Die Gegenpäpstin
ein paar unverständlichen, aber wohl unfreundlichen Worten der Zuwendung seines Glaubensbruders.
Jaakov störte sich nicht daran und nahm Mirjam bei der Hand, um sie ins Innere der Hütte zu führen. »Du machst dir zu viele
Sorgen um mich, mein altes Mädchen«, sagte er lächelnd. »Du weißt doch, alles liegt in
seiner
Macht und nichts geschieht ohne Sinn.« Bei dem Wort »seiner« hatte Jaakov sein Augenmerk demonstrativ auf die hölzerne Zimmerdecke
gerichtet, und als er den Blick wieder senkte, streichelte er Mirjams faltige Wange, die wieder vor Fieber glühte. »Im übrigen
mache ich mir eher Sorgen um dich«, fuhr er leise fort. »Könntest du ein oder zwei Wochen ohne mich auskommen? Ich habe dir
Brot und Käse zurechtgestellt, dazu Zwiebeln, Honig, getrocknete Datteln und Feigen, und ich werde einen der Schäfer beauftragen,
alle zwei Tage nach dir zu schauen und dir frische Milch zu bringen.«
»Um mich brauchst du dich nicht zu sorgen«, erwiderte sie tonlos. »Versprich mir, Hannas ben Hannas und seinen Sadduzäern
aus dem Weg zu gehen, und laß dich auf keinerlei Diskussionen ein – weder mit dem Hohepriester des Sanhedrin noch mit den
Römern und schon gar nicht mit unseren eigenen Leuten. Und wenn Paulus damit anfangen sollte, darfst du ihm getrost die Zunge
herausschneiden. Hast du mich verstanden?«
»Ja.« Jaakov lächelte matt. »Du bist immer noch meine Mirjam. Kämpferisch und zugleich hellsichtig im Umgang mit Menschen.«
Das Gefühl, das Mirjam durchflutete, war dunkel und angsterfüllt, wie ein schwarzer Fluß, als sie Jaakov und Paulus davongehen |202| sah, eingehüllt in Mäntel und Tücher, mit ihren Maultieren und Eseln den steinigen Weg hinunter in Richtung See Kinnereth.
Die Reise würde mehr als zwei Tage in Anspruch nehmen und gefährlich sein.
Jaakov trug einen Stab, und Paulus versteckte stets einen römischen Dolch unter seinem Gewand. Und doch – im Grunde waren
sie alte Männer, längst nicht mehr so wehrhaft wie in ihrer Jugend, wo selbst bewaffnete Römer sich vor Juden ihres Schlages
gefürchtet hatten.
Jaakov war ihr nach Jeschuas Tod ein zuverlässiger Vertrauter gewesen, und all die Jahre nach ihrer Flucht hatte sie ihn in
ihrem Herzen getragen. Die Angst, noch einmal mit dem grausamen Tod eines so nahen Angehörigen konfrontiert zu werden, ertrug
sie nicht. Es war einer der Gründe gewesen, warum sie ihre Tochter zu fremden Menschen gegeben hatte. Sie wollte ihr das Leid
und die Angst ersparen, die sie bei Jeschuas Tod durchlitten hatte.
Es ist gut,
sagte sie zu sich selbst.
Es ist gut, daß sie nicht hier ist und erleben muß, wie ihre Mutter an etwas zweifelt, für das sie ein Leben lang gekämpft
hat.
Mit einem Mal fand Mirjam Trost in dem Gedanken, das Richtige getan zu haben – ein Gedanke, der sie mit einer gewissen Beruhigung
selbst ins Grab begleiten würde.
|203| 25.
Februar 2007 – Castor und Pollux
Rolf Markert überlegte laut, während er an seinem Kaffee nippte. »Es muß eine Verbindung geben. Erst die Sache in Israel,
dann der Brandanschlag und jetzt ein Überfall auf offener Straße.« Zusammen mit Sarah, Regine und Volker saß er im Eßzimmer
des Penthauses in Köln-Lindenthal bei einem spärlichen Frühstück.
»Wenn du es auf den Punkt bringen willst, liegt die Verbindung in meiner Person.« Sarah trank Darjeeling. Nach Essen war ihr
nicht zumute. Sie hatte ohnehin eine grauenvolle Nacht voller Alpträume hinter sich.
»Solange wir nichts Genaues wissen, sollten wir uns nicht unnötig verrückt machen«, meinte Regine. »Und anders als in Israel
hat hier niemand ein Interesse daran, die Geschehnisse unter den Teppich zu kehren.« Sie versuchte den anderen Zuversicht
und ein Gefühl von Sicherheit zu vermitteln, auch wenn ihr rechtes Auge nach dem Angriff deutlich angeschwollen war.
Volker hatte ihr angeboten, Reiki anzuwenden, um den Heilungsprozeß zu beschleunigen, aber sie hatte abgelehnt.
»Gegen zehn Uhr treffe ich den Bodyguard, den ich engagiert habe, in der Villa«, fügte sie hinzu und schaute erwartungsvoll
in die Runde. »Ich schließe heute einen Arbeitsvertrag mit ihm ab.«
»Bodyguard?« Volker horchte auf. Er und Rolf waren erst spät in der Nacht zurückgekehrt, lange nachdem Padrig Lacroix gegangen
war.
»Genauer gesagt handelt es sich um den Mann, der Sarah und mich vor diesen beiden Maskierten gerettet hat«, erklärte Regine
und schilderte noch einmal Padrigs
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