Die Geheimnisse der Therapeuten
zweifeln und den Schritt nicht zu wagen, empfehle ich Ihnen eine ganz einfache Methode. Untersuchen Sie schriftlich die Vor- und Nachteile, die Sie erwarten, wenn Sie sich auf das neue Projekt einlassen, sowie die Nachteile, wenn Sie sich nicht darauf einlassen.
Meistens hat man mehr zu verlieren, wenn man den Versuch nicht wagt, als wenn man sich entscheidet, ihn zu wagen, selbst wenn man dabei einige Risiken auf sich nehmen muss â selbstverständlich nachdem man das Für und Wider erwogen, die Vor- und Nachteile eingeschätzt und eventuelle Gefahren aus dem Weg geräumt hat.
Bei genauerem Hinschauen wird Ihnen auffallen, dass Sie im Allgemeinen besser damit beraten sind, eine Chance zu ergreifen und zu akzeptieren, dass Ihnen nicht immer alles gelingt, als auf der Stelle zu treten und sich damit zu begnügen, auf die manchmal irrationalen und übertriebenen Ãngste zu hören.
Den eigenen Lebensweg verstehen und die eigenen Werte ausfindig machen
Es war wieder das Schreiben und insbesondere mein Buch Où vas-tu? ( »Wohin gehst du?«),das mich zwang, mich nach meinen Werten zu fragen und in meinem Leben Bilanz zu ziehen. Ich möchte Ihnen davon berichten, um Ihnen ein paar kleine Kniffe zu verraten, die mir geholfen haben und Ihnen bei der Entdeckung Ihrer Werte helfen können.
Die eigene Biografie kennen
Ich habe zunächst meine Biografie geschrieben, die in dem eben erwähnten Buch ausführlich dargestellt wird und die ich hier nur in groben Zügen wiedergebe. Meine Eltern und ich lebten anfangs in eher ärmlichen Umständen. Mein Vater musste Tag und Nacht arbeiten, um den Lebensunterhalt für seine Frau und seine drei Kinder zu verdienen. Ich habe ihn also immer ungeheuer viel arbeiten sehen. Er beklagte sich nie; wie er sagte, war er froh, Arbeit zu haben, das allein genügte ihm schon. Er arbeitete an sechs Tagen in der Woche. Sonntags fuhr er mit uns ans Meer, damit wir baden gehen konnten. Diese ungeheure Arbeitskraft hat mich beeindruckt. Mein Vater zeigte mir, wie Arbeit einer ganzen Familie ihr Auskommen gab. Ich fand also schon sehr jung Gefallen am Arbeiten, was es mir später, wie ich glaube, erlaubte, ohne Angst ein Medizinstudium aufzunehmen, das mich sehr viel Energie kostete, weil ich nicht besonders leicht lernte.
In dem genannten Buch folgte anschlieÃend die Biografie meiner Mutter, besonders die Schilderung ihrer Kindheit, die mir klargemacht hat, warum ich Psychiater geworden bin. Meine Mutter war in sehr jungen Jahren von ihrer eigenen Mutter, die sie nicht mehr ernähren konnte, obwohl sie sich noch um ihre Geschwister kümmerte, im Stich gelassen worden. Meine Mutter war also als Einzige aus der Familie ausgeschlossen worden. Ich habe sie ein Leben lang darunter leiden sehen, und wenn ich die blauen Flecken der Seele heilen wollte und mich für die Psychiatrie entschied, dann vielleicht aus einem noch tiefer liegenden Grund als jenem, den ich weiter oben angeführt habe, denn ich war sehr früh mit dem Leiden meiner Mutter konfrontiert. Erst nach dem Praktikum erhärteten meine Zeit als Assistenzarzt und die Praxisvertretung schlieÃlich meine Entscheidung für die Psychiatrie, eine Wahl, die ich im Grunde schon von Anfang an getroffen hatte.
Wie zieht man eine Lebensbilanz und findet die eigenen Werte?
Wenn Sie in einer Phase stecken, in der Sie über den Sinn Ihres Lebens nachdenken, können Sie sich der folgenden Methoden bedienen und versuchen, Ihre Biografie zurückzuverfolgen, um auf diese Weise den Weg zu rekapitulieren, den Sie bereits zurückgelegt haben. Sie können sich beispielsweise mit Ihren Eltern, Angehörigen oder den Menschen, die damals um sie herum waren, über Ihre Kindheit unterhalten. Oft ist es nützlich, die Erinnerungen durch mehrere Personen abzusichern. Sie können Ihre Angehörigen auch mithilfe von Fotoalben in ein Gespräch verwickeln. Sie werden feststellen, dass oft viele Einzelheiten wieder ins Gedächtnis zurückkehren. Zögern Sie nicht, beim Gespräch Fotos einzusetzen. Bitten Sie um Präzisierungen: »Wie heiÃen die Personen auf dem Foto? Erinnerst du dich an die Zeit, die wir gemeinsam verbracht haben? Wie wart ihr damals? Wie habt ihr euch verhalten, wie war euer Temperament?«
Sich auf die Suche nach der eigenen Vergangenheit zu machen ist oft hilfreich, um den eigenen Lebensweg zu klären.
Sie können auch alte Schulzeugnisse
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