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Die geheime Braut

Die geheime Braut

Titel: Die geheime Braut Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Brigitte Riebe
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Brüste sowie die Scham nicht mehr ganz bedeckte. In den rotblonden Locken des Haupthaares hatten sich bräunliche Pflanzenreste verfangen und ließen die Tote wie eine gestrandete Nixe aussehen, die sich aus Versehen ans Land verirrt hatte.
    Das Wasser, in dem sie kopfüber gelegen hatte, während der restliche Körper am Ufer ruhte, hatte Margarethas Gesicht nicht viel anhaben können, wenngleich es bläulich verfärbt war und um einiges voller wirkte als gewohnt. Sonst war alles noch so, wie man sie gekannt hatte: die kecke Nase, die üppigen Lippen, das spitze Kinn – bis auf das linke Auge, das dunkel unterlaufen war. Allerdings war das freundliche Lächeln, das so typisch für die junge Frau des Apothekers gewesen war, für immer aus den leblosen Zügen gewichen.
    Um ihren Hals die Abdrücke eines Seils, die sich tief in die zarte Haut gegraben hatten. Darunter mehrere leicht verblasste Flecken.
    »Mit Eurem Einverständnis habe ich mit der Untersuchung bereits begonnen«, sagte Winsheim. »Deshalb ist auch das Kleid zerschnitten, denn wie sonst hätte ich mir Gewissheit über potenzielle Verletzungen am Körper verschaffen können? Viel habe ich allerdings nicht gefunden. Ein paar Druckstellen an den Armen, als sei sie mit Gewalt festgehalten worden. Dazu sieben abgebrochene und zwei eingerissene Fingernägel. Vermutlich hat sie versucht, sich zu wehren.«
    Ein Raunen ging durch die Männerrunde.
    Bis auf den Scharfrichter schien den Herren der Anblick dieser unvollständig bekleideten Frauenleiche schwer zuzusetzen.
    »Margaretha Relin muss an Land gestorben sein. Jedenfalls gibt es keinerlei Reste von Schaumpilz vor Mund oder Nase, wie man es sonst oft bei Ertrunkenen findet. Außerdem kann sie nicht allzu lange im Wasser gelegen haben, denn sonst wäre die Gesichtshaut deutlich verschrumpelter.«
    Mit einem Zeigestab wies er auf die geschlossenen Augen.
    »Beim Öffnen post mortem konnte ich Einblutungen in den Bindehäuten feststellen, sowie im Weiß des Augapfels und in der Mundschleimhaut.«
    Sein Blick glitt zu den Kollegen.
    »Wünscht Ihr, das alles noch einmal in situ vorgeführt zu bekommen?«
    »Untersteht Euch!«, rief Luther, der grünlich um die Nase war. »Die Würde dieses Christenkindes, das so tragisch sein junges Leben verloren hat, muss unter allen Umständen ge wahrt bleiben.« Hilfe suchend drehte er sich zu Melanchthon um, der ihm bekräftigend zunickte. »So bedeckt sie jetzt endlich, wie Sitte und Anstand es gebieten! Soll sie denn vor unseren Augen zum zweiten Mal geschändet und erniedrigt werden?«
    »Dann fahre ich also fort in meinen Ausführungen.« Winsheim zog das Laken bis in Brusthöhe. »Die Blaufärbung der Gesichtshaut ist auffällig. Auch ist diese aufgedunsen …«
    »Liegt doch auf der Hand, was diese junge Frau zu Tode gebracht hat.« Scharfrichter Schiffer konnte nicht mehr ruhig bleiben. »Eine schönere Drosselmarke hab ich lange nicht mehr gesehen. Wer die Frau stranguliert hat, der versteht sein Geschäft und hat sich dazu das passende Werkzeug besorgt. Könnte fast einer aus meiner Zunft gewesen sein.«
    »Ist es das?« Titus Pistor, der bislang schweigend zugehört hatte, griff nach dem Strick, der neben der Leiche auf einem Tischchen lag, und hielt ihn hoch. »Hat dieses Seil sie getötet?«
    »Wie könnt Ihr das nur in die Hand nehmen!« Melanchthon schüttelte sich angeekelt. »Ein unschuldiger Mensch ist damit ums Leben gekommen. Legt es sofort wieder hin!«
    »Es dürfte sich um einen Kälberstrick handeln, wie man ihn üblicherweise zum Viehtreiben benützt.« Pistor behielt die Ruhe, während er das dicke Hanfseil eingehend musterte. »Davon sind vermutlich unzählige in Wittenberg und Umgebung in Gebrauch. Damit kommen wir nicht weiter.« Er folgte der Aufforderung und legte den Strick zurück.
    »Leider!«, dröhnte Cranachs Bass in die Runde. »Aber wir müssen etwas unternehmen, denn der Teufel bedroht den Frieden unserer Gemeinde. Er ist hier. Mitten unter uns!«
    »Greift Ihr da nicht etwas zu hoch?«, wandte Hunzinger ein, der als Mathematiker für seine Liebe zu klaren, kühlen Fakten bekannt war. »Wir haben diesen grausamen Mord zu beklagen, das ist richtig und überaus bedauernswert, aber handelt es sich nicht viel eher um die verwerfliche Tat eines Fremden, der sich längst wieder davongestohlen hat?«
    »Und was ist mit dem feigen Überfall auf unsere Magd, die erst kürzlich ebenfalls mit einem Seil gewürgt wurde und fast erstickt

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