Die gefangene Braut
geantwortet?«
»Ich hatte einen Alptraum, Philip. Ich habe geträumt, daß mich der Mann, der mich geschlagen hat, durch die Wüste jagt. Der Traum war so intensiv – ich dachte, daß er meinen Namen ruft. Als ich schließlich aufgewacht bin, habe ich nichts weiter gehört, als daß du vor dich hingeredet hast.«
»Schon gut, es tut mir leid, daß ich falsche Schlüsse gezogen habe.« Philip stand auf und versuchte, seine Hose zuzuschnüren.
»Du darfst nicht aufstehen, Philip«, sagte sie eilig, als sie den Schmerz in seinem Gesicht sah.
»Ich habe vor, im Bett zu bleiben, Tina, aber es ist so verdammt heiß in diesem Zelt, daß die schwere Decke zu warm ist. Und um des Anstands willen hätte ich gern etwas an.«
Christina kam zu ihm und schnürte seine Hose zu. Dann half sie ihm, sich wieder auf das Bett zurückzulegen. »Kann ich dir etwas zum Frühstück besorgen, Philip?«
»Das ist der eigentliche Grund, warum ich dich gerufen habe. Ich bin ausgehungert.«
Christina wollte schon gehen, drehte sich dann aber doch noch einmal um. »Wenn ich dich gefüttert habe -wirst du mir dann erzählen, wie du zu diesen Verbrennungen gekommen bist?«
»Eins sage ich dir jetzt gleich. Es besteht kein Grund mehr zu Alpträumen, die sich um diesen Mann drehen – er ist tot.«
»Tot!« sagte sie atemlos. »Wieso?«
»Ich habe ihn umgebracht.«
»Philip! Warum mußtest du ihn töten? Meinetwegen?«
»Ich dachte, du wolltest seinen Tod.«
»Ich wollte, daß er ausgepeitscht wird, nicht, daß er ermordet wird.« Ihr wurde ganz übel bei dem Gedanken, daß er einen Mann um ihretwillen getötet hatte.
»Der Mann hat außerdem auf Ahmad geschossen, und ich habe Syed versprochen, daß er dafür büßt. Ich bin selbst nicht glücklich mit dem, was ich getan habe, aber der Mann wäre ohnehin gestorben, weil er Ungehorsam geleistet hat. Er erwartete gerade seine Hinrichtung, als ich im Lager eingetroffen bin. Zumindest habe ich ihm einen fairen Kampf geliefert, Tina – wir waren beide bewaffnet.«
»Aber warum mußtest du es tun?«
»Verdammt noch mal, Tina! Ich war außer mir vor Zorn, als ich gesehen habe, wie er dich zugerichtet hat. Und als ich erfahren habe, daß eben dieser Mann auch auf Ahmad geschossen hat – ich mußte es tun. Der Mann wäre ohnehin gestorben. Man hätte ihm keine Chance gegeben. Dazu kam, daß man mir bereits mitgeteilt hatte, ich würde einen langsameren Tod sterben, und wenn dieser Mann den Kampf gewonnen hätte, hätte er mich davor bewahrt.«
»Was soll das heißen, daß du sterben solltest? Hast du daher die Verbrennungen – bist du bei lebendigem Leibe geröstet worden?«
»Ja.«
»Aber warum?«
»Wie ich gestern abend schon sagte, Tina, ist das eine lange Geschichte. Könnte ich bitte vorher etwas essen?«
Sie nickte, ohne noch etwas zu sagen, und verließ den Raum. Sie brauchte das Zelt nicht zu verlassen, denn dort fand sie bereits ein großes Tablett vor, das sie erwartete. Diese Amine, dachte Christina, sie ist mir immer um einen Schritt voraus. Christina brachte das Essen ins Schlafzimmer und bestand darauf, Philip zu füttern. Sie wußte, daß ihm jede Bewegung seiner Arme wehtat.
Nach dem Frühstück erzählte ihr Philip die ganze Geschichte. Anfangs war sie wütend – als sie erfuhr, daß man sie dazu benutzt hatte, Philip in den Tod zu locken. Doch dann empfand sie Mitleid für Hejaz, der all diese Jahre mit einem solchen Haß gelebt hatte. Vielleicht war es besser, daß man sie betäubt hatte. Sie hätte es niemals ertragen, Philip leiden zu sehen.
Als er ihr von seiner Flucht erzählte, dankte sie Gott dafür, daß Amair den Mut besessen hatte, ihm zu helfen. Sie wußte, daß Philip mit keinem Wort die Foltern und Qualen erwähnt hatte, die er unter der brennenden Sonne erlitten haben mußte. Das einzig Dumme war, daß sie sich bei Philip nicht für ihre Rettung bedanken konnte. Das wäre dem Eingeständnis gleichgekommen, daß sie lieber bei ihm blieb, denn ihre Entführer hätten sie zu John zurückgeschickt. Und sie konnte ihm einfach nicht sagen, daß sie ihn liebte, wenn er sie nicht liebte.
Christina sah Philip mit einem Blick voller Zärtlichkeit an. Er hatte soviel erlitten, um sie zu retten. Sie sah eine neue Hoffnung – vielleicht liebte er sie doch. »Philip, warum bist du mir nachgeritten?« fragte sie.
»Du gehörst mir, Tina. Niemand nimmt mir weg, was mir gehört.«
Christina verließ den Raum. Das war also alles, was sie ihm bedeutete. Sie war
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