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Die geheimen Jahre

Titel: Die geheimen Jahre Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Judith Lennox
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Schluchzen noch zu präsent.
    Â»Du hast die Nanny rausgeworfen  …«, erwiderte Nicholas ungläubig.
    Â»Ja, ich möchte nicht, daß sie sich weiterhin um mein Kind kümmert, Nick.«
    Verwirrt wandte sich Nicholas an seine Mutter. Lady Blythe sagte kühl: »Darf man fragen, warum du dich zu diesem Schritt entschlossen hast, Thomasine?«
    Â»Weil sie grausam ist. Weil sie zu glauben scheint, es sei gut, William zu quälen.«
    Â»Weil sie nicht sofort auf jede Laune des Kindes eingeht?« Lady Blythe legte ihren Stickrahmen weg. »Ich bitte dich, Thomasine – du willst doch sicherlich nicht, daß William verzärtelt wird?«
    Â»Natürlich will ich das nicht.« Doch erneut spürte sie, welcher Abgrund zwischen ihr und Lady Blythe gähnte. Daß fast alles, woran sie glaubte, von ihr angezweifelt wurde. Um Williams willen, nicht um Lady Blythes willen, versuchte sie, es zu erklären.
    Â»William ist noch viel zu klein, als daß die Gefahr bestünde, er könnte verwöhnt werden. Ich möchte nicht, daß man ihn schreien läßt, nur weil er eine Stunde vor seiner Fütterungszeit aufgewacht ist. Wie sollte ihm das guttun?« Sie berührte Nicholas’ Hand. »Bitte, Nick – ich brauche den Lohn für Miss Harper –, ich möchte, daß sie noch heute geht. Wenn du es mir nicht geben willst, nehme ich es vom Haushaltsgeld.«
    Einen Moment lang glaubte sie, er würde es ihr verweigern. Sein Blick wanderte zu seiner Mutter und wieder zu ihr zurück. Dann verließ er den Wintergarten und stieg die Treppe zu seinem Arbeitszimmer hinauf.

12
    MARTHA, DAS KINDERMÄDCHEN , übernahm die Pflege von William. Nach einer Woche hatte er sich von seiner Erkältung erholt und begann wieder zu lächeln und zuzunehmen.
    Thomasine holte eines der Pferde aus dem Stall und ritt über die Koppel und um die Insel. Die Augustsonne blinzelte hinter flockigen weißen Wölkchen hervor, als sie die Stute den Weg entlangtraben ließ. Sowohl auf Daniels wie auf Nicholas’ Feldern stand der Weizen hoch. Zufrieden blickte sie auf das wogende Gold und war froh, daß ihre Unterredungen mit Joe Carter hier, auf den ertragreichsten, aber gefährdetsten von Nicholas Ländereien, Früchte getragen hatten.
    Sie gab dem Pferd die Sporen, ritt weiter den Weg entlang und um die andere Seite der Insel herum. Der Pfad war jetzt sehr uneben, und die kastanienfarbene Stute trabte vorsichtig an Äckern entlang, die sich wie ein Fleckenteppich über die flache Erde ausbreiteten. Auf vielen Feldern wuchs Weizen, aber einige waren immer noch kahl, und auf dem schwarzen Boden breitete sich eine Menge Unkraut, Disteln, Mohn und Flachs aus.
    Beunruhigt zog sie die Zügel an und stieg aus dem Sattel. In den letzten Wochen ihrer Schwangerschaft war sie nicht in der Lage gewesen, die entlegenen Felder zu inspizieren: Für einen Fußmarsch waren sie zu weit entfernt, und das Auto hätte den schlammigen Weg nicht bewältigt. Das Land war nicht bebaut, lag brach. Thomasine beugte sich hinunter und ließ eine Handvoll der feinen schwarzen Torferde durch die Fingern rieseln. Sie würde mit Nicholas sprechen, dachte sie, und herausfinden, warum diese Felder nicht bestellt wurden.
    Sie schlang die Zügel um einen herabhängenden Ast und begann, den Weg entlang des Gewirrs aus Gräben und Deichen einzuschlagen. Die Gräben waren etwa zwei Handbreit hoch mit Wasser gefüllt, in den Deichwällen zeigten sich Löcher, und dicker Schlamm und Riedgras hielten das stinkende, brackige Wasser zurück. Die Windmühlen am Horizont, deren Flügel Wind und Wetter arg mitgenommen hatten, standen still, und das Land machte einen brachen, vernachlässigten Eindruck. Sumpfige Stellen breiteten sich auf den Feldern aus, und fedriges Riedgras, das sonst nur auf morastigem Grund wuchs, überwucherte einst gutes Ackerland. Blätter von Mohnblüten trieben in der Luft und ließen blasse, blaugrünliche Samenkapseln zurück. Es war, als bildeten sich die Fens langsam und heimlich Stück für Stück wieder in ihre ursprüngliche Form zurück. In etwa einhundert Metern Entfernung konnte sie drei Cottages erkennen, kaum mehr als verrottete Hütten, die abseits vom Dorf lagen. Vor ihnen waren Kisten, Säcke und ein paar schäbige Möbel aufgestapelt. Ein Wagen wurde über den Weg in Richtung der Hütten

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