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Die geheimen Jahre

Titel: Die geheimen Jahre Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Judith Lennox
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beklommen die Treppe hinauf.
    Sie lag im Bett, wachte aber auf, als er an die Tür klopfte. »O Daniel «, krächzte sie bei seinem Anblick. Er setzte sich neben sie aufs Bett und nahm ihre Hand.
    Â»Ich dachte, es würde länger dauern«, flüsterte Hattie, »bis sie dich heimlassen.«
    Â»Ich bin vorgestern nach England zurückgekommen«, erklärte er. »Weißt du, ich hatte die Grippe, Hat. Ich war ihnen nicht mehr von großem Nutzen, zudem mit dem Bein. Deshalb gaben sie mir meine Entlassungspapiere und schickten mich mit den anderen Krüppeln nach Hause.«
    Hattie nickte. Ihre braunen Augen glänzten fiebrig. »Ich hab die Grippe, Danny. Mabel Green war vor ein paar Tagen da und hat mich vollgehustet. Ich bin sicher, daß ich’s daher hab.«
    Daniel lächelte, aber er glaubte ihr nicht. Er war entsetzt, wie sehr sie abgenommen hatte, seit er sie vor sechs Monaten zum letzten Mal gesehen hatte. Als sie hustete, wurde ihr ganzer Körper geschüttelt.
    Hattie klopfte neben sich auf die Decke. »Komm, nimm mich in den Arm, Danny. Zu mehr tauge ich wahrscheinlich nicht. Ted wird bald nach Hause kommen, also laß uns die Zeit nutzen, die uns noch bleibt.«
    Er legte sich neben sie aufs Bett und schlang den Arm um ihre Schultern. Erschöpft schloß er die Augen, und in der kurzen Spanne zwischen Wachen und Schlafen flackerte eine Reihe von lebhaften Bildern an ihm vorbei. Kriegsbilder: Schlamm, Kälte und Stacheldraht. Der Lärm von Mörsern, das Pfeifen von Kugeln. Der Gestank von faulendem Fleisch und der Duft von Veilchen, der einen Gasangriff ankündigte. Erde, die im Graben auf seinen Kopf fiel, splitterndes Holz. Das Geräusch der Explosion und dann die bedrückende Stille. Kein Funken Licht … Er bekam keine Luft  ….
    Mit weit aufgerissenen Augen starrte Daniel auf die Vorhänge, das Bett und die schlafende Hattie neben sich. Er zwang sich, regelmäßig zu atmen, damit sein Herzklopfen nachließ. Dann, als er sicher war, daß der Alptraum nicht wiederkehren würde, schloß er die Augen und träumte von Grasebenen und langen silbernen Wasserläufen, die dem Meer zustrebten.
    Die Blythes befanden sich im Wintergarten von Drakesden Abbey. Sir William besprühte seine Orchideen. Nicholas saß rauchend auf einem der Weidenstühle.
    Â»Du solltest ein Pferd nehmen und ausreiten, Nicky«, sagte Lady Blythe, während sie ein paar verdorrte Blätter von einer Weinranke zupfte.
    Nicholas nickte und drückte seine Zigarette im Aschenbecher aus. Nachdem er jetzt nichts mehr in der Hand hielt, trommelte er unablässig auf die Tischplatte neben sich: eine lästige Unart, die er sich im Laufe der letzten zwei Jahre angewöhnt hatte.
    Â»Liebling«, ermahnte ihn Gwendoline liebevoll, »das ist doch schlecht für deine Fingernägel.«
    Nicholas folgte ihrem Blick, starrte auf seine Hand, als gehörte sie jemand anderem, und zündete sich bedächtig eine neue Zigarette an.
    Eine weitere unglückliche Angewohnheit, aber Lady Blythe verkniff sich eine Bemerkung. Sie ging durch den Raum und setzte sich neben ihren Sohn. »Ich dachte, ich schreib Marjorie. Es ist so lange her, daß die Kinder in Drakesden waren.«
    Nicholas inhalierte den Rauch seiner Zigarette. »Verdammt schwieriger Ort für Edwards Rollstuhl. All die Treppen.«
    Seine Ausdrucksweise war im Lauf der Jahre gröber geworden, aber sie wollte Nachsicht üben. In Frankreich hatte Nicholas wahrscheinlich mit allen möglichen Leuten verkehren müssen.
    Sie lächelte ihn mild an. »Edward braucht ja nicht zu kommen. Er kann eine gute Pflegerin engagieren. Es wäre doch schrecklich für die arme Marjorie, wenn sie bei allen ihren Unternehmungen durch die Behinderung ihre Mannes beschnitten wäre.«
    Â»Mein Gott!« Nicholas sprang auf und kippte den Aschenbecher um.
    Sir William sah von seinen Orchideen auf. »Nur langsam, alter Junge.«
    Â»Es wäre so reizend, Nicky. Wir könnten alle wieder zusammensein.« Gwendoline griff nach ihrem Taschentuch und tupfte sich die Augenwinkel ab. »Außer dem lieben Gerald natürlich.«
    Â»Und Lally«, sagte Nicholas grob. »Du hast Lally wieder vergessen, Mutter.«
    Â»Lally ist gerade erst in die Schule zurückgefahren.« Gwendoline klingelte nach dem Hausmädchen, um den heruntergefallenen Aschenbecher wegräumen zu

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