Die geheimen Memoiren der Jane Austen - Roman
blühende Blumenbeete voller Akeleien und Bartnelken, sehr viel hohes Gras und einen Obsthain. Ringsum verlief ein recht angenehmer Kiesweg. Begrenzt wurde der Garten von einer hohen Hainbuchenhecke, die ihn vor dem Lärm der Straße schützte und für Ruhe und Abgeschiedenheit sorgte.
»Mehr hätte ich mir von einem Garten nicht erträumen können!«, rief meine Mutter begeistert. »Das Gras wird man regelmäßig mähen müssen, aber wir werden ja einen Burschen haben, der das besorgen kann. Und die Blumenbeete brauchen ein wenig liebevolle Zuwendung, und Unkraut muss gejätet werden, aber damit kann ich gut fertig werden. Bei so viel Platz kann ich auch einen schönen Küchengarten mit viel Gemüse und Kartoffeln anlegen.Nun, ich hätte nichts dagegen, den Haushalt ab jetzt euch Mädchen zu überlassen und meine Tage nur noch mit Gartenarbeit zu verbringen.«
Drei Tage, nachdem wir eingezogen waren, war ich bei Frank und Mary und half aus, während ihr zweites Kind geboren wurde, ein Junge, den sie Francis nannten. Es war eine viel schnellere und weniger schwierige Geburt als Marys erstes Wochenbett, und meine Freude über diesen Anlass inspirierte mich zu einem Gedicht, das ich für meinen Bruder schrieb.
Chawton, den 26. Juli 1809
Mein liebster Frank, mögst Glück du haben
Da Mary dir geschenkt ’nen Knaben,
Die diesmal hatte wen’ger Pein,
Wie einst, als sie geboren Mary Jane.
Oh, wenn er doch ein Segen bliebe
Und wohl verdient’ der Eltern Liebe!
Mögen Natur und Kunst ihn segnen
Und wir ’nem zweiten Frank begegnen,
Gleich dir im Namen wie im Blut,
Der alles ganz wie Du so tut.
(Ich fuhr noch einige Strophen in dieser Art fort und erklärte, auf wie viele verschiedene Weisen das Kind, wenn ihm nur das Glück hold war, genau wie sein wunderbarer Vater werden könnte. Gegen Ende des Gedichts fügte ich hinzu:)
Was uns betrifft, so geht’s uns gut,
Wie schlichte Prosa kund Dir tut.
Cassandras Feder malt Dir aus,
Wie behaglich schon das neue Haus
In Chawton, und wie viel darin
Schon eingericht’ nach unsrem Sinn.
Wir sind gewiss, dass wenn vollendet,
Es alle Häuser überblendet,
Die je gebaut und restauriert,
Ob’s große oder kleine Räume ziert.
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Dieses Gedicht fasste vollkommen meine überschwängliche Freude zu diesem Thema zusammen. Unser Haus war ein wenig merkwürdig; einige Zimmer waren zu klein, andere zeigten deutlich die Narben vieler Umbauten, aber es war unser Eigen und damit das beste Haus der Welt. Die fröhliche Arbeit, alles auszupacken und uns einzurichten, nahm mehrere Wochen lang all unsere Zeit in Anspruch.
»Wohin soll ich diesen Kandelaber bringen, Mama?«, fragte Cassandra eines Morgens, während sie den fraglichen Gegenstand auswickelte. Das war kurz nachdem sie und Martha auch angekommen waren.
»Auf das Kaminsims. Nein, nein, vielleicht doch lieber auf die Anrichte«, erwiderte meine Mutter mit plötzlicher Erregung, »neben das silberne Besteck. Stell ihn in die Mitte, mit den Teelöffeln auf der einen und dem Schöpflöffel, den Esslöffeln und Dessertlöffeln auf der anderen Seite. Ja, genau. Das sieht wirklich herrlich aus.«
»Da fährt die Morgenpost aus Winchester vorbei«, rief Martha, als die Stille durch das plötzliche Donnern einer Pferdekutsche unterbrochen wurde, die knapp vor unserem Fenster vorbeiraste.
»Man könnte die Uhr danach stellen.« Meine Mutter nickte zufrieden, denn inzwischen war sie meiner Meinung, dass der ständige Strom von Postkutschen und Wagen eine willkommene Erinnerung an die große weite Welt darstellte, die unweit unserer Tür vorbeirauschte.
Die gute Laune meiner Familie war ansteckend, besser als jedes Tonikum. Ich lächelte und wandte meine Aufmerksamkeit wieder der Kiste zu, die ich gerade auspackte, als ich hörte, wie jemand an die Haustür klopfte. Ich ging hin. Es war der Postbote.
»Willkommen in unserer Nachbarschaft, Miss«, sagte er und reichte mir einige Briefe.
Ich dankte ihm. Er zog höflich den Hut und wollte schon gehen. Doch als ich die Anschrift auf dem ersten Schreiben sah, rief ich ihn rasch zurück. »Bitte schicken Sie diesen hier an den Absender zurück«, sagte ich leise und reichte ihm den Brief, der Mr. Ashfords Handschrift trug.
»Aber der Name und die Adresse stimmen doch, Miss, oder nicht? Sind Sie nicht Miss Jane Austen?«
»Das bin ich«, antwortete ich und fragte mich, wie um alles in der Welt Mr. Ashford mich gefunden hatte. Ein Blick zu meiner Mutter und
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