Die Gefahr
Monaten einfach zu still gewesen. Die Versprengten der Al Kaida hatten sich neu formiert und waren wieder auf dem Vormarsch. Was sie genau vorhatten, wusste Irene Kennedy nicht, doch sie befürchtete das Schlimmste. Ihr Team brauchte mehr Informationen, um etwas unternehmen zu können, sonst würde womöglich ganz Amerika zu spüren bekommen, was die Kerle planten.
Die Direktorin der CIA blickte auf die Uhr und bemühte sich, geduldig zu bleiben. Der Fototermin dauerte bereits eine Viertelstunde länger als vorgesehen, und auch wenn sie es sich nicht anmerken ließ, waren ihre Nerven doch aufs Äußerste angespannt. Wenn es stimmte, was sie befürchtete, dann war höchste Eile geboten. Doch mehr als alles andere brauchten sie jetzt zusätzliche Informationen und ein bisschen Glück – und beides würde ihnen nicht so einfach in den Schoß fallen, wenn sie nur hier in Washington herumsaßen und mit ihren Satelliten ein wenig Spionage betrieben. Sie musste sofort mit dem Präsidenten sprechen, damit er Rapps Plan absegnete und das Pentagon einschaltete.
Irene Kennedy verfolgte mit einiger Erleichterung, wie der Pressesprecher des Präsidenten auf der Bildfläche erschien und den Fotografen mitteilte, dass der Fototermin zu Ende sei. Der Präsident dankte den Anwesenden für ihr Kommen und schüttelte noch dem einen oder anderen freundschaftlich die Hand. Wie fast alle Politiker auf diesem Niveau verstand es Präsident Hayes sehr gut, den Menschen das Gefühl zu geben, dass sie ihm wichtig wären. Er lachte, klopfte dem einen oder anderen auf die Schulter und winkte den Leuten zum Abschied zu, während er über den Rasen zum Oval Office hinüberging.
Als er zu Irene Kennedy kam, wurde sein Gesichtsausdruck sofort ernst. Er wollte nicht hier draußen über irgendwelche wichtigen Angelegenheiten sprechen und fragte nur: »Sind Sie heute Morgen nicht ein bisschen früh dran, Irene?«
»Ja, Sir.«
Hayes runzelte die Stirn. Er nahm nicht an, dass sie ihm gute Neuigkeiten zu überbringen hatte. Mit einer knappen Geste forderte er sie auf, ihm zu folgen, und ging zu seinem Büro.
Irene Kennedy zögerte einen Augenblick und hielt nach der Stabschefin des Präsidenten Ausschau. Sie war erleichtert zu sehen, dass die Frau offenbar nicht vorhatte, dem Präsidenten zu folgen, sondern sich noch ein wenig im Licht der beiden Hollywood-Größen sonnte. Valerie Jones und Rapp konnten einander nicht ausstehen. Irene Kennedy war sich ziemlich sicher, dass die Stabschefin gegebenenfalls ihren ganzen Einfluss geltend machen würde, um den Präsidenten davon abzuhalten, grünes Licht für den aggressiven Plan des CIA-Agenten zu geben.
Irene Kennedy ging an dem Secret-Service-Agenten vorbei, der an der Tür zum Büro des Präsidenten stand, und trat nach Hayes ein. Der Präsident eilte sofort zu seinem Schreibtisch und studierte seinen Terminkalender. »Wie viel Zeit brauchen Sie?«, fragte er schließlich.
»Eine Viertelstunde … aber ungestört.«
Hayes nickte nachdenklich. Irene Kennedy gehörte nicht zu den Leuten, die mehr von seiner Zeit in Anspruch nahmen als unbedingt nötig. Er drückte auf die Taste der Sprechanlage und sagte: »Betty, ich will fünfzehn Minuten ungestört sein.«
»In Ordnung, Mr. President.«
Hayes öffnete sein Jackett und ging zum Kamin hinüber, wo er auf der linken Couch Platz nahm. Er blickte zur Direktorin der Central Intelligence Agency auf und sagte: »Dann wollen wir mal hören, was es für schlechte Neuigkeiten gibt.«
Irene Kennedy setzte sich neben ihn und strich sich eine Strähne ihres braunen Haars hinter das Ohr. »Wie Sie wissen, haben wir nach dem 11. September einige ziemlich ausgeklügelte Modelle entwickelt, um bestimmte wirtschaftliche Indikatoren aufzuspüren, die in irgendeiner Weise verdächtig sind. Wir haben Banken und Brokerfirmen ausfindig gemacht, die mit Geldern arbeiten, die höchstwahrscheinlich in direktem Bezug zum Terrorismus stehen. Außerdem wertet unser Echelon-System Tag für Tag Millionen von E-Mails und Telefongesprächen aus. Aufgrund der Fülle des Materials können wir nicht immer auf dem Laufenden sein, vor allem, wenn man bedenkt, dass vieles davon verschlüsselt ist.«
»Um wie viel hinken wir hinterher?«
»Die Trends auf den Finanzmärkten können wir fast in Echtzeit mitverfolgen, aber für die verschlüsselten Botschaften, die wir über Echelon hereinbekommen, brauchen wir bis zu einem Monat, um sie zu knacken. Ganz schnell geht es nur dann, wenn
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