Die Gegenpäpstin
dürfte, war Angelo Neros Vater ein äußerst erfolgreicher Waffenhändler. Bereits dessen Vorfahren haben
den Versuch unternommen, besagten Orden innerhalb unserer katholischen Kirche zu etablieren. Nero senior war zudem lange Jahre
Mitglied eines streng konservativen spanischen Laienordens. Aber soweit mir bekannt ist, erschien sein Anliegen unserem Heiligen
Vater und all seinen Vorgängern stets als zu undurchsichtig.«
»Aber sein Geld war offensichtlich willkommen«, bemerkte Padrig. »Obwohl Blut daran klebte!«
|374| »Nun ja. So würde ich es nicht unbedingt ausdrücken.« Mendez reckte seinen kurzen Hals über seinen engen weißen Kragen hinaus,
wie eine Schildkröte, die ihrem Panzer zu entweichen versuchte. »Bei solchen Summen sagt man nicht einfach nein. Die Ausgaben
des Vatikans steigen stetig, und die Einnahmen schwinden. Aber was, in Gottes Namen, sollte Nero mit der Entführung von Frau
Doktor Rosenthal zu tun haben?«
»Das wüßte ich auch gerne.« Padrig sah den Erzbischof herausfordernd an. »Ich hatte gestern abend Besuch von einem Mann, der
mir eine Geschichte erzählt hat, die zweitausend Jahre zurückreicht. Es ging darin um die sogenannten Söhne des Lichts. Sagt
Ihnen dieser Begriff etwas?«
»Ich habe diese Bezeichnung einmal im Zusammenhang mit Neros Streiter Gottes gehört.« Mendez hielt inne. »Ich habe eine Idee.
Wir sollten uns den Terminkalender unseres Kardinals einmal anschauen. Vielleicht wäre es von Interesse, wem er in letzter
Zeit Audienzen gewährt hat. Allerdings bin ich mir nicht sicher, ob seine Sekretärin uns so ohne weiteres Zugang zu den gebotenen
Dateien verschafft?«
Padrig lächelte. »Nichts leichter als das. Wenn Sie mir freundlicherweise Ihren PC für einen Augenblick zur Verfügung stellen
würden?«
Keine fünf Minuten später hatte Padrig sich unter Umgehung des Paßwortes in Margaritas Dateien eingeloggt.
»Wie haben Sie das geschafft?« Mendez sah erstaunt auf, als der Terminkalender Luceras auf dem Bildschirm erschien.
»Ich habe einfach den Namen unseres Heiligen Vaters eingegeben. Die meisten Leute geben sich keine besondere Mühe bei der
Auswahl ihrer Paßwörter.«
Mendez fühlte sich anscheinend ertappt, jedenfalls setzte er eine schuldbewußte Miene auf.
Nach einigem Suchen fanden sie einen Eintrag Orden der Streiter Gottes im Terminkalender des Kardinals, kurz nachdem |375| Padrig nach Deutschland aufgebrochen war. Ein weiterer Vermerk bestätigte darüber hinaus den persönlichen Besuch Angelo Neros
in den Räumlichkeiten seiner Exzellenz Baptiste Lucera. Ein Einblick in die Kontoführung der Buchhaltung ergab, daß zwischenzeitlich
keine weiteren Spenden Neros an die Vatikanbank ergangen waren. Seltsamerweise hatte die Kommission zur Prüfung der Anerkennung
von Ordensgemeinschaften in der Zwischenzeit dessen Antrag auf die Zulassung seines Ordens erneut in die entsprechende Liste
aufgenommen.
Padrigs Lider verengten sich. »Es wird uns wohl nichts anderes übrigbleiben, als Monsignore Lucera selbst zu befragen, was
der Grund seines Kontakts mit Nero war«, erklärte er und erhob sich.
»Um der Heiligen Mutter Maria willen«, stieß Mendez hervor. »Wo wollen sie hin?«
Padrig fühlte sich wie ein Kreuzritter bei der Erstürmung Jerusalems, als er den Korridor zum zweiten Stock emporhastete.
In seinem Kopf drehten sich die Gedanken. Mit jeder Treppenstufe, die er nahm, stieg seine Überzeugung, daß Nero ein skrupelloser
Sektenführer war, der Sarahs Entführung zu verantworten hatte, und daß Lucera – auf welche Weise auch immer – mit ihm gemeinsame
Sache machte.
»Bruder Padrig, so warten Sie doch!« rief ihm Mendez hinterher, während er seinem Schützling atemlos hinterherstapfte. »Sie
sind zu unüberlegt«, keuchte der Erzbischof. »Sie wissen doch gar nicht, ob der Kardinal im Hause ist.«
Padrig blieb abrupt stehen, auf halber Höhe zum zweiten Stock, und drehte sich um. »Natürlich ist er im Hause, schließlich
habe ich seinen Terminkalender eingesehen. In diesem Augenblick empfängt er eine Gruppe japanischer Kirchenvertreter.«
»Um Gottes willen! Bleiben Sie stehen!« Mendez versuchte vergeblich, Padrig am Ärmel seines Habits zu erwischen.
|376| »Um so besser, wenn er Besuch hat«, erwiderte Padrig. Dann bremste der hünenhafte Ire überraschend ab, noch bevor er den Eingang
zu Luceras Sekretariat erreicht hatte, und packte den viel kleineren Bischof bei den
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