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Die geheimen Memoiren der Jane Austen - Roman

Die geheimen Memoiren der Jane Austen - Roman

Titel: Die geheimen Memoiren der Jane Austen - Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Aufbau
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auf, die Stirne zu runzeln! Und setz dich gerade hin, wenn du isst.«
    »Wenn sie sich noch gerader hinsetzt«, wandte meine Mutter ein, »dann steht sie.«
    »Ich versuche nur, eine Dame aus ihr zu machen, waswahrhaftig nicht einfach ist, wenn man ihre Neigung zum Müßiggang und zur Zügellosigkeit bedenkt.«
    Bei diesen Worten schoss Anna die heiße Röte ins Gesicht. Aber ehe jemand von uns sie verteidigen konnte (denn Anna war in Wirklichkeit ein sehr pflichtbewusstes Kind mit einer großzügigen Natur), rief Mary bereits Edward zu, der sich gerade aus einer Schüssel mit Kartoffeln bediente: »
Eine
Kartoffel, Edward! Sonst reicht es nicht für alle.«
    Mir schien es, als wären reichlich Kartoffeln vorhanden. Edward zögerte kurz und legte dann brav eine Kartoffel zurück. Nun wandte sich Mary meiner Mutter, meiner Schwester und mir zu und fragte mit verkniffenem, süßlichem Lächeln: »Und wie lange, meint ihr Damen, werdet ihr wohl bleiben?«

    »Ich komme mir vor wie ein unerwünschtes Paket«, sagte ich an jenem Abend in der Abgeschiedenheit des Schlafzimmers meiner Mutter, während sie leise weinend vor mir saß.
    »So geht es uns allen«, erwiderte Cassandra, ohne zu lächeln.
    »Sollten wir nicht am besten gleich nach Godmersham weiterreisen, Mama?«, erkundigte ich mich. »Dort wären wir sicherlich willkommener.«
    »Wenn das nur ginge«, erwiderte meine Mutter und trocknete sich die Augen. »Aber ich bin noch nicht gesund genug, um reisen zu können. Meine Nerven wären dieser Anstrengung nicht gewachsen. Ich leide in letzter Zeit unter einem heftigen, pochenden Kopfschmerz, und nichteinmal sechs Blutegel am Tag haben mir Erleichterung gebracht. Ich fühle mich so matt, dass ich an manchem Morgen kaum aus dem Bett aufstehen kann. Ich mache mir Sorgen um meine Leber. In meinem gegenwärtigen Zustand wären wahrscheinlich sogar fünf Minuten in einer Kutsche mein sicherer Tod. Wir müssen also das Beste aus dieser Situation machen und mindestens noch einige weitere Wochen hier verweilen, denke ich. Aber es ist sehr, sehr schwer, an einem Ort zu bleiben, an dem man so unerwünscht ist.«

    Am Sonntagmorgen, als Carolyn und Edward im Sonntagsstaat ungeduldig im Kinderzimmer darauf warteten, dass ihre Mutter endlich fertig angezogen war, damit sie zusammen zur Kirche aufbrechen könnten, entsprach ich ihrer eindringlichen Bitte, ihnen eine Geschichte zu erzählen. Anna, die am Zimmer vorbeiging und das Lachen der anderen Kinder hörte, trat leise näher, um von der Tür aus zuzuhören. Ich fügte schnell noch eine weitere Figur mit ihrem Namen und ihren Eigenschaften zur Geschichte hinzu, was sie zu einem entzückten Lächeln veranlasste.
    »Als Anna die Augen aufschlug, meinte sie, in einem großen Wald zu sein. Aber was ihr wie Bäume vorkam, war in Wirklichkeit ein Beet mit strahlend blauen Glockenblumen. Denn der Trank des Zauberers hatte seine Wunderkraft entfaltet, und Anna war nun kaum größer als eine Biene.«
    Carolyn schnappte nach Luft. Edward lachte und schüttelte den Kopf. »Tante Jane, das ist unmöglich.«
    »Alles ist möglich, Edward, wenn du nur daran glaubst.«
    Er schwieg kurz, um über diese Vorstellung nachzudenken. Dann fragte er: »Meinst du damit, wenn ich nur an deine Geschichte glaube, wie du sie erzählt hast, dann ist das ebenso gut, als wäre sie wahr?«
    »Du verstehst mich genau, Edward.«
    Er lächelte.
    »Als sie merkte, dass sie kleiner war als eine Blüte, hatte sie da Angst?«, erkundigte sich Anna.
    »Sie hat sich zu sehr gewundert, um Angst zu haben. Am wunderbarsten von allem war der kleine Elfenprinz, den sie in der Kerbe eines strahlend grünen Blattes liegen sah, als wäre es ein Sofa. Er sah wunderschön aus mit seinem dichten, goldenen Haar und den dunkelblauen Augen, die genau die gleiche Farbe hatten wie die Glockenblume, die er wie eine Kappe trug. ›Willkommen in meinem Königreich‹, sagte er mit tiefer, leiser Stimme. ›Ich bin der Blumenprinz. Magst du dich zu einer Tasse Löwenzahntee zu mir gesellen?‹ – ›Mich zu einer Tasse Tee zu dir gesellen?‹, erkundigte sich Anna überrascht. ›Willst du darin schwimmen oder sie trinken?‹«
    Die Kinder lachten. In genau diesem Augenblick kam ihre Mutter ins Zimmer gestürzt. Sie war festlich gekleidet und schaute sehr verdrießlich. »Was ist denn hier los? Was soll all das Gelächter?«
    »Tante Jane erzählt uns eine Geschichte«, antwortete Edward, der recht erfolglos versuchte, ein Lächeln zu

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