Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Die Geheimnisse des Brückenorakels: Himmelsauge (German Edition)

Die Geheimnisse des Brückenorakels: Himmelsauge (German Edition)

Titel: Die Geheimnisse des Brückenorakels: Himmelsauge (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Melissa Fairchild
Vom Netzwerk:
schlechte Federung des Karrens ächzte und stöhnte. Der Rauch von der Schmiede lichtete sich. Doch da es gleichzeitig dunkler wurde, verbesserte sich die Sicht kaum. Der Wagen bog zweimal um die Ecke, überwand eine kleine Anhöhe und wurde langsamer.
    »Hier ist unsere Haltestelle«, flüsterte Brucie, flog durch die Speichen des nächsten Rades und landete auf einer hölzernen Plattform auf Stelzen. Nachdem sie sich darunter versteckt hatte, winkte sie Avi zu sich.
    Er nahm seinen Mut zusammen und ließ sich lautlos fallen. Der Karren rollte über ihm weiter. Avi wollte schon darunter hervorkriechen, als eine Abteilung Wachleute vorbeimarschierte und der Wagen stehen blieb, um sie vorbeizulassen. Er erstarrte und hätte am liebsten aufgeschrien, aber zum Glück schnürte die Angst ihm die Kehle zu.
    Die Wachen marschierten weiter. Es schienen Hunderte zu sein. Goldene Sporen schimmerten an ihren Fersen. Ihre gefiederten Umhänge schleiften durch den Staub.
    Endlich war der Letzte von ihnen vorbei. Im selben Moment fuhr der Wagen wieder an und bog nach links ab, so dass Avi keinen Sichtschutz mehr hatte. Er hoffte, dass keiner der Soldaten sich umdrehen würde, als er zur Plattform hastete und so eilig daruntersprang, dass Brucie der Kies ins Gesicht spritzte.
    »Pass doch auf, du Riesentrampel«, schimpfte sie und spuckte Erde aus.
    »Pssst«, warnte Avi. »Sonst hören sie uns.«
    Sie kauerten da und warteten auf die Rufe, die ihnen sagten, dass sie entdeckt worden waren. Doch es blieb still. Der Karren verschwand um die Ecke, fuhr unter einem Torbogen hindurch und war bald nicht mehr zu sehen. Der Junge und die Elfe atmeten erleichtert auf.
    »Wohin jetzt?«, fragte Avi. »Und was ist das eigentlich, worunter wir hier sitzen?«
    »Der Galgen.«
    Avi erschauderte. Zufällig berührte seine Hand dabei etwas Weiches. Es war eine Staude weißer Blüten, die an einem der Pfeiler wuchs.
    »Lotosblumen«, sagte Brucie. »Lass uns abhauen.«
    Avis Erleichterung, von der Hinrichtungsstätte wegzukommen, war nur von kurzer Dauer, denn das nächste Objekt, auf das sie stießen, war ein grober Holzwürfel mit eingekerbter Oberfläche, die eine beunruhigende Anzahl von Axtspuren aufwies.
    »Zum Enthaupten?«, fragte er entsetzt und fuhr zurück. Brucie nickte.
    Sie kamen an einem Teich vorbei, wo etwas stand, das wie eine Mischung aus Kinderwippe und Eiserner Jungfrau aussah. »Und das ist der Tauchstuhl. Hier wären wir.«
    Hier entpuppte sich als eine kleine Tür in einer hohen Mauer. Das Vorhängeschloss war fast so groß wie die Tür selbst. Brucie machte kurzen Prozess damit, indem sie einen Samen aus ihrem Eichel-Hut hineinwarf.
    »Wer sind denn die Wachen mit den schwarzen Federn und den seltsamen Helmen?«, fragte Avi. »Die sind mir richtig unheimlich.«
    »Das ist die Garde des Weißen Turms«, entgegnete Brucie, äußerte sich jedoch nicht weiter zu dem Thema.
    Hinter der Tür führte eine Wendeltreppe hinab in die Dunkelheit.
    »Bist du so hier hereingekommen?«, fragte Avi, als sie hinuntergingen.
    »Nein«, antwortete Brucie. »Ich habe einen Kamin genommen. Wie ich schon sagte, strotzt diese Bude vor Löchern.«
    Die Treppe brachte sie in einen breiten Flur. An der Decke hingen eiserne Körbe mit glühenden Kohlen. Dass immer wieder Glut zu Boden fiel, machte den Weg zum Hindernisparcours. Die Wände waren mit glitschigem Moos bedeckt.
    Zu beiden Seiten des Flurs befanden sich Türen aus massivem Eichenholz mit eisernen Beschlägen. An jeder Tür war mit einer roten zähflüssigen Masse eine Zahl angebracht. Avi hoffte, dass es sich nicht um Blut handelte.
    »Hannah ist in Nummer siebenundzwanzig«, flüsterte Brucie.
    Avi las die Zahl an der nächsten Tür: sechzehn.
    »Also los«, meinte er. »Je schneller wir bei ihr sind, desto …«
    Er verstummte, denn der Klang von Schritten brach sich an der Steinmauer. Ehe sie Gelegenheit hatten, Ausschau nach einem Versteck zu halten, kamen zwei Goblins in Sicht. Einer hatte einen langen Spieß mit einer gefährlich gezackten Spitze bei sich. Die beiden blieben ruckartig und mit offenen Mündern stehen.
    »Eindringlinge!«, stellte der Goblin mit dem Spieß fest.
    »Nanu, was soll denn das!«, wunderte sich der andere, der eine Augenklappe trug.
    »Was steht in den Vorschriften zum Thema Eindringlinge?«, fragte der mit dem Spieß.
    »Keine Ahnung«, erwiderte der mit der Augenklappe. »Ich würde vorschlagen, wir spießen sie auf.«
    Ohne weitere Debatte griffen

Weitere Kostenlose Bücher