Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen

Die geheimen Jahre

Titel: Die geheimen Jahre Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Judith Lennox
Vom Netzwerk:
es wieder, und sie riß die Augen auf.
    Unbeirrt fuhr er fort: »Ich weiß, daß es hart gewesen ist, Liebling, aber es wird besser, das verspreche ich dir.«
    Doch selbst für seine Ohren klangen die Versprechen zunehmend hohler. Die Hoffnung, daß Nicholas Blythe ihm das Land verkaufen würde, das er wollte, war dahin. Nicholas Blythe hatte andere Felder zum Verkauf angeboten, Land mit Cottages darauf, Land, auf dem seit Jahrzehnten dieselben Familien lebten.
    Ihr Schweigen beunruhigte ihn. »Sprich mit mir, Fay, bitte«, flüsterte er. Dann zwang er sich, die entscheidende Frage zu stellen: »Ist es wegen mir? Ist es das, Fay?«
    Sie schüttelte den Kopf, und er war zutiefst erleichtert. Schmerzhaft krallten sich ihre Finger in seine Haut. »Dann ist es das Haus?« fragte er flüsternd. »Ist es, daß ich dir keine hübschen Kleider kaufen kann, ist es das?«
    Wieder antwortete sie nicht, aber er sah es in ihren Augen: Was ihm genügte, reichte ihr nicht.
    Â»Und – fühlst du dich allein?« fragte er liebevoll.
    Schließlich antwortete sie: »Manchmal ist es so schrecklich einsam hier, Daniel. Es ist so still. Ich hätte nicht geglaubt, daß es irgendwo so still sein könnte. Ich ertrage das nicht.«
    Aber er brauchte das Leben auf dem Land. Er brauchte es, weil er fürchtete, daß die Rückkehr in die Stadt den Rückfall in Krankheit und Armut bedeuten würde. Und weil hier so vieles noch nicht abgeschlossen, noch nicht gerächt war. Flüchtig fragte er sich, ob der Vorschlag, den er Harry Dockerill gemacht hatte, seiner Sorge um das Wohl der Dorfbewohner entsprungen war oder seinem eigenen Bedürfnis, Nicholas Blythe zu ruinieren, die Schuld zwischen ihnen zu begleichen – die Blythes zu zwingen, ihm das Land zu verkaufen, das er so dringend wollte. Er schob den Gedanken beiseite.
    Â»Arme Fay – du hast es in letzter Zeit nicht einfach mit mir gehabt, stimmt’s?« Er streichelte ihr langes, weiches Haar und genoß es, es durch seine Finger gleiten zu lassen. Plötzlich kam ihm ein Einfall. »Hör zu. Wie würde dir das gefallen? Wir fahren für einen Tag nach London. Wir stehen früh auf, nehmen von Ely aus den ersten Zug und verbringen den ganzen Tag in der Stadt. Du könntest deine Familie besuchen, wenn du Lust hast.«
    Endlich sah er sie lächeln. Er ignorierte die quälende Stimme in seinem Kopf, die sagte, daß er sich eigentlich keinen freien Tag leisten konnte. Daß ein ganzer Arbeitstag verloren wäre und er kaum finanzielle Reserven hatte. Die Preise für landwirtschaftliche Produkte fielen immer noch.
    Â»Ach, Daniel – ach, Daniel –, das wäre so schön.«
    Er hörte Harry Dockerill an der Tür klopfen, beachtete ihn aber nicht. Erneut begann er, Fay zu küssen. Sollte sich Harry doch seinen eigenen Reim darauf machen.
    Anfang Juni kam Antonia nach Drakesden. Thomasine führte sie zuerst ins Kinderzimmer, wo Antonia zustimmte, daß William tatsächlich das wundervollste Baby der Welt war, und danach aßen sie mit Lady Blythe und Nicholas zu Mittag. Lady Blythe gab sich herablassend, Antonia war wie immer reizend und charmant. Später schob Thomasine mit Antonia an ihrer Seite den riesigen alten Kinderwagen durch die Gärten der Abbey.
    Antonia erzählte von ihrer Tanzschule. »Ich habe eine neue Lehrerin engagiert, Thomasine. Sie ist eine sehr gute Tänzerin, aber nicht so geduldig mit den Kleinen, wie du es warst.«
    Thomasine sah an sich hinab und zog eine Grimasse. »Schau mich an – was für eine Tonne ich bin. Ich kann mir nicht mal vorstellen, wieder zu tanzen. Gott sei Dank, daß die Kleider heutzutage nicht mehr tailliert sind.«
    Antonia erwiderte entschieden: »Es ist doch erst drei Wochen her, daß William geboren wurde, Liebes. Du mußt geduldig sein. Ich finde, daß du gut aussiehst.«
    Thomasine schlug das Verdeck des Kinderwagens hoch, um William vor der Sonne zu schützen.
    Â»Ich bin froh, wenn ich wieder reiten kann, Tante Tony. Dr. Lawrence hat allerdings gesagt, ich sollte bis sechs Wochen nach der Geburt warten.«
    Sie spazierten ein bißchen weiter. »Und Nicholas …«, fragte Antonia zögernd. »Geht es ihm gut?«
    Thomasine sah sie scharf an. In letzter Zeit waren ihre Sorgen um Nicholas’ Gemütszustand wieder stärker geworden.
    Â»Er schläft

Weitere Kostenlose Bücher