Die Geier
sprechen.
»Ich ... ich ...«
Wütend zeigte Milan mit dem Finger auf ihn.
»Sie, Sie begnügen sich gefälligst damit, das Geld zu
kassieren! Und wenn Sie noch ein einziges Mal auf
meine Brüder zu sprechen kommen, kratze ich Ihnen
die Augen aus und verkaufe sie dem Muselmanischen
Hospital!«
Mit aller Wucht schlug Milan die Tür hinter sich zu.
Odds blieb allein im Versammlungsraum zurück. Sein
Blick glitt über die Bildschirme. Er kannte die Regeln der Internationalen Z.S.A., die offiziöse Order des Vorstands: sich durchsetzen, ohne sich dabei unbeliebt zu
machen. Die Konkurrenz der Unabhängigen hatte ihn
gezwungen, die in der Charta festgelegten Vorschriften
zu übertreten, was ihm jedoch keineswegs Kopfzerbre-
chen bereitete. Er hatte Leute einstellen müssen, die
keinen Wert auf gepflegte Arbeit legten, sondern nur
möglichst schnell zu Geld kommen wollten, und bei
denen er sich kaum oder überhaupt nicht durchsetzen
konnte. Auch wußte er ganz genau, daß Typen wie
Milan unmittelbar in zahlreiche unsaubere Geschichten
rund um die Z.S.A. verwickelt waren. Er hatte keine
Möglichkeit, sie daran zu hindern, und war sich be-
wußt, daß das alles ein böses Ende nehmen würde.
Odds steckte sich eine Zigarre zwischen die Lippen.
Dann trat er ans Empfangsgerät und nahm Verbindung
zu seinen Sammlern auf. Durch die Lautsprecher
dröhnte eine aufgeregte Stimme:
»Wir kommen nicht auf die Schnellstraßen! Die Zu-
fahrtsstraßen sind total verstopft. Und einer dieser ver-
dammten Unabhängigen reißt sich alles unter den Na-
gel.«
Odds schaltete ab.
»Lauter Idioten ...«
David war zu einem der besten Krankenwagenfahrer
des Nordsektors geworden, als - nach heißen Diskus-
sionen und einem Referendum, das für manche Aufre-
gung sorgte - die neuen Gesetze über Organhandel
verabschiedet wurden. In den USA, der BRD sowie in
den meisten skandinavischen Ländern gab es ähnliche
Verbände wie die Z.S.A. bereits seit fast fünf Jahren.
Von administrativer Seite wurde es nun äußerst schwie-
rig, die Organentnahme im Fall eines Unfalltodes zu
verweigern. Ferner waren die Werbekampagnen derart
gut organisiert, daß alle, die bislang hartnäckig darauf
bestanden hatten, unangetastet zu verwesen, von star-
ken Schuldgefühlen geplagt wurden. Die Zahl jener re-
ligiösen Sekten, die für eine Unversehrtheit des
menschlichen Körpers eintraten, nahm zu; aber sie fan-
den nur wenig Echo, so daß die Schmährufe der Ver-
leumder mit der Zeit deutlich leiser wurden und
schließlich gänzlich verstummten. Die Kollekte wurde
zur Sitte. Und David machte sie zu seinem Beruf.
Das letzte Teilstück der Umgehungsstraße sowie die
Kreuzung und sämtliche Zufahrtsstraßen waren ver-
stopft, vollständig lahmgelegt. Die Krankenwagen hat-
ten große Schwierigkeiten, zur Unfallstelle vorzudrin-
gen. Ein Detail, das David genauestens miteinkalkuliert
hatte. Bevor seine Konkurrenten die ersten Wracks er-
reicht hätten, wäre er mit seiner Arbeit schon längst fer-
tig-
Er entnahm einer Mischlingsfrau die Nieren und die
Gebärmutter, richtete sich auf und entledigte sich un-
geduldig seiner Handschuhe.
»Wie weit sind wir?« fragte er mit müder Stimme.
»Es fehlt uns immer noch eine Leber der Blutgruppe
AB negativ«, erklärte Roussel. »Aber der Cherokee ist
bereits bis obenhin voll.«
Sanft massierte sich David die Schläfen und schaute
zu dem jungen Mann mit der roten Plakette hinüber,
der etwa zwanzig Meter weit entfernt lag.
»Baylor würde uns eine Menge Geld für eine solche
Leber bezahlen«, beharrte Roussel zögernd. »Die Geier
der Z.S.A. werden keinerlei Hemmungen zeigen.«
Wütend sah David ihn an.
»Schon gut«, brummte Roussel, »vergiß es!«
Der schrille Schrei einer Frau ließ sie aufhorchen. Die
Frau taumelte zwischen den Wagen hin und her. Sie
sah ganz verstört aus und hielt einen kleinen Jungen im
Arm. Die offizielle Uniform der Sammler hatte sie her-
beigelockt. Zuerst ging sie auf David zu, aber dann
überlegte sie es sich doch anders, wich zurück und
drückte das Kind noch fester an sich.
»Rührt ihn nicht an! Ihr Schweinehunde! Dreckskerle!
Ihr werdet meinen Sohn nicht bekommen!«
Toland kannte diese Art von Reaktion sehr gut. Die
Frau stand unter Schock. Sie würde immer lauter
schreien und dann die Wut der versammelten Menge,
die Davids wahre Absichten falsch verstand, immer
größer werden lassen. Das war in solchen
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