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Die Geheimnisse Der Tinkerfarm

Die Geheimnisse Der Tinkerfarm

Titel: Die Geheimnisse Der Tinkerfarm Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Tad Williams , Deborah Beale
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der Flaschendeckel führte zu diesem Bau, mit dem er vermutlich Meseret beeindrucken wollte und in dem sein kostbares Diebesgut verborgen war.
    Beim Näherkommen merkte Tyler, dass er einen ziemlichen Lärm machte, und blieb abwartend hocken. Nichts deutete auf die Anwesenheit von Alamu hin, aber die Bäume und der steile Hang verbargen Teile des Nestes, so dass er nicht den vollen Überblick hatte, und er wollte hier auf keinen Fall mit einem wütenden Drachen zusammenstoßen.
    Als der Wind drehte und Tyler der Gestank des Drachennestes entgegenschlug, wurde ihm klar, dass er sich vorher auf dessen windabgewandter Seite befunden hatte. Wenn Alamu zu Hause gewesen wäre, hätte er Tyler schon lange gewittert. Er konnte Lucinda förmlich fragen hören, ob er es mit Gewalt darauf anlegte, gefressen zu werden.
    Je eingehender er es betrachtete, umso merkwürdiger und imposanter erschien ihm das Nest, wie es da einem riesigen |166| struppigen Blütenkopf gleich zwischen die Bäume gekeilt war. Auch wenn es sich vor dem Farmhaus verbarg, hatte Alamu es doch mit der ganzen Arroganz seiner Position am oberen Ende der Nahrungskette direkt ins Offene gestellt und dann mit seinen geraubten Schätzen gefüllt: Radkappen, Fahrräder, eine Krücke, Zaundraht, Alugartenmöbel, lauter Sachen, die einmal geglitzert hatten, jetzt aber zum Großteil verrostet waren. Tyler fragte sich, wie lange der Drache wohl gebraucht hatte, um nur mit seinen Klauen und Fängen so viel Schrott zusammenzutragen. Die Vielfalt war erstaunlich – es gab sogar einen künstlichen Weihnachtsbaum, der wie eine Klobürste aus Lametta aussah. Falls Alamu das Kontinuaskop wirklich gestohlen hatte, dann musste es hier in diesem Haufen zu finden sein.
    Er hielt noch einmal nach dem Drachen Ausschau, dann kletterte er vorsichtig in das Nest hinein, das höchst alarmierend zu schwanken begann. Tyler musste sich an einem großen Knäuel Ballendraht festhalten, um nicht zur Seite zu kippen. Mehrere Sekunden vergingen, bis er sicher sein konnte, dass der ganze Haufen nicht zwischen den Bäumen wegrutschte und er mit dem Riesenstapel aus scharfkantigem, rostigem Metall den Abhang hinunterschlidderte. Wie hielt das Ding nur den Drachen aus, der bestimmt zehn Zentner wog?
    Tyler schob sich vorwärts wie jemand, der sich auf dünnem Eis bewegt, das jederzeit brechen kann. Sobald etwas knackte oder sich bewegte, hielt er inne, und im Vorantasten sondierte er vorsichtig den Hort des Drachen, prüfte Rohre, Chromteile von Autos, die verrosteten Überreste eines riesigen Deckenventilators, groß wie die Schraube eines Ozeandampfers. Wo Alamu
den
bloß gefunden hatte!
    Je dunkler es wurde, umso verzweifelter wurde Tylers Suche |167| nach dem Kontinuaskop, bei der er zudem die ganze Zeit den Blick nach unten richten musste, weil der Unterbau des Nestes kaum mehr als ein loses Geflecht aus Erdbeerbaumzweigen war.
    »Autsch! Blödes Vieh mit seinem verdammten Plunder!«
    Der plötzliche Klang einer menschlichen Stimme erschreckte Tyler dermaßen, dass er beinahe abgerutscht und durch den Unterbau des Nestes gestürzt wäre. Colin Needles blasses Gesicht erschien über ihm, an einem blutenden Finger lutschend. Als der ältere Junge Tyler erblickte, offenbarte sein Gesicht gleich mehrere Gefühlsregungen auf einmal: Überraschung, ein bisschen Furcht, vor allem aber Triumph.
    »Du! Du Idiot!«, schrie Tyler zu ihm hoch. »Du bist mir gefolgt!«
    »Echt? Wie hast du denn das rausgekriegt, Jenkins?« Colin wischte sich den Finger am Hemdsärmel ab und hinterließ einen blutigen Streifen. »Na und? Ich hätte es auch selber gefunden, wenn meine Mutter mich nicht gezwungen hätte, vorher noch diese ganzen dämlichen Arbeiten zu erledigen.«
    Tyler krabbelte über das Flechtwerk aus Ästen und Gerümpel schnurstracks auf seinen Erzfeind zu. »Ach ja? Na, bald wartet eine ganz besondere Arbeit auf sie: dir deinen Kopf wieder aufzusetzen, nachdem ich ihn dir abgerissen habe!«
    Colins Augen weiteten sich. »Halt! Warte!«
    »Warum?«, sagte Tyler. »Willst du mich vielleicht aufhalten?«
    Colin guckte eher erschrocken als drohend. »Halt, Jenkins, halt! Im Ernst. Hinter dir …«
    »O Mann, der Trick ist doch uralt«, begann Tyler, da fiel plötzlich ein riesiger Schatten auf ihn, und als er herumfuhr, sah er Alamu mit ausgebreiteten Flügeln vom Himmel herabstoßen. Mit einem tiefen zornigen Grollen schnappte der Drache |168| nach ihm und verfehlte ihn nur deshalb knapp, weil er sich

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