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Die Gefährtin des Medicus

Die Gefährtin des Medicus

Titel: Die Gefährtin des Medicus Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Julia Kröhn
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dozieren hören. Dass eine Verletzung der Ernährungsorgane nicht zwangsläufig tödlich war.
    »Aurel Autard hätte diesen Mann retten können«, murmelte
    sie. »Und ich wiederum habe Aurel jahrelang bei solchen Behandlungen zugesehen. Also bringt mir Wein und Leinen und, so ihr denn welche habt, ein paar Bauschen Baumwolle. Eine Nadel brauche ich, wie gesagt, und reißfesten Faden. Und ein Stück Gänsegurgel.«
    »Eine Gänsegurgel?«, fragte Estela entsetzt.
    »Ein kleines Stück nur. Ausgekocht. Man muss es dort einsetzen, wo der Darm gerissen ist.«
    Niemand rührte sich, um ihr zu helfen. Das gequälte Keuchen von Pierre war das Einzige, was zu hören war. Dann plötzlich fiel ein Schatten auf Alaïs. Aus den Augenwinkeln erspähte sie Emy, sein Gesicht so ausdruckslos wie an dem Abend, da sie zurückgekehrt war.
    »Wenn du ihn operieren willst, darfst du das nicht im Freien tun. Das weißt du doch, oder?«, fragte er ruhig. »Im Freien gibt es viel mehr giftige Dämpfe als drinnen.«
    Er reichte Alaïs ein Stück Leinen, und sie breitete es über die Verletzung.
    »Du hast recht. Wir müssen ihn hineinschaffen«, murmelte sie.
    »Ich helfe dir«, sagte Emy und zeigte ihr gegenüber immer noch keinerlei Gefühl.
     
    Immer wieder kamen ihr die Worte des Damascenus in den Sinn. Es ist die Natur, die uns anleitet. Sie musste ihr nur folgen, Schritt für Schritt tun, was notwendig war, sämtliche Anstrengung und Aufmerksamkeit zuerst auf den einen lenken, dann auf den nächsten. Sie wusste nicht, wie lange sie sich an dem Verwundeten abgearbeitet hatte, ob nur wenige Augenblicke oder Stunden, nur dass es – er hatte längst das Bewusstsein verloren – irgendwann vorüber war.
    Sie hatte das
Omentum
dorthin zurückgelegt, wo es warm war. Sie hatte die Blutgefäße an den Stellen abgebunden, an denen sie bluteten. Sie hatte die zerstörte Haut abgeschnitten und die gesunde mit Hilfe des Gänsehalses zusammengenäht. Sie hatte die
    Bauchdecke geschlossen. Und zuletzt hatte Emy ihr ein Pflaster gereicht, das er in einen Sud aus Gerstenmehl, dicken Bohnen, Wicke und etwas Lauge getaucht hatte, und sie hatte einen Leinenverband darüber gewickelt. Pierres Augen waren geschlossen, doch sein Atem ging regelmäßig, und als Alaïs nach seinem Herzschlag tastete, pochte dieser zwar aufgeregt und unrhythmisch, aber doch stark.
    Sie drehte sich um. Da sie fortwährend gekniet hatte, spürte sie ihre Füße kaum mehr und wankte, als sie sich erhob. Erst jetzt gewahrte sie, wie randvoll das Haus war, in das man Pierre geschafft hatte. Nicht nur Dulceta und Régine und die Kinder hatten angstvoll die Operation begafft, sondern viele der Dorfbewohner – die einen voll Mitleid, die anderen voll Neugierde, wieder andere voll Sensationsgier. Die Luft war stickig und schlecht.
    »Hinaus!«, erklärte Alaïs. Obwohl ihre Stimme kaum mehr war als ein Flüstern, da sämtliche Kraft in das Werk ihrer Hände geflossen war, fügten sich die Menschen augenblicklich. Ein jeder warf einen letzten Blick zunächst auf Pierre, dann auf Alaïs, ehe er schweigend ging. Kaum waren sie draußen, erhob sich freilich Gemurmel. Es klang weder spöttisch noch verächtlich oder anklagend, nur staunend, fast ein wenig ängstlich.
    So geriet auch Dulcetas Blick, aus dem jegliche Gehässigkeit geschwunden war. »Wird er … Wird er es schaffen?«, fragte sie.
    »Ich komme morgen, um den Verband zu wechseln«, sagte Alaïs, und ihre Stimme krächzte immer noch, als hätte sie die letzten Stunden über gebrüllt. »Und am nächsten Tag wieder. Du musst darauf achten, dass stets eine Decke über seiner Wunde liegt. Heute darf er nichts mehr essen, aber morgen kannst du ihm etwas Brot geben, das du in gewürzten Wein getaucht hast. Wenn seine Wunde brandig wird, ist er verloren. Aber er ist jung und kräftig, er könnte es schaffen.«
    Dulceta nickte schweigend. Sie konnte sich nicht überwinden zu danken, aber Alaïs dachte, dass dieses Nicken bereits mehr war, als sie jemals hätte erhoffen können. ähnlich erging es ihr mit der Reaktion der Menschen, als sie nach draußen trat. Siewichen vor ihr zurück, senkten die Blicke. Nur die wenigsten würden wohl in den nächsten Jahren wagen, ihr nahezukommen. Doch keiner würde ihr jemals wieder respektlos begegnen – nicht, nachdem sie einem der ihren das Leben gerettet hatte. Nicht, nachdem man nun wusste, an wen man sich wenden konnte, lag jemand blutig oder krank oder womöglich beides am Boden.
    »Die

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