte unwirsch den Kopf. »Ich will nicht, dass du ihr solchen Unsinn erzählst.«
    Die heilige Maria Magdalena war ihr völlig gleich. Aber als ihr Vater diese so grässlich beschrieb, so war’s ihr, als würde er sie selbst verhöhnen – ihre Zotteln, die verfilzt und glanzlos über ihren Rücken fielen, ihre Lustlosigkeit, sich auch nur die geringste Fürsorge zukommen zu lassen.
    Zumindest schien er zu erkennen, dass er ihr zu nahe getreten war, und wechselte rasch das Thema.
    »’s ist jetzt auch keine Zeit mehr, Geschichten zu erzählen, sondern zu essen. Was gibt es?«
    Alaïs zuckte nur die Schultern, während Emy sogleich schweigend den Eintopf auftrug.
    Nachdem sie vom Grab zurückgekehrt waren, war er es auch gewesen, der den Tisch gedeckt hatte, mitsamt den Servietten, auf die Caterina einst so viel Wert gelegt hatte. Danach hatte ernoch einmal den längst köchelnden Eintopf umgerührt, und nun verteilte er ihn in die Näpfe aus Zinn.
    Alaïs fragte nicht, ob sie ihm dabei helfen sollte. Am Anfang hatte sie noch aus Trotz jede Unterstützung im Haushalt verweigert, hatte insgeheim damit gerechnet, auf das gleiche Gezänk zu stoßen, mit dem ihre Mutter mal mehr, mal weniger erfolgreich eingeklagt hatte, sie möge ihre Pflichten tun. Doch obwohl sie darauf gewartet und sich bereits mögliche Widerworte zurechtgelegt hatte – Emy forderte nichts. Auf ihren Reisen hatte er für ihr Wohlergehen gesorgt, als Einkäufer am päpstlichen Hof von Avignon hatte er sich um andere gekümmert, und jetzt tat er es wieder – ohne jemals Worte darüber zu machen. Nachdem sie Raymonda nicht mehr mit ihrer Brust genährt hatte, war er es gewesen, der sie fütterte, und irgendwann hatte sie auch aufgehört, das Kind zu kämmen, ihm Kleidchen zu nähen und es am Abend zuzudecken.
    Längst war kein Trotz mehr dabei, nur mehr Gleichgültigkeit – und manchmal auch Langeweile. Wie sie da saß, fühlte sie sich nicht nur nutzlos, sondern schwer und träge, als hätte sie nicht nur von einem zum anderen Tag mehr Jahre auf dem Buckel, sondern auch mehr Gewicht.
    Der Geruch des Eintopf s stieg ihr in die Nase. Sie rümpfte sie angewidert. »Muss es immer dasselbe sein? Tagein, tagaus nur Bohneneintopf?«
    Fast hoffte sie, Emy würde ihre Worte zurückweisen, würde ihr vorhalten, dass sie mehr zu essen bekämen, wenn sie den Garten hinter der Kate so emsig beackerte wie die anderen Frauen von Saint – Marthe. Würde ihr vielleicht sagen, was ihr selbst manchmal durch den Kopf ging: dass es ihre eigene Schuld war, dass sie sich nicht mehr Avignoneser Köstlichkeiten ins gierige Maul stopfen konnte, und dass es obendrein schäbig war, diesen nachzutrauern, wo es doch zuförderst den Tod zwei Menschenkinder – Roselina und Aurélie – zu beklagen galt.
    Nun, meist waren ihre Schuldgefühle tatsächlich stärker als der Appetit. Dann deuchte das karge Mahl sie als gerechte Strafe.Nur manchmal, in Augenblicken wie diesen, erhob sich der Trotz und sie fragte sich, ob sie es tatsächlich verdiente: ein Leben an der Seite eines Fischers, denn zu einem solchen war Emy unauffällig und klaglos geworden.
    Sie schob die Schüssel zurück. »Ich bring’s nicht herunter.«
    Von Emy kam kein Wort, nur ein hilfloses Schulterzucken.
    Ray hingegen lachte auf. »Als ihr seinerzeit durch die Lande gezogen seid, war das Essen wohl nicht besser. Doch wenn du davon erzählt hast, hast du dich darüber nicht beklagt.«
    Alaïs schwieg betroffen, nicht ob des Spottes des Vaters, oder der Wahrheit, die er traf, sondern weil ihr ein Gedanke durch den Kopf huschte, verräterisch und eine Sehnsucht anstachelnd, die sie sich nicht erlauben wollte.
    Damals war alles leichter gewesen. Damals war Aurel dabei gewesen.
    Der eigennützige Aurel, dem immer gleich war, was mit ihr geschah.
    Und zugleich der lebendige, mitreißende, entschlossene, dreiste Aurel, der Tod und Teufel nicht scheute und an dessen Seite sie Augenblicke erlebt hatte, in denen nichts zählte als das Hier und Jetzt, da jeder Herzschlag, jeder Atemzug Bedeutung besaßen, anstatt sich lustlos aneinanderzureihen.
    »Also«, riss ihr Vater sie aus den

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