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Die geheimen Jahre

Titel: Die geheimen Jahre Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Judith Lennox
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sein Haus und Fay im Garten sehen, die Wäsche von der Leine nahm. Auf dem Deich stehend, winkte Daniel ihr zu und rief ihren Namen, dann radelte er die letzten hundert Meter den schmalen Pfad am Deichhang entlang.
    Sie wartete im Hof auf ihn. Sie sah glücklich aus, ihre Augen glänzten, und ihre Lippen waren rosig. Sie war ein schwer berechenbarer Mensch, wie er während der zehn Monate ihrer Ehe festgestellt hatte. Man wußte nie, wie ihre Laune im nächsten Moment sein würde.
    Sie faltete einen Kopfkissenbezug zusammen und legte ihn in den Weidenkorb. »Wie ist’s gelaufen?«
    Er schüttelte den Kopf. »Nicht sehr gut, leider. Ich glaube, sie haben mich für verrückt gehalten, ihnen gerade jetzt die Überschwemmungsgefahr vorzuhalten.«
    Er lehnte das Fahrrad an die Stallmauer und rieb sich mit dem Ärmel über die Stirn. Ihm war heiß, er hatte Durst und war verschwitzt.
    Â»Haben wir Bier im Haus?«
    Â»Ein bißchen. Ich hatte keine Zeit, ins Gasthaus zu gehen. Komm rein, Daniel – da ist etwas, was ich dir zeigen muß.«
    Er folgte ihr ins Haus. Als er den staubigen Hof überquerte, sagte er: »Niemand kann über den Tellerrand sehen, das ist das Problem. Die Deichinspektoren, meine ich. Und wenn sie sich entscheiden, etwas zu tun, dann im Schnekkentempo.«
    Er trat ins Haus. Fay reichte ihm ein Glas Bier. Es war lauwarm, die Neige aus einem Faß. »Schau«, sagte sie.
    Er sah in die Richtung, in die sie deutete. Ein eigenartiges Gerät stand vor ihm in der Küche, direkt vor dem Toilettentisch. Ein seltsames Sammelsurium aus Zylindern, Schaltern, Schlauch und Drähten. Da seine Gedanken immer noch auf landwirtschaftliche Geräte und Dampfpumpen gerichtet waren, erkannte er nicht auf Anhieb, worum es sich handelte. Dann sagte er: »Das ist ein Staubsauger.«
    Stolz antwortete Fay: »Ja. Ist er nicht großartig, Daniel? Und so modern. Der Händler hat gesagt, ich könne den Raum in einem Bruchteil der Zeit reinigen, die ich sonst dazu brauche. Man kann ihn sogar zum Entstauben der Vorhänge benutzen.«
    Er rieb sich die Augen. Sein Kopf schmerzte vor Hitze, Anspannung und Durst. »Du hast ihn gekauft ?« fragte er ungläubig.
    Sie nickte. »Vor einer halben Stunde kam ein Herr vorbei. Er macht in allen Häusern von Drakesden die Runde.«
    Er starrte sie an, aber sie lächelte immer noch und wirkte sehr zufrieden mit sich selbst. »Fay«, sagte er mit äußerster Beherrschung. »Wie hast du ihn bezahlt?«
    Selbst jetzt geriet sie noch nicht ins Stocken. »Ach, das geht schon in Ordnung. Darüber brauchst du dir keine Gedanken zu machen. Der Herr hat gesagt, wir brauchten ihn erst nächstes Jahr zu bezahlen. Er war so nett, Daniel, so höflich. Du mußt nur die Papiere unterzeichnen. Er kommt dann später vorbei und holt sie ab.«
    Er sah die Papiere auf dem Tisch liegen. Schnell blätterte er sie durch und sagte: »Du hast ihn auf Raten gekauft, Fay. Du hast dieses – Unding – auf Raten gekauft.«
    Als er sich umdrehte, sah er, daß sich ihr Gesichtsausdruck schließlich doch verändert hatte. Ihr kleiner Mund war schmollend aufgeworfen, ihre Brauen ärgerlich zusammengezogen. »Du brauchst nicht zu schreien, Daniel. Ich dachte, du würdest dich freuen.«
    Â»Aber wir haben doch gar keine Elektrizität!« brüllte er.
    Â»Das weiß ich doch. Ich bin doch nicht blöd. Aber wir werden sie bald bekommen – das hat der Herr gesagt. In sechs Monaten wird jedes Haus in England elektrischen Strom haben. Er hat mir einen Zeitungsartikel gezeigt, in dem das stand.«
    Er wollte ihr erklären, daß es Jahre – Jahrzehnte – dauern würde, bis Orte wie Drakesden Elektrizität bekämen. Er wollte ihr klarmachen, wieviel dieses nutzlose Gerät tatsächlich kostete, und wieviel sie bei Ratenkauf dafür bezahlen müßten. Und daß sie sich dieses Ding nicht leisten konnten, gleichgültig, ob es zehn Shilling, zehn Pfund oder zehntausend Pfund kostete.
    Doch als er sie ansah, wußte er plötzlich, daß alle Einwände sinnlos wären. Sie drehte eine Haarsträhne um einen ihrer kleinen schmalen Finger. Die Erkenntnis, daß sie ihm nicht zuhörte, daß sie ihn auch nicht verstanden hätte, wenn sie zugehört hätte, schockierte ihn.
    Er nahm die Papiere vom Tisch, stopfte sie in die Tasche und

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