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Die geheimen Jahre

Titel: Die geheimen Jahre Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Judith Lennox
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anzuschlagen.
    Daniel machte Tee, Thomasine setzte sich an den Tisch. Es folgte ein langes, spannungsgeladenes Schweigen.
    Schließlich sagte sie: »Ich wollte dich wegen des Guts um Rat fragen, Daniel. Ich habe zwei Dutzend rote und schwarze Johannisbeersträucher bestellt und mir überlegt, ob ich Erdbeeren pflanzen soll. Im Küchengarten gedeihen sie so gut. Aber ich weiß nicht, wieviel ich kaufen soll, um damit Profit zu machen – oder wo ich sie verkaufen soll …«
    Landwirtschaft, dachte sie. Ein schönes und unverfängliches Thema. Wenn man über Erträge, Profite und Transportprobleme redete, dachte man wenigstens nicht daran, welch große Lust man hätte, mit dem Gesprächspartner ins Bett zu gehen. Wie gern man diese Leiter hinaufklettern, sich auf die grobe Strohmatratze fallen lassen und den Körper dieses Mannes spüren würde …
    Daniel hatte einen Stift genommen und schrieb Zahlen auf einen Papierfetzen. »Einen Teil der Erdbeeren könntest du in Cambridge verkaufen, Thomasine, aber den besten Preis würdest du erzielen, wenn du sie auf den Markt von Covent Garden schickst. Man müßte sie nur auf den Frühzug laden – was durchaus machbar wäre –, nur mit Pferd und Wagen zum Bahnhof von Ely bringen.«
    Daniel wäre natürlich abgestoßen, wenn er wüßte, was sie dachte. Seine Umarmung geschah aus Freundschaft und Zuneigung. Während sie ihren Tee trank und ihm beim Schreiben zusah, dankte sie Gott, daß sie vernünftig geblieben war, sich von ihm losgerissen und dem Zwang widerstanden hatte, sich zum Narren zu machen. Sie wußte, daß es gar nicht Daniel Gillory war, den sie wirklich begehrte. Sie warf sich einfach nur dem erstbesten attraktiven Mann an den Hals, den sie seit Monaten getroffen hatte, weil ihre Ehe eine Lüge, eine bloße Fassade war, und zwar seit Jahren.
    Als sie sich von Daniel verabschiedet hatte, wußte sie, daß sie ihn nicht wiedersehen durfte. Harry Dockerill mußte dafür sorgen, daß Daniel aß, sich um seine Tiere kümmerte und sich nicht jeden Abend in den Schlaf trank. Sie konnte das nicht übernehmen. Es war zu gefährlich.
    Sie tranken Tee auf dem Rasen und genossen die letzten wärmenden Sonnenstrahlen des bereits schwindenden Sommers. William stapfte auf unsicheren Beinchen im Gras herum, als Nicholas von seinem Besuch auf dem Jahrmarkt zurückkehrte.
    Â»Tödlich langweilig. Bloß Eierkürbisse, eingemachte Pflaumen und Kuchen. Nur eine Tasse Tee, wenn’s recht ist, Mama.«
    Â»Aber du mußt doch etwas essen, Nicky. Du siehst müde aus.«
    Lady Blythe häufte Sandwiches und Obstkuchen auf Nicholas’ Teller.
    Nicholas setzte sich an den schmiedeeisernen Tisch. »Aber du hättest die Traktoren und Mähdrescher sehen sollen, Thomasine. Die allerneuesten Modelle. Absolut umwerfende Maschinen. Zweizylindrig die meisten.«
    Um die bedrückende Langeweile der Nachmittagstees zu mildern, bestand Thomasine seit kurzem darauf, daß William daran teilnahm. William zupfte Ringelblumen aus der Rabatte.
    Â»Einige der modernen Farmen halten praktisch gar keine Pferde mehr. Alles wird vom Traktor übernommen. Großartige Idee, findest du nicht auch?« Nicholas zerkrümelte nervös seinen Kuchen.
    Thomasine, die gerade orangefarbene Blütenblätter aus dem Mund ihres widerspenstigen Sohnes holte, starrte Nicholas besorgt an.
    Â»Du krümelst, Nicky«, flüsterte Lady Blythe taktvoll.
    Er sah auf seinen Teller und zog schnell die Hand zurück. »Tut mir leid, Mama.«
    Thomasine hob den gesäuberten William hoch und kehrte zu ihrem halbaufgegessenen Sandwich am Tisch zurück. »Traktoren wurden während des Krieges in East Anglia ausprobiert, Nick. Sie sind gut, wenn es viel schwere Arbeit zu tun gibt, aber sie können nicht alles. Außerdem sind sie furchtbar teuer.«
    Â»Es gibt eine Menge schwerer Arbeit auf der Farm«, erwiderte Nicholas eigensinnig. »Max behauptet, die Lohnkosten seien immens.«
    Â»Max hat recht. Aber im Moment können wir uns keine größeren Ausgaben leisten.«
    William war auf den Schoß seines Vaters geklettert und leckte die Krümel von seinem Teller. Nicholas wischte die klebrigen Finger des Kindes mit seinem Taschentuch ab. »Die Mechanisierung von Drakesden wäre eine Investition, Thomasine. Die Farm ist noch auf dem Stand des

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