Die Gegenpäpstin
Schultern, um ihn wie einen Schutzschild
vor sich her zu schieben, damit die Schweizer Garde keinen Verdacht schöpfte.
»Sie können da nicht einfach hineinplatzen!« zischte Mendez voller Verzweiflung, als Padrig ihn wie eine Geisel mit sich zog,
um das Vorzimmer des Kardinals zu stürmen.
Margarita schaute verwirrt auf, doch bevor sie die Situation erfaßt hatte und Padrig zurückhalten konnte, war er mit seinem
vor Aufregung zitternden Vorgesetzten schon an die abhörsichere Tür gelangt. Immerhin bewies er den Anstand zu klopfen, bevor
er ohne Aufforderung eintrat.
Die Köpfe der korrekt gekleideten Besucher, die Lucera an seinem Konferenztisch versammelt hatte, schnellten mit einigem Erstaunen
herum. Der Gesichtsausdruck des Gastgebers schwankte indes zwischen Verwunderung und abgrundtiefer Verachtung.
»Ich glaube nicht, meine Herrn«, sagte er schneidend zu den beiden Franziskanern, »daß das jetzt der richtige Zeitpunkt für
Ihr Erscheinen ist. Würden Sie bitte draußen warten!«
Lucera erhob sich halb aus seinem Stuhl, als seine Anordnung nicht auf den erwarteten Gehorsam stieß. Seine ohnehin dünnen
Lippen formten sich zu einem Strich, und sein faltiges, schmales Gesicht nahm in rasantem Tempo eine rötliche Färbung an.
»Und ich glaube, unsere Zusammenkunft ist von außerordentlicher Dringlichkeit.« Padrig starrte Baptiste Lucera fest in die
Augen, um ihm zu zeigen, daß er auf keinen Fall zurückweichen würde.
Lucera war anzusehen, daß er überlegte, nach der Schweizer Garde zu rufen. Doch Padrig kam ihm zuvor.
»Es geht um Angelo Nero«, sagte er ohne eine Spur von Aufregung in der Stimme, während er seinen erzbischöflichen Begleiter, |377| der einem Ohnmachtsanfall nahe zu sein schien, immer noch am Handgelenk festhielt. »Der Name sagt Ihnen gewiß etwas. Wenn
nicht, werde ich Sie und Ihre Besucher gerne aufklären. Vielleicht sind die Anwesenden an einer spannenden Geschichte interessiert.«
Padrig hatte italienisch gesprochen. Dann ging er ins Englische über. »Im Zweifelsfall übersetze ich auch gerne.«
Lucera rang nach Atem. »Es tut mir leid, meine Herrn«, entschuldigte sich der Kardinal bei den verblüfften Japanern, die sich
allesamt erhoben hatten und Padrig und den Erzbischof mit einem höflichen Lächeln und einer synchronen Verbeugung bedachten.
»Ich muß Sie bitten, uns für einen Moment allein zu lassen.« Lucera wies seine Gäste mit einem gekünstelten Lächeln zur Tür.
»Offensichtlich gibt es ein Problem«, fuhr er mit kaum unterdrücktem Ärger in der Stimme fort, »welches meine sofortige Aufmerksamkeit
erfordert. Meine Assistentin wird Sie in den anliegenden Warteraum führen.«
Margarita stand schuldbewußt im Türbogen und hatte atemlos zugehört. Padrig empfand spontanes Mitleid für die unscheinbare
Frau, weil es ihr zum wiederholten Mal nicht gelungen war, ihn davon abzuhalten, wie ein lodernder Racheengel in das Büro
ihres Chefs zu rauschen.
Auf den Wink des Kardinals machte sie sich daran, die Japaner in ein anderes Zimmer zu geleiten.
»Was fällt Ihnen ein!« brüllte Lucera, als sich die schalldichte Tür geschlossen hatte.
»Setzen Sie sich!« befahl Padrig und baute sich bedrohlich vor dem hochrangigen Kirchenvertreter auf. Lucera, der an der Mimik
seines Gegners erkennen mußte, daß dieser nicht zu Späßen aufgelegt war, zog es vor, dessen Anweisung zu folgen. Padrig war
unterdessen nicht bereit, auf einem der beiden Büßerbänkchen vor Luceras monströsem Schreibtisch Platz zu nehmen, sondern
begleitete den Kardinal zu seinem Stuhl und nahm in wachsamer Nähe hinter ihm Aufstellung.
|378| Erzbischof Mendez zog es derweil vor, sich am Eingang zu positionieren, weil er sich anscheinend nicht darüber im klaren war,
ob Padrig noch weitere Dummheiten plante, die es gegebenenfalls zu verhindern galt.
Padrig legte seine große Hand auf die knochige Schulter seines vermeintlichen Widersachers. »Es wäre am besten, Sie würden
zugeben, daß Sie mit Nero zusammengearbeitet und ihn bei der Entführung von Frau Doktor Rosenthal unterstützt haben.«
Lucera schnellte herum wie eine angriffslustige Viper. »Offenbar sind Sie wahnsinnig geworden, McFadden! Wie kommen Sie auf
einen solchen Schwachsinn? Hat Regine von Brest Ihnen etwa vollends den Kopf verdreht, oder ist es am Ende die Archäologin
selbst, die Ihnen den Verstand geraubt hat?«
Mendez hob überrascht eine Braue. Solche Grobheiten hatte
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