Die Gegenpäpstin
vergeblich nach ihnen hat suchen lassen. Währenddessen warteten die sterblichen Überreste
der beiden im Innern des Jebel Tur’an beinahe zweitausend Jahre lang auf ihre Entdeckung. Nach dem Gespräch mit dem Rabbi
habe ich unverzüglich Verbindung zu einem Kollegen in Ägypten aufgenommen. Dort befindet sich seit gut einem halben Jahrhundert
eine Tafel im staatlichen Museum, deren Inschrift das Zeichen mit dem Widderkopf beinhaltet. Zeitlich paßt es genau. Es stammt
aus dem Jahre 62 n. Chr. und ist ein Symbol der sogenannten Söhne des Lichts. Die Inschrift weist auf Hannas II. hin, der
den Tod eines Mannes und einer Frau heraufbeschwört, die beide in verwandtschaftlicher Verbindung zum Hause David standen.
Ein bisher unbekannter Hohepriester verflucht auf der Tafel seine Gefolgschaft, die er zudem als ›Streiter des Lichts‹ bezeichnet.
Deren Seelen sollen nicht eher Ruhe finden, bis die Leichen jener Frau und jenes Mannes gefunden werden, damit man ihre Knochen
zu Asche verbrennt und in alle vier Winde verstreut. Denn nur wenn gesichert ist, daß diese beiden Toten niemals auferstehen,
kann ein nicht genannter Dämon sein Werk vollenden. Der Legende nach wird eines fernen Tages ein Hohepriester der ›Söhne des
Lichts‹ mit einer Tochter aus dem Hause Zadoks einen kommenden Messias zeugen und damit ein neues Zeitalter einläuten.«
»Glauben Sie tatsächlich, daß es heutzutage noch Anhänger einer solchen Sekte gibt?« Padrig schaute Morgenstern zweifelnd
an. Im stillen hoffte er, daß niemand so wahnsinnig sein würde, uralte Leichen zu suchen, nur um sie zu verbrennen und ihre
Asche zu verstreuen und dann womöglich noch Jungfrauen und Stiere zu opfern.
|362| »Ich glaube es nicht nur«, sagte Morgenstern. »Ich bin mir sogar ziemlich sicher, daß so etwas wie die neuzeitliche Form dieser
uralten Sekte hinter der ganzen Sache steckt. Es ist mir gelungen, mit dem Anbieter des Chanukkaleuchters Kontakt aufzunehmen.
Ein Schwede, der einen internationalen Antiquitätenhandel betreibt. Er sagte, er habe den Leuchter von einem Mann erworben,
der sich als Angehöriger des katholischen Ordens der ›Streiter Gottes‹. ausgegeben habe und der ihm versicherte, der Leuchter
sei mehr als zweitausend Jahre alt und entstamme dem Eigentum seines Ordens. Das überaus wertvolle Artefakt solle anonym für
wohltätige Zwecke verkauft werden. Der Anbieter selbst verzichtete darauf seinen Namen oder den eines Auftraggebers zu nennen.
Er bezeichnete sich lediglich als ›Sohn des Lichts‹ und hinterließ die Adresse eines Schweizer Nummernkontos, wohin das Geld
für den Verkauf überwiesen werden sollte. Das einzige, woran der Händler sich später bei diesem merkwürdigen Deal erinnern
konnte, war der seltsame goldene Ring des Kunden, dessen Emblem der Händler später als Icon benutzte, als er den Leuchter
im Internet zum Verkauf anbot.«
Morgenstern rief ein weiteres Foto auf, das einen gutaussehenden, braungebrannten Mann mit kurzen schwarzen Haaren zeigte.
»Nicht weit von hier entfernt residiert Angelo Nero«, erklärte der Inspektor weiter. »Er ist ein schwerreicher Mann mit einem
geschätzten Privatvermögen von elf Milliarden Dollar. Neros Vater handelte in der siebten Generation mit Waffen, und soweit
unser Geheimdienst in Erfahrung bringen konnte, gab es so gut wie nichts, was ihm heilig war. Bis zu seinem Tod vor wenigen
Jahren belieferte er alle Krisengebiete der Erde mit Kriegsgerät, und dabei achtete er nicht darauf, welches Lager er mit
seinem fragwürdigen Segen beglückte. Hauptsache, die Konditionen stimmten. Interessanterweise hat bereits der alte Nero die
Leitung eines angeblich christlichen Laienordens übernommen, wiederum von seinem |363| Vater, und sich in der Tradition des Hauses um die Förderung junger Männer aus ärmlichen Ländern gekümmert. Meist stammten
sie aus solchen Gebieten, die zuvor mit Waffen aus dem Hause Nero dem Erdboden gleichgemacht wurden. In eingeweihten Kreisen
sagt man den Ordensmitgliedern nach, sie fühlten sich der Tradition der ›Söhne des Lichts‹ verbunden. Offiziell bezeichnen
sich die Mitglieder der Organisation, der unter anderem namhafte Größen der internationalen Finanzwelt angehören, als ›die
Streiter Gottes‹. Nero junior hat nach dem Tod seines Vaters unverzüglich die Ordensgeschäfte in die Hand genommen und bemühte
sich bisher – wie sein Vater – nicht weniger erfolglos um die
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