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Die geheime Mission des Nostradamus

Titel: Die geheime Mission des Nostradamus Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Judith Merkle Riley
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gewährt – wenn ich den hätte! Redet er?« Sie gingen jetzt ins Haus zurück.
    »Ja, er sagt schreckliche Sachen. Aber zuerst müßt Ihr die Worte auf dem Kasten nachsprechen.«
    »Und was hat er sonst noch gesagt? Alles ist wichtig.«
    »Er… er hat gesagt – und ich kann beschwören, ich weiß es noch –, daß er irgendwohin zurück muß, also beeilt Euch…«

    Als Villasse die Grenzen von La Roque-aux-Bois hinter sich gelassen hatte, brachte er sein Pferd im Schatten eines großen Baumes zum Stehen und öffnete den Kasten. Etwas daran stimmte nicht, er schien im nachmittäglichen Licht zu flimmern, und man konnte die Worte über dem Schloß kaum noch lesen. Gerade hatte er angefangen, sie nachzusprechen, als die Stimme der Mumie, raschelnd wie abgestorbene Blätter, sagte: »Zu spät.«
    »Was meinst du mit zu spät?«
    »Ich kehre bereits zurück. Sibille de la Roque besitzt mich, und ich bin an sie gebunden…«
    »Komm zurück. Wehe, du verflüchtigst dich! Ich brauche dich, du mußt bewirken, daß das Gift aus meinem Blut verschwindet.«
    »Schade, zu spät, leb wohl…«, und bei diesen Worten wurden Menander und sein Kasten durchsichtig und verblaßten unter Vilasse' Händen. Außer sich wandte Thibauld Villasse sein Pferd und spornte es zum Galopp in die Richtung, aus der er gekommen war. Und während er ununterbrochen auf das schaumbedeckte Tier einpeitschte, dachte er: Wie lange, wie lange braucht das Gift, ehe es wirkt? Was hat dieser gottverdammte Astrologe noch gesagt? Unsägliche Qualen, hat er gesagt, langsam. Wie langsam? Wie viele Stunden, Tage, Wochen?

    Als sie das Gutshaus betraten, hörten Hercule de la Roque und seine zweite Tochter einen entsetzten Schrei, der von oben kam. Bei dem Geräusch setzte sich der Abbé, der über einem Buch eingenickt war, mit einem Ruck auf. Plötzlich, so kam es Sibilles Vater vor, schienen aus allen Richtungen lästige Frauenzimmer nach oben zum Mädchenzimmer zu eilen: Clarette und ihre Mutter legten die Stickreifen beiseite und rannten hoch, seine Frau und seine Schwester kamen aus der Küche, seine anderen Töchter – Sibille auch unter ihrem ganzen Putz knochig und unansehnlich wie eh und je –, alle stürzten dahin, woher Isabelles Schreckensschreie erklangen. Hercule schob sie beiseite und stürzte ins Zimmer, und da sah er die kleine Isabelle völlig außer sich vor einem offenen Kasten, in dessen Innerem sich ein lebendiger abgeschlagener Kopf zu materialisieren schien.
    »Halt den Mund, kleiner Kretin, und wünsche dir etwas«, schimpfte der Kopf. »Du kannst alles haben, was du willst. Es kostet dich nichts als deine Seele, aber deine ist federleicht und ist kaum der Mühe wert, daß du sie behältst. Solch ein kleines Opfer, und so viele hübsche Dinge, die dir gehören könnten. Möchtest du ein Pferdchen haben?«
    Doch Isabelle heulte nur: »Er lebt! Er ist häßlich und schmutzig! Mama!«
    »Das ist er! Das ist der Zauberkopf!« rief Laurette.
    »Ich weiß«, sagte ihr Vater. Doch statt den Kasten zu ergreifen, packte er Sibille, verdrehte ihr den Arm auf dem Rücken und schrie sie an: »Endlich, du eingebildete alte Jungfer, endlich taugst du zu etwas. Wünsche für mich, Sibille.«
    »Was – was meint Ihr damit, Vater?«
    »Ich habe gehört, was er gesagt hat. Glaubst du etwa, ich möchte beim Wünschen meine Seele verlieren? O nein, du wünschst für mich. Als erstes will ich ein Vermögen und ein Schloß an der Loire haben. Beeil dich, sonst kannst du was erleben.«
    »Aber Vater, das Gift…«, kreischte Laurette.
    »Später, später. Immer schön der Reihe nach. Sibille, wünsche dich an meiner Stelle in die Hölle. Na mach schon, mach schon, sonst wünschst du dir in Zukunft gar nichts mehr.« Sogar Tante Pauline, die den Türrahmen ausfüllte, erstarrte vor Entsetzen. Niemand wagte sich zu bewegen.
    Selbst in der unnatürlichen Stille des Zimmers waren die Zauberworte kaum zu hören, so laut schluchzte Sibille. »Bei Agaba…«
    »Wehe, du sprichst doppelzüngig. Mach ihm klar, daß das Schloß für mich ist.«
    »Ich wünsche mir von dir, daß du… meinem Vater, Monsieur Hercule de la Roque… ein sehr großes Vermögen und… und… ein Schloß an der Loire…«
    »Im neusten Stil, in gutem Zustand, mit hervorragenden Jagdgründen…«
    »Im… im… neusten Stil… in gutem Zustand… mit hervorragenden… hervorragenden Jagdgründen gibst.«
    »Na endlich, Sibille«, sagte Menander. »Das war ein hartes Stück Arbeit –

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