Die Gegenpäpstin
für alle Völker, unabhängig ob Juden, Römer oder Heiden. Sie alle sollten auf ihre Sehnsucht nach Frieden
hören und ihrem Herzen folgen. Er wollte kein König sein, auch wenn Leute wie Paulus das Gegenteil behaupten.«
»Ich überbringe euch die Kollekte«, krächzte Paulus, nachdem er unvermittelt die Hütte betreten hatte. »Zweihundertfünfzigtausend
Denare.«
Jaakov, der einen Schluck Wein zu sich genommen hatte, verschluckte sich augenblicklich und begann zu husten. Dann starrte
er ungläubig zu Paulus hin. »Wo hast du so viel Geld versteckt?«
»Einen Teil habe ich in Goldmünzen dabei, verborgen zwischen Getreidekörnern, der andere Teil besteht aus gesiegelten Briefen,
die jederzeit beim zuständigen römischen Prokurator eingelöst werden können.«
»Und dann kommst du ganz alleine?« Jaakov hielt Paulus schlichtweg für wahnsinnig. Doch der Jude mit römischem Bürgerrecht
war viel zu borniert, als daß er annahm, jemand könne die Unverfrorenheit besitzen, ihn zu überfallen. Allenfalls die Habgier
jüdischer Zöllner schreckte ihn.
»Sag nur, du willst damit nach Jeruschalajim?« Mirjam sah den gebeugten Besucher überrascht an.
Paulus erwiderte ihren Blick mit leichtem Argwohn. »Denkst du, es wäre zu gefährlich für mich?«
»Ob du es glaubst oder nicht, es ist nicht wegen des Geldes. Es geht um dich. Ich sorge mich«, erwiderte Mirjam gereizt. »Ich
erinnere mich noch gut, wie du das letzte Mal nach Jeruschalajim gereist bist und Jaakov deinen Hintern retten mußte, weil
du dich den Forderungen der orthodoxen Brüder und Schwestern nach |181| Beschneidung und weiteren rituellen Vorschriften entgegengestellt hast. Um ein Haar hätte man dich umgebracht. Denkst du,
all dein Geld, daß du den Brüdern und Schwestern in Antiochien aus der Tasche gezogen hast, wird dich fortan vor dem Mißtrauen
deiner Brüder und Schwestern im Land der Israeliten bewahren?«
»Mirjam.« Jaakov hatte einen Arm um seine Schwägerin gelegt und sah sie vorwurfsvoll an. »Empfängt man so einen Gast? Könnt
ihr eure Zwistigkeiten nicht für einen Augenblick beilegen?«
»Ja, ich kann das«, lenkte Mirjam ein, wobei ein bitterer Zug ihre Lippen umspielte. »Auch wenn es mir schwerfällt, nach allem,
was sich unser guter Bruder während unserer gemeinsamen Zeit in Ephesus geleistet hat.«
Jaakov zog eine Braue hoch und sah seinen Mitbruder zweifelnd an.
Paulus wirkte mürrisch. »Der Herr verschone einen alten Mann wie mich mit solchen Debatten«, antwortete er, ohne weiter auf
Jaakovs fragenden Blick einzugehen. »Schon gar nicht mit diesem Weib, dessen Zunge so flink ist, daß selbst ein gebildeter
Mann nicht rasch genug antworten kann. Was ist, wollt ihr mir kein Lager für die Nacht anbieten?«
Mirjam lächelte triumphierend. »Natürlich, Bruder Paulus, wenn es dich nicht stört, daß du es mit mir teilen mußt?«
|182| 21.
Februar 2007 – Romeo-Agent
Pünktlich um zwölf Uhr Mittags landete Padrig Lacroix, wie er sich nun nennen mußte, mit einer Boing 727 auf dem Flughafen
Köln/Bonn, und noch während er in einen Zug zum Hauptbahnhof stieg, haderte er mit seiner vertrackten Lage. Ausgestattet mit
Laptop und Mobiltelefon, sah er einer Aufgabe entgegen, die er überhaupt nicht einschätzen konnte.
Am Hauptbahnhof wollte Padrig noch etwas essen, bevor er sich ein Taxi nahm, um zu seiner Wohnung zu gelangen, die angeblich
nur fünf Minuten von der Zentrale der Beginen entfernt lag. Dort würde ein eleganter BMW für ihn bereitstehen.
In einem Schaufenster überprüfte er den Sitz seines Mantels und seines teuren Designeranzuges, den Lucera ihm großzügig spendiert
hatte. Kleider machen Leute, hieß es zu Recht – auch im Vatikan. Nun ja – Padrig hätte auch schlecht in einer Franziskanerkutte
bei den Frauen auftauchen können, aber selbst in einem Designer-Outfit hatte er keinen blassen Schimmer, wie er das Vertrauen
dieser seltsamen Ordensschwestern gewinnen sollte.
Ganz in Gedanken versunken stellte Padrig sein Gepäck vor einer Imbißbude ab, um sich etwas zu essen zu kaufen, als er plötzlich
eine huschende Bewegung wahrnahm und nur noch sah, wie ein Junge mit seinem Laptop davonlief.
»Alt, fermo, Polizia!« brüllte Padrig dem kleinen Dieb auf italienisch hinterher. »Können Sie auf meine Sachen aufpassen«,
rief er der völlig verdatterten Imbißverkäuferin zu und nahm die Verfolgung auf. Auf dem Laptop waren nicht nur sämtliche
Daten
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