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Die geheime Braut

Die geheime Braut

Titel: Die geheime Braut Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Brigitte Riebe
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schwächer geworden, denn sie blieb ein ganzes Stück hinter ihr zurück.
    »Komm endlich!«, rief Griet, harscher als ihr eigentlich zumute war. »Keiner soll uns sehen, also beeil dich!«
    Damit waren nicht nur die anderen Hübschlerinnen gemeint, die jeden Augenblick zurückkehren konnten. Um das Mädchen vor neugierigen Blicken zu bewahren, hatte sie ihm im letzten Augenblick ein dunkles Tuch übergeworfen und bis über den Mund gezogen.
    Zögernd näherte sich Marlein.
    »Luft!«, japste sie und riss sich das Tuch vom Kopf. »Mein ganzer Körper brennt. Und schwarz vor Augen wird mir auch …« Sie stolperte und wäre beinahe gefallen, hätte Griet sie nicht gerade noch aufgefangen.
    »Nur noch ein paar Schritte«, sagte Griet, tapfer gegen die nächste Fieberwelle ankämpfend, die sie wegzuschwemmen drohte. »Dann haben wir es geschafft.«
    Doch als sie an das Tor geschlagen hatte und geöffnet wurde, sackte Marlein kraftlos neben ihr zusammen.
    »Was wollt ihr?« Eine schwarz gekleidete Frau mit silbernen Haaren stand vor ihnen, an deren Rock sich ein kleiner Junge klammerte, der ein Stofftier in der anderen Hand hielt. »Die Almosen für heute sind bereits verteilt.«
    »Den Herrn sprechen«, sagte Griet.
    Inzwischen schien die Alte die gelben Hurenfetzen an den Kleidern entdeckt zu haben, denn ihre Miene wurde streng.
    »Wisst ihr denn nicht, an wessen Schwelle ihr hier steht?«, fragte sie. »Schert euch davon! Wir sind ein gottesfürchtiges Haus.«
    »Genau aus diesem Grund sind wir zu Euch gekommen«, sagte Griet. »Wir müssen den Herrn Luther sprechen – bitte! Er ist der Einzige, der helfen kann.«
    Die Frau stieß eine Art Schnalzen aus, dann schaute sie zu Marlein, die sich nicht mehr rührte.
    »Sie ist ohnmächtig«, sagte sie. »Schnell, klopf ihr auf die Wangen und sprich sie an, damit sie wieder zu sich kommt!«
    Griet gehorchte mit fliegenden Händen, und schließlich öffnete Marlein die Augen.
    »Wo bin ich?«, flüsterte sie. »Ist er …« Sie begann heftig zu weinen.
    »Greif ihr unter die Arme und bring sie vorsichtig wieder auf die Beine!«, befahl die Alte. »Mein Rücken ist krank, ich kann dir dabei nicht helfen. Meinetwegen mag sie sich kurz im Haus ausruhen. Doch bis meine Nichte Katharina zurück ist, müsst ihr weg sein.«
    Sie ging voraus in einen lang gestreckten Raum mit einem großen Tisch und vielen einfachen Stühlen, die um ihn herumstanden. Ein leichter Suppengeruch hing in der Luft. Würzig roch es und heimelig zugleich, was Griet sofort auffiel.
    »Setzt euch!«, sagte die Alte, holte einen Krug mit Holundersaft und zwei Becher und goss ein. »Und jetzt trinkt!«
    Griet ließ das Getränk unberührt, doch Marlein nahm gierig ein paar Schlucke, dann ließ sie sich auf den nächsten Stuhl fallen, streckte stöhnend die Beine aus und schien mehr zu liegen, als zu sitzen.
    »Mädchen weh?«, fragte der Kleine, der seine Augen nicht von ihr lassen konnte. Er schien zu überlegen, dann streckte er ihr seinen blauen Stoffhasen entgegen.
    Ein winziges Lächeln spielte um Marleins Mund.
    »Wie heißt du denn?«, fragte sie leise.
    »Hansi.« Es klang stolz.
    »Ich bin Marlein – und ich danke dir.«
    »Ihr könnt den Hausherrn nicht sprechen«, sagte die Alte. »Er brütet wieder einmal über seinen Schriften, und dabei darf ihn niemand stören.«
    »Auch nicht, wenn es um Leben und Tod geht?«, fragte Griet.
    »Was redest du denn da für Unsinn?«
    »Das ist die reine Wahrheit. Es ist mir arg, dass ich Euch belästigen muss, aber ich habe keine andere Wahl. Bitte führt mich auf der Stelle zu ihm – sonst wird noch Schrecklicheres geschehen.«
    »Das kann ich nicht.« Die Alte presste die Lippen zu sammen.
    »Aber Ihr müsst!« Vor Aufregung war Griet laut geworden. Ihre Stimme drohte zu kippen, und kalter Schweiß stand auf ihrer Stirn.
    »Du gehörst doch selbst ins Bett, so fiebrig wie du bist! Deine Augen sind ganz glasig. Den Tod wirst du dir noch holen …«
    »Den haben wir bereits«, rief Griet, die immer mehr außer sich geriet. »Er hockt im Hurenhaus und malt mit Blut hässliche Buchstaben an die Wände.«
    Hansi begann loszuplärren, als hätte er jedes Wort verstanden, und ließ sich nicht mehr besänftigen, auch nicht, als der Hase längst wieder in seinem Arm ruhte.
    »Was soll denn dieser furchtbare Lärm?« Plötzlich stand Luther im Raum. »Wie soll man da noch schreiben können? Und wer sind diese beiden Frauen, Lene?«
    Griet atmete tief aus.
    »Ich bin

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