Die Gegenpäpstin
Anerkennung des Ordens durch den Vatikan. Nun – klingelt es
in Ihren Ohren? Möglicherweise ist ihnen der Name sogar schon einmal bei Ihrer Arbeit untergekommen?«
Padrig überlegte einen Moment, dann nickte er. »Ja, ich habe davon gehört. Während meines Dienstes für die Apostolische Kammer
ist der Name Nero im Zusammenhang mit einer üppigen Spende gefallen, aber das liegt mindestens zwei Jahre zurück. Und wenn
ich mich recht erinnere, war in diesem Zusammenhang auch die Zulassung seines Ordens im Gespräch. Allerdings kann ich mich
nicht erinnern, daß diesem Ansinnen nachgegeben wurde.«
»Warum wohl?« Morgenstern lächelte abfällig. »Denken Sie ernsthaft, das Oberhaupt der katholischen Kirche könnte es sich leisten,
einem solch fragwürdigen Mann ohne gründliche Prüfung seine Unterstützung zu gewähren?«
»Aber sagten Sie nicht, Angelo Nero gehört einer Sekte an? Wie kann er dann einen christlichen Orden gründen wollen? Das paßt
doch nicht zusammen.«
»Auf den ersten Blick mögen Sie recht behalten. Aber auf den zweiten Blick sollte man wissen, daß die Sekte um Hannas II.
unter dem Deckmantel der gesetzestreuen Sadduzäer heimlich die Weltherrschaft anstrebte. Und dessen Nachfolger hat vermutlich |364| keine anderen Ziele. Vielleicht ist es ja nur eine Masche, die Nero mit diesem christlichen Orden fährt, um von seinen anderen
Aktivitäten abzulenken. Er würde damit in der unguten Tradition seiner historischen Vorgänger stehen. Nachdem wir die Leiche
des Professors in der Wüste gefunden haben, bleibt zu vermuten, daß er einer religiös motivierten Hinrichtung zum Opfer fiel.
Jeder normale Kriminelle hätte den Mann einfach erschießen und verbuddeln können, um ihn loszuwerden.«
Morgenstern schenkte sich ein wenig Wasser nach und trank einen Schluck. Dann seufzte er und sah Padrig mit einem merkwürdigen
Flackern in den Augen an. »Es existiert zwar ein Bekennerschreiben zu dieser Tat, das auf arabische Terroristen schließen
läßt, glaubt man jedoch den Äußerungen des verstorbenen Molekularbiologen Doktor Messkin, die er kurz vor seinem Tod gegenüber
Sarah Rosenthal gemacht hat, ist der Professor allem Anschein nach freiwillig mit seinen Entführern mitgegangen. Und die Vorstellung,
daß der Professor mit Terroristen paktiert hat, ist geradezu lächerlich. Was wäre also, wenn Professor Bergman die Leichen
Mirjams und Jaakovs an Nero und seine Leute verkauft hat? Was wäre, wenn Bergman sterben mußte, weil er nicht mehr loyal war
oder zuviel wußte und ein zu hohes Schweigegeld verlangte? Sarah hat, wie sie mir erzählte, zwei ominöse Anrufe erhalten,
bevor sie nach Deutschland ging. Einmal glaubte sie Bergman am Apparat zu haben. Der Anrufer warnte sie eindrücklich, sich
weiterhin mit dem Fund vom Jebel Tur’an zu befassen.«
»Können wir Nero irgend etwas beweisen?« Padrig hatte auf einmal die Hoffnung, daß sie endlich wußten, wer Sarah entführt
haben könnte.
»Nein«, erwiderte Morgenstern resigniert. »Niemand hat ihm bisher etwas nachweisen können. Zur Zeit versuchen meine Leute
in Haifa Rückschlüsse auf den Anbieter des Chanukkaleuchters zu finden. Wenn es uns gelingen würde, ihn zu schnappen, wüßten
wir vielleicht mehr.«
|365| »Ich werde morgen nochmals in den Vatikan gehen«, sagte Padrig, getrieben von der Angst, daß es da jemanden gab, der noch
ganz andere Interessen hegte, als im Bekennerschreiben angekündigt. »Vielleicht kann ich herausfinden, ob dieser Angelo Nero
und seine Streiter Gottes dort in letzter Zeit aufgetreten sind.«
»Eine gute Idee«, bemerkte Morgenstern. »Es ist spät geworden«, fügte er mit einem Blick auf seine vorsintflutliche Taucheruhr
hinzu. »Heute können wir ohnehin nichts ausrichten.«
»Wenn Sie wollen, können Sie eines unserer Gästezimmer beziehen«, bot Padrig an. »Ich werde Bruder Nguyen bitten, Ihnen Bettwäsche
und einen Schlüssel zu überlassen.«
Morgenstern nahm das Angebot dankbar an.
Kurze Zeit später erschien der vietnamesische Bruder, um den Inspektor aus Israel in einem Zimmer ein Stockwerk tiefer unterzubringen.
»Schlafen Sie ein wenig«, sagte Morgenstern, als er sich von Padrig verabschiedete. »Sie brauchen Ihre Kraft. Morgen werden
wir dem Spuk auf den Grund gehen.«
|366| 42.
März 2007 – Jungfrauenopfer
Während der ganzen Nacht hatte Sarah kein Auge zugetan. Völlig erschöpft saß sie, bekleidet mit dem Jogginganzug, den
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