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Die Gefährtin des Vaganten

Die Gefährtin des Vaganten

Titel: Die Gefährtin des Vaganten Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Andrea Schacht
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fester um sich, und Piets Arm legte sich um ihre Schultern.
    »Ja, ich weiß, Ritter.«
    »Ja, Ihr wisst es auch.«
    Für einen Augenblick herrschte Schweigen. Dann sagte Lothar von Hane: »Mein Hof liegt in der Nähe der ›Bischofsmütze‹, ich bin dann und wann dort vorbeigeritten und habe mit der Wirtin gesprochen. Vor allem, als ihr Mann gestorben war, hatte sie eine harte Zeit durchzumachen. Ich … bewundere sie sehr. Ihre Kinder erzieht sie zu aufrechten Menschen, ihren Gästen ist sie eine fürsorg­liche Wirtin, ihr Gesinde ist freundlich und zuvorkommend.«
    »Ihr seid in sie verliebt.«
    »Ja, ich bin ihr zugeneigt, aber sie hat meine Annäherungen immer deutlich zurückgewiesen.« Er lächelte schief. »So blieb es bei der Hohen Minne.« Und dann breitete er die Hände aus. »Indem ich den Magister Hagan befreite, wollte ich sie schützen. Früher oder später hätte die Mater Dolorosa herausbekommen, um wen es sich bei Laure handelt.«
    »Danke!«, sagte Melle.
    »So habt Ihr Euch denn einen Rest von Ritterlichkeit bewahrt.«
    »Der Rest, der mich vor der endgültigen Verdammnis trennt.«
    »Warum musstet Ihr Hemma jagen, Herr Ritter?«
    »Weil sie angeblich der Mater Dolorosa ein Buch entwendet hat und bei sich versteckt hielt. Ich habe aber kein Buch gefunden. Ich wollte sie auch nur erschrecken und aus dem Haus jagen.«
    »Und dann habt Ihr sie noch einmal gesucht, in der ›Bischofsmütze‹. Ich war auf dem Dach der Werkstatt … Mein Kater traute sich nicht mehr runter.«
    »Ihr habt mein Gespräch mit dem Trottel von Wagner belauscht?«
    »Lauschen ist nützlich, Herr Lothar.«
    »Sieht ganz so aus. Ja, ich hatte den Auftrag, sie zu suchen.«
    »Und habt nachts die Einbrecher geschickt.«
    »Einbrecher? Nein. Ich hatte noch nicht einmal die Gelegenheit, der Mater von meinem Wissen zu berichten. Sagen wir so – ich habe es vermieden, sie zu treffen.«
    »Ja, aber … in der Nacht kamen zwei Männer.«
    »Zwei der Euren. Einen traf mein Dolch. Ein junger Kerl, die Dornenranke auf seiner Brust wies ihn aus.«
    »Der junge Iddelsfeld – er und Mathias sind seither verschwunden.«
    »Der Ältere entkam, den Jungen haben wir begraben.«
    »Ja, aber Frau Hemma hat der Schlag getroffen, Jan und Frau Laure sind verletzt worden. Was ist das für ein Buch, das Ihr sucht?«
    »Ich weiß es nicht, Jungfer Melle. Es muss eines von Bedeutung sein, aber man hat mir nicht gesagt, welcher Art es ist.«
    »Ihr wisst, wer die Mater Dolorosa ist?«
    »Ich habe nie gefragt, Piet. Sie ist die Meisterin des ­Konvents, die Hüterin der Mysterien.«
    Melle gähnte. So ganz allmählich gewann die Müdigkeit Macht über sie. Sie kuschelte sich tiefer in Piets Arm.
    »Lassen wir es gut sein, Lothar. Wir müssen ein paar Stunden schlafen. Morgen gibt es viel zu klären. Nur eine Frage noch: Kennt Ihr Gunnar von Erpelenz?«
    »Flüchtig. Er besucht den Konvent hin und wieder.«
    »Gut.«
    Piet stand auf und schob Melle den Strohsack zu. Er selbst lehnte sich an einen Holzstapel, Lothar von Hane tat es ihm gleich.
    Kaum lag Melle unter der kratzigen Decke, schlief sie auch schon erschöpft ein.
    Als sie erwachte, war der Ritter fort.
    Und Piet sah nachdenklich aus.

36. Hirsebrei mit Birnen
    Laure hatte eine schlaflose Nacht hinter sich. Seit Inocenta ihr mitgeteilt hatte, dass Melle sich mit Piet und dem Löffelschnitzer nach Köln aufgemacht hatte, um Hagan zu suchen, war sie immer unruhiger geworden.
    Dass Piet sich noch nicht einmal die Zeit genommen hatte, in den Gasthof zu kommen, zeigte die Dringlichkeit, die er Hagans Verschwinden beimaß.
    Was hatte der sich nur dabei gedacht, alleine aufzubrechen?
    Ungewissheit ist eine schlimme Pein, stellte sie fest. Und dann versuchte sie vergeblich, sich einzureden, dass er ja nur ein Gast war und sie gar kein Recht hatte, sich um ihn zu sorgen. Es war seine Entscheidung, wen er aufsuchte und warum.
    Blödsinn!
    Er war in ihr Leben getreten und hatte daran teil­genommen. Nicht nur, weil er ihre Mahlzeiten aß und unter ihrem Dach nächtigte, sondern weil er ihr Aufmerksamkeit geschenkt hatte. Mehr als einfach nur ein Gast.
    Müde kroch sie also aus den Federn und begann ihr Tagewerk.
    Hemma lag in ihrem Bett, die Augen schon geöffnet, die Hände über der Brust gefaltet, die sich kaum merklich hob und senkte. Ihr Gesicht war eingefallen, die Haut dünn wie oft abgeschabtes Pergament.
    »Wie geht es Euch, Frau Hemma?«, fragte Laure wie jeden Morgen. Als der Schlag die

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