Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Die Geheimnisse des Brückenorakels: Himmelsauge (German Edition)

Die Geheimnisse des Brückenorakels: Himmelsauge (German Edition)

Titel: Die Geheimnisse des Brückenorakels: Himmelsauge (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Melissa Fairchild
Vom Netzwerk:
schickt sich nicht, dass du das siehst«, ruft sie mit ihrer Singsangstimme, während sie mich zu meinem Zimmer begleitet. »Es schickt sich nicht, dass du es weißt.«
    »Dass ich was weiß?«, frage ich.
    Aber sie antwortet nicht, und bald verschwinden der Saal und das Fest hinter einem dichten Vorhang aus fallenden …

    … Schneeflocken wehten durchs Fenster herein und sammelten sich auf Avis Mantel. Der Himmel verdunkelte sich. Irgendwo hinter den Wolken ging die Sonne unter.
    Fugit war erschöpft in seine Hängematte gesunken. Brucie landete auf seiner Brust und stupste ihn mit einem Zeh am Kinn.
    »Du darfst jetzt nicht einschlafen«, sagte sie.
    Fugit kicherte. »Ganz bestimmt nicht, kleine Elfe. Ich liege nur da und denke an Blink und an die vielen Kieselsteine.«
    »Es ist vier Uhr«, verkündete Roosevelt und packte Avi am Arm. »Kommt, wir haben nur noch zwei Stunden, bevor das Globe Theatre schließt.«
    Zwei Stunden! Nach einem Tag, der sich eher angefühlt hatte wie ein Marathon, schien das Rennen sich seinem Ende zu nähern. Ein letzter Sprint, dachte Avi. Hannah, ich komme!
    Als sie den Turm verließen, tippte Fugit Avi auf die Schulter. Seine Miene war plötzlich ernst geworden.
    »Avi, falls du dein Kindermädchen wiedersiehst, richte ihr aus, es täte mir leid, dass ich nicht helfen konnte. Aber ich hätte die ganze Zeit recht gehabt.«
    »Wen?«, fragte Avi.
    »Du wirst es wissen«, erwiderte Fugit, »wenn der Zeitpunkt gekommen ist.«

Kapitel 19
    R oosevelt bestand darauf, mit dem Taxi von Westminster nach Southwark zu fahren.
    »Die Zeit drängt«, verkündete er. »Auch der längste Tag dauert nicht ewig.«
    »Falls wir die Gelegenheit verpassen, können wir Fugit doch wieder bitten, uns noch einmal durch die Zeit zu schicken«, meinte Avi. »Ein zweiter Start sozusagen.«
    Roosevelt zuckte zusammen. »Mach nie wieder so einen Vorschlag! Wir sind zwar wie Steine über den Fluss der Zeit gehüpft, aber niemals gegen den Strom geschwommen. Gegen den Strom zu schwimmen, verletzt die natürliche Ordnung der Dinge. Selbst Fugit würde sich strikt weigern.«
    »Uhren bewegen sich schnell«, fügte Brucie unheilverkündend hinzu. »Und manchmal bleiben sie auch stehen. Doch rückwärts gehen sie niemals.«
    Eigentlich war Avi froh, dass sie den raschesten Weg gewählt hatten. Und zwar nicht nur wegen Hannah. In ihm baute sich ein Druck auf: Es waren all die Erinnerungsblasen, die nun an die Oberfläche stiegen. Anfangs hatte er sich auf das Buch verlassen müssen, doch nun erinnerte er sich auch spontan an Dinge – zum Beispiel an das Festmahl im Saal. Allmählich entstanden die Gefühle, Bilder, Geräusche und Gerüche der Welt in ihm, aus der er kam und in die er gehörte. Das Feenreich. Aber Gefühle genügten nicht, er musste es selbst erfahren.
    Er musste nach Hause.
    Das Taxi passierte eine Kathedrale mit einer großen Kuppel, die kurz aufleuchtete. Für einen Moment glaubte Avi, hindurch- oder sogar hineinschauen zu können. Er stellte sich Millionen von Kuppeln vor, die ineinander ruhten, jede davon kleiner als die andere, bis hin zur letzten, die so groß war wie ein Stecknadelkopf. Welten innerhalb von Welten.
    Dann hatten sie die Kathedrale hinter sich, und das Taxi überquerte eine der vielen Londoner Brücken zum Globe Theatre.
    Um hereinzukommen, brauchten sie nicht einmal Roosevelts Visitenkarten. Da es spät am Tag und mitten im Winter war, war die Kasse bereits geschlossen, weshalb es ein Kinderspiel war, sich durch das Drehkreuz zu schleichen und sich der für heute letzten Führung anzuschließen: einer Gruppe amerikanischer Touristen mit großem historischem Interesse.
    Während sie den Amerikanern folgten, konnte Avi kaum fassen, dass diese Menschen in den vergangenen vier Monaten gegessen, geschlafen, geatmet und ein ganz normales Leben geführt hatten, Tage, die an ihm und seinen Begleitern völlig vorbeigegangen waren. Er begriff immer noch nicht ganz, ob sie durch die Zeit gereist oder ob die anderen an ihnen vorbeigerast waren.
    Ich bin in der Zukunft, sagte er sich.
    Der Fremdenführer lotste sie in einen Hof in der Mitte des Theaters. Durch eine runde Öffnung im strohgedeckten Dach war ein schiefergrauer Himmel zu sehen.
    »Diese Arena unter freiem Himmel«, erklärte der Fremdenführer, »wurde die Grube genannt. Zu Shakespeares Zeiten konnten die unteren Schichten von hier aus die Vorstellung sehen. Die runden Mauern ringsherum wurden, wie auch der Rest des

Weitere Kostenlose Bücher