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Die geheime Reise

Titel: Die geheime Reise Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Isabel Abedi
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ihren zerzausten Hund hinter sich her. Gegenüber am offenen Fenster, aus dem eine Decke hing, lehnte ein Mann im Unterhemd mit einer Dose Bier in der Hand und ein paar Häuser weiter, auf Wanjas Straßenseite, stopfte eine dicke Frau mit fettigen Haaren ihr kreischendes Kind in den Buggy, um es festzuschnallen – wogegen sich das Kleine mit Händen und Füßen zu wehren versuchte.
    »Was glotzt’n so blöd?«, fuhr sie Wanja an, die sich erschrocken an ihr vorbeidrückte und das Haus, vor dem sie stand, nach einer Hausnummer absuchte. 28. Mischa wohnte 36, also vier Häuser weiter.
    Konjow, ganz oben rechts stand der Name. Unsicher streckte Wanja ihren Finger nach dem verkratzen Klingelknopf aus. Sie schob ihre Haarsträhne zwischen den Vorderzähnen hin und her. Vielleicht doch lieber umkehren? Noch mal anrufen? Gestern war keiner rangegangen. Also dann, jetzt oder nie. Wanjas Hand schwebte vor dem Klingelknopf. Oder lieber doch nicht? Die Hand sank zurück. Noch unbehaglicher als neulich vor Amons Tür fühlte sich Wanja plötzlich. Mit einem tiefen Atemzug schob sie die Stimme des betrunkenen Mannes am Telefon weg – und klingelte.
    Es summte, die Tür gab nach, als Wanja leicht dagegen drückte, und als sie im Treppenhaus stand, holte sie noch einmal Luft. Aus den Metallbriefkästen, die fast alle aufgebrochen waren, quollen die Werbeblätter, auf dem Boden, in einer stinkenden Bierlache, lag neben leeren Dosen ein Stoß Stadtteilzeitungen und die Hauswände waren voll von Sprüchen. Hitler lebt, Ich fick dich Julia, Fick dich doch selbst – weiter las Wanja nicht.
    An einigen Wohnungstüren war kein Name, aber dem Klingelschild nach zu urteilen, wohnte Mischa ganz oben rechts. Als Wanja oben ankam, war sie außer Atem und hörte ihr Herz klopfen. Auch hier stand kein Name an der Klingel und die Wohnungstür war zu. Wanja musste noch einmal klingeln und trat zurück, als sie Schritte hörte.
    Die Tür ging auf, gerade so weit, dass Wanja sehen konnte, wer dahinter stand. Eine Frau, klein und dünn, mit langem braunem Haar, das ihr strähnig auf die Schultern fiel. Sie trug einen Bademantel. Dunkle Schatten lagen unter ihren Augen, die blau waren. Eisblau wie die Augen von Mischa.
    »Ja?«
    »Ich …« Wanja gab sich alle Mühe, das Zittern in ihrer Stimme zu unterdrücken. »Ich heiße Wanja Walters und wollte fragen, ob … ob ich zu Mischa kann. Ob er da ist, meine ich.«
    »Er ist da.« Die Tür öffnete sich weiter, aber die Frau trat nicht dahinter hervor, sondern trippelte dahinter zurück, als sei die Tür ein Schutzschild. »Dahinten links ist sein Zimmer.« Die Frau, noch immer im Schutz der Tür, deutete leicht mit dem Kopf nach hinten und sah Wanja dabei ganz seltsam an, als suche sie etwas in ihrem Gesicht.
    Kalter Rauch und der Geruch nach Alkohol schlugen Wanja entgegen, als sie in den Flur trat und langsam auf das Zimmer zuging. In die offene Küche warf sie nur einen Seitenblick, aber der reichte, um die Berge von schmutzigem Geschirr und umgekippten Konserven zu bemerken, die Teller mit Zigarettenkippen, die leeren Schnapsflaschen und Bierdosen.
    Mischas Tür war ebenfalls geschlossen. Dahinter trommelte jemand, es klang metallisch, stoppte aber abrupt, als Wanja lauter klopfte – und eintrat.
    »Hallo Mischa, ich …«
    Mischa saß auf dem Boden, vor sich eine Waschmitteldose aus Blech, auf der seine Hände lagen. Er bat Wanja nicht näher, also blieb sie im Türrahmen stehen, bohrte ihre Zähne in die Unterlippe und blickte sich schüchtern im Zimmer um. Auf einer Matratze am Boden lag ein alter Plastikwalkman, vor dem Fenster stand ein weißer Plastiktisch mit Pinseln und Ölfarben darauf, am Tischbein lehnte eine dicke Mappe und über dem Stuhl hing Mischas Cordjacke. Ansonsten lag nichts herum. Das Fenster war gekippt. Hinten im Flur fiel die Wohnungstür ins Schloss und durch den Luftzug flog ein Blatt Papier vom Tisch. Es landete auf dem Teppich, mit der weißen Seite nach oben.
    »Mach die Tür zu, es zieht.«
    »Hinter mir oder vor mir?« Wanja versuchte vergeblich ihrer Stimme einen festen Klang zu geben. Bis jetzt hatte Mischa sie nicht einmal angeschaut.
    »Hinter dir.«
    Wanja trat ins Zimmer und schloss die Tür, dann steckte sie die Hände zurück in die Hosentaschen und schubberte ihre Fußspitze gegen den dunklen Teppichboden.
    Mischa warf ihr ein Kissen hin, das auf seinem Bett lag. »Da. Mit Möbeln haben wir es leider nicht so üppig.«
    Wie hart seine Stimme klingt,

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