Die geheimnisvolle Sanduhr (German Edition)
jeder benutzen könnte. Die Tatsache, dass sie mir gewissermaßen hinterher gereist ist oder nachgebracht wurde, zeigt, dass meine Person untrennbar mit diesem Ding zusammenhängt.“ Tommy unterbrach mich: „Auch die Tatsache, dass du von diesem merkwürdigen Alten den Psalm mitgeteilt bekommen hast, scheint mir kein Zufall zu sein und sehr wohl mit deiner Person zu tun zu haben. Vielleicht ist dir Gott begegnet.“
„Oder einer seiner Engel“, meinte ich lakonisch, „wer an das eine glaubt, kann das andere nicht ausschließen. Aber weiter. Zweitens: Ich habe einiges anders gemacht als beim ersten Mal, mitunter besser gelebt, mehr gelesen, mehr gesehen, mehr erlebt, aber vieles war auch monotoner als beim ersten Mal und grundsätzlich habe ich nichts geändert. Die Geschichte im Großen schon gar nicht. Genau dieses Gefühl hatte ich schon 1985, als ich dir das erste Mal von der Sanduhr erzählte. Und dieses Gefühl, besser diese Auffassung, hat sich im Laufe der Jahre durch viele Vorfälle und Geschehnisse verstärkt. Stephen Hawkins glaubt, wie du weißt, Zeitreisen wären von den Naturgesetzen nicht ausgeschlossen, solche in die Zukunft seien dabei wahrscheinlicher als jene in die Vergangenheit, bei Reisen in die Vergangenheit würde man auf Widersprüche stoßen, würden Paradoxa entstehen. Diese aufzulösen gäbe es zwei Wege: den der alternativen Geschichten, der Zeitreisende gerät in Geschichten, die sich von den überlieferten unterscheiden, er könne frei handeln, ohne dem Zwang der Konsistenz mit der bisherigen Geschichte unterworfen zu sein, so wie Marty McFly in den Filmen Zurück in die Zukunft, der immer wieder eingreift, um seine Familiengeschichte in positive Bahnen zu lenken. Oder Barry Thomas, der in dem Thriller 12.01 in eine Zeitschleife gerät und das gelungene Attentat auf seine angebetete Kollegin Dr. Lisa Fredericks rückgängig macht und ihre Liebe gewinnt. Die andere Möglichkeit ist die der konsistenten Geschichte, du kannst zwar zurückgehen, musst aber dem bekannten Verlauf folgen, deine subjektive Geschichte ist nur so weit variabel so weit die Änderungen zu keiner Beeinflussung oder Veränderung der Gesamtgeschichte führen. Und ich sage dir nach diesen Jahren und unzähligen Versuchen: die zweite Hypothese Hawkins ist richtig. Weder habe ich Einfluss auf die Geschehnisse des 11. September nehmen können, noch Menschenleben gerettet. Glaube ich jedenfalls. Lennon ist tot, genauso wie Ahmed, die Leibwächter oder die Tochter unserer Freunde.“
Tommy protestierte: „Du hast Jessica ein Lebensjahr auf dieser Erde mehr geschenkt und ihren Eltern.“
„Sie ist nun trotzdem tot und die Trauer ihrer Eltern fiel noch größer aus, als ein Jahr zuvor. Die Verarbeitung des Verlustes scheint proportional zum gewonnenen Jahr gestiegen zu sein.“
„Du hast mir für die Aussöhnung mit meinem Vater den entscheidenden Anstoß gegeben. Außerdem hast du durch dein Glücksspiel meine Finanzen aufgebessert und ich habe ein schönes Grundstück zu idealen Bedingungen erworben.
Und nicht zu vergessen, du hast mich vor der Irrenanstalt bewahrt. Behauptest du zumindest!“
Ich musste schmunzeln. „Immerhin etwas. Mir scheint, du bist der Einzige, der etwas von meiner Zeitreise profitieren konnte. Ob es damit zusammenhängt, dass du über mein Schicksal Bescheid weißt? Für die Gesamtzahl der gelebten Jahre und unternommenen Anstrengungen kann ich aber nicht viel auf dem Haben-Konto verbuchen. Das farbige Mädchen, das ich in Florida retten konnte, hat mit der Sanduhr nichts zu tun gehabt. Oder nur indirekt. Die Sanduhr habe ich nur zur Korrektur meines Fehlers benutzt. An dieser Stelle hat sie funktioniert, weil ich offenbar den alten Zustand wieder hergestellt habe. Reich hat sie mich auch nicht gemacht, immer wenn ich versuchte, etwas Geld zu gewinnen, wurde es mir auf drastische Weise wieder entrissen. Denk nur an die Nacht vom 21. zum 22. November 2003. Und noch eines habe ich gelernt, egal, in welcher Zeit man sich befindet, der Vergangenheit kann man nicht entfliehen, selbst wenn sie die Zukunft ist. Was soll das Ganze also?“
Tommy meinte: „Ich habe mir im Zug den Kopf zermartert, um genau darauf endlich eine plausible Antwort zu finden. Hast du mir nicht erzählt, dass du diese dreißig Jahre eigentlich nur zurückgereist, zurückgeflogen oder was auch immer bist, weil dein Neffe dir in den Arm gefallen ist?“
„Das stimmt.“
„Nun, du hast seit 1990 diese Uhr, erst 2008
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