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Die geheime Braut

Die geheime Braut

Titel: Die geheime Braut Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Brigitte Riebe
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Stimme aus dem Dunkel klang wieder gelassen und melodisch. »Thalia, was sich mit ›Blüte‹ übersetzen lässt.«
    »Gut«, sagte Cranach. »Dann werde ich also weitermachen …«
    » Nicht ganz so eilig! Ihr müsst ja noch erfahren, wer dafür Modell stehen soll.« Der Mann ließ sich reichlich Zeit, bevor er fortfuhr. »Ihr kennt sie. Ich denke, Ihr seid ihr heute Abend begegnet. Man vergisst sie nicht, wenn man sie einmal gesehen hat.«
    Cranachs Kehle wurde eng.
    Hier, im Schloss? War der Auftraggeber wahnsinnig geworden?
    Denn das konnte ja nur bedeuten, dass …
    »Es handelt sich um Dilgin von Thann«, drang die Stimme aus dem Dunkel in Cranachs Grübelei. »Die Hofdame der Kurprinzessin.«
    *
    »Was hast du mit der Kleinen vor?«
    Der Patron schichtete die Münzen zu zwei ansehnlichen Haufen, die silbernen zur Rechten, die kupfernen zur Linken. Das Geschäft lief erfreulich gut und hatte in der letzten Woche noch einmal stark angezogen. Das Haus am Elstertor wurde in Wittenberg immer populärer. Seit der Überfall auf eine Magd die Runde gemacht hatte, strömten die Männer geradezu hierher, als zöge sie etwas magisch an.
    »Sie geht mir im Haus zur Hand«, sagte Griet rasch, die nicht vergessen konnte, wie er die schlafende Marlein angestarrt hatte. »Inzwischen schon recht anstellig.«
    »Damit vergeudest du allerdings mein Geld«, sagte er knurrend. »Sie taugt zu Besserem als Wischen und Fegen.«
    Griet wusste, dass er recht hatte.
    Es gab bereits eine Reihe von Freiern, die nach Marlein gefragt hatten. Bislang hatte sie alle hingehalten und auf irgendwann später vertröstet.
    Weil sie hoffte, das Mädchen doch noch vor diesem Schicksal bewahren zu können?
    »Du wirst den dreifachen Preis für sie ansetzen«, sagte der Patron. »Nein, besser den fünffachen. Nur wer bereit ist, das zu bezahlen, bekommt sie.«
    »Aber sie ist doch fast noch ein Kind!«, rief Griet.
    »Das ist es ja, was sie so wertvoll macht. Wir müssen unseren Schnitt machen, solange sie so jung ist. Die Kleine ist alles andere als unschuldig, aber sie kann unschuldig wirken. Das süßeste Gift für jedes Männerherz – und das tödlichste dazu.«
    Wie unruhig er heute war!
    Seine Hände fuhren auf dem Tisch hin und her, er konnte kaum still sitzen, nestelte an der Maske, an seinem Umhang, an den Hemdsärmeln. Erst als alle Münzen sicher in seinem Beutel gelandet waren, schien er eine Spur entspannter.
    »Du wirst sie passend ausstaffieren«, sagte er. »Lass ihr zwei Kleider nähen. Sie soll wie ein Engel aussehen, so rein und weiß. Auf dem Markt kaufst du ihr bunte Bänder für die Haare. Lass sie barfuß gehen. Sie hat schöne Füße, die soll sie ruhig zeigen. Im Himmel gibt es meines Wissens keine Schuhe.« Ein kurzes, knurrendes Lachen, das Griet frösteln ließ. »Und bleib ruhig bei dem starken Baldriantrunk für die Nacht. Bis sie uns Geld einbringt, soll sie wenigstens mir zur Verfügung stehen.«
    Was hatte er vor?
    Als er sich ächzend erhob, sprang auch Griet auf.
    »Ihr wollt zu Marlein?«, fragte sie. »Aber die …«
    »Selbst wenn, dann ginge dich das nichts an.« Seine Stimme klang wie blankes Eis. »In diesem Haus gehört mir alles, oder hast du das schon vergessen? Falls ja, dann müsste ich dich jetzt daran erinnern. Und glaube mir, das würde dir nicht gefallen!«
    Sie konnte plötzlich kaum noch schlucken.
    Hatte er herausgefunden, dass sie jenes verbotene Zimmer betreten hatte?
    Was stand ihr jetzt bevor?
    Er streckte die Hand aus, packte eine Strähne, die sich aus ihrem Zopf gelöst hatte, und zog fest daran.
    Es ziepte, es brannte, es tat so weh, dass ihr Tränen in die Augen schossen. Hilflos und ausgeliefert fühlte sie sich.
    »Kluge Griet.« Er ließ sie so abrupt los, dass sie taumelte. »Weiße Kleider. Bunte Bänder. Bloße Füße. Ein Engel namens Marlein, der uns die Truhen füllen wird. Verstanden?«
    Sie schlang die Arme um sich, als er endlich draußen war, damit sie sich gehalten und geschützt fühlte, so wie einst in Rups starken Armen.
    Doch Rup war seit Langem aus ihrem Leben verschwunden.
    Und anstatt glücklich mit ihm zu sein, hatte sie ihre Seele an den Teufel verkauft.
    *
    Das konnte doch nicht Margaretha sein, dieses bleiche, verheulte Bündel Mensch, das zusammenzuckte, kaum dass sie ihn erkannte!
    Unwillkürlich machte Jan einen Schritt auf sie zu, um sie anzusprechen, doch das Erscheinen Relins, der mit geschäftsmäßiger Miene aus dem Nebenraum trat, versiegelte jäh seine

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