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Die geheime Braut

Die geheime Braut

Titel: Die geheime Braut Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Brigitte Riebe
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zeich neten sich um den Mund ab und bläuliche Schatten unter den Augen.
    »Katharina von Bora schickt mich«, sagte Susanna. »Es geht um ihr krankes Kind. Ich suche die Cranachin, die ihr zu Hilfe kommen soll. Wisst Ihr vielleicht, wo ich sie finden kann? Im Haus ist sie offenbar nicht.«
    »Habt Ihr es schon in der Werkstatt versucht? Ihr müsst nebenan nur durch die Hofeinfahrt gehen. Die Türen stehen gewiss offen. So halten sie es meist bei schönem Wetter.«
    »Und Ihr meint, ich kann da einfach – reingehen?«, fragte Susanna leise.
    Die junge Frau lächelte wissend.
    »Die Maler sind durchaus an Besuch gewöhnt«, sagte sie. »Seid Ihr eine Verwandte der Lutherin?«
    »Nein«, erwiderte Susanna nach winzigem Zögern. »Ich bin nur die Magd.«
    Ihr Rücken wurde steif, als sie den Hof betreten hatte. Jetzt trennten sie nur noch wenige Schritte von der offenen Tür.
    Sie hörte Jans Lachen, das fröhlich und ausgelassen klang. Eine hellere und eine tiefere Männerstimme fielen mit ein. Darüber quäkte ein Junge im Stimmbruch.
    »Niemand sonst in Wittenberg brät die Quarkbällchen so kross und gleichzeitig saftig wie Ihr, Meisterin«, sagte Jan. »Und heute sind sie Euch besser denn je gelungen. Mit dieser köstlichen Stärkung im Leib wird uns die Arbeit noch schneller von der Hand gehen.« Inzwischen hatte er Susanna entdeckt. »Ja, wen haben wir denn da? Suchst du etwa mich?«
    Was bildete er sich ein?
    Sie hätte niemals hierherkommen sollen – aber hatte sie denn eine Wahl gehabt?
    »Die Lutherin schickt mich«, sagte sie rasch und vermied es, Jan anzuschauen. »Ich bin die neue Magd und suche Barbara Cranach.«
    »Das bin ich.« Eine hochgewachsene blonde Frau kam langsam näher.
    »Sie bittet Euch, ins Schwarze Kloster zu kommen«, fuhr Susanna fort. Warum hörte dieser unverschämte Kerl nicht auf, sie derart schamlos anzuglotzen? Sie spürte, wie ihr immer heißer wurde. Bestimmt glühte sie inzwischen wie eine Pfingstrose. »Elisabeth ist sehr krank. Katharina von Bora braucht dringend Eure Hilfe.«
    »Das arme kleine Ding!«, rief die Cranachin. »Hat sie Blähungen? Oder Durchfall? Oder fiebert sie etwa schon wieder? Mein zartes Patenkind hat es wirklich nicht leicht!«
    »Ich fürchte, von allem etwas«, sagte Susanna. »Es geht ihr jedenfalls gar nicht gut. Bitte lasst uns keine Zeit verlieren! Alle sind sehr besorgt.«
    »Ich hole nur noch schnell meinen Arzneikorb«, sagte Barbara Cranach. »Warte hier!«
    Jetzt war sie allein mit den Männern, von denen keiner auch nur so tat, als würde er arbeiten. Alle schauten sie an, ein Rotschopf, einer mit gebeugtem Rücken, der um einiges älter schien, und jener Untersetzte, der an einer Staffelei stand, auf der offenbar gerade eine Landschaft entstand. Zwei Halbwüchsige hatten ihre Holzplatten sinken lassen und starrten Susanna mit offenem Mund an.
    Cranach selbst, auf den sie insgeheim schon neugierig gewesen war, war nirgendwo zu sehen.
    »Habt ihr noch nie eine Frau zu Gesicht bekommen?«, unterbrach Jan die Stille. »Ich räume ja ein, es gibt nicht allzu viele, die so hübsch wie diese geraten sind. Aber die allererste in eurem Leben wird es ja wohl trotzdem kaum sein – also zurück an die Arbeit!«
    Gesellen und Lehrlinge gehorchten erstaunlicherweise auf der Stelle.
    Für ein paar Augenblicke war Susanna Jan fast dankbar, obwohl sein Kompliment sie gleichzeitig verlegen machte.
    Das allerdings änderte sich rasch, als die junge Frau mit den rotblonden Schnecken plötzlich in der Türe stand.
    »Ich wollte Euch noch etwas mitgeben«, sagte sie zu Susanna, doch ihre Blicke suchten nur einen Einzigen in der Werkstatt: Jan. »Für das kranke Kleine. Ich kann mir gut vorstellen, wie eine besorgte Mutter fühlen muss. In diesem Säck chen sind Holunderblüten gegen Fieber, in dem anderen Kümmel sowie …« Sie verstummte, starrte zu Boden, ohne Anstalten zu machen, ihre Schätze an Susanna weiterzugeben.
    Jan, soeben noch Herr der Lage, wirkte plötzlich angespannt. Es war offensichtlich, dass es ihm ganz und gar nicht passte, dass die Frau aus der Apotheke hier aufgetaucht war.
    Aber weshalb?
    Weil ihn etwas mit ihr verband, das keiner wissen sollte?
    Die Jahre im Kloster, wo es so viele Heimlichkeiten gegeben hatte, obwohl alle stets behaupteten, uneingeschränkt wahrhaftig zu sein, hatten Susannas Wahrnehmung geschärft. Bini behauptete sogar, sie könne das Gras wachsen hören, was sicherlich übertrieben war.
    Doch ein Körnchen Wahrheit

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