Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Die Geier

Die Geier

Titel: Die Geier Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Joel Houssin
Vom Netzwerk:
Mann
    sein ...«
    »Danke für das Kompliment!« empörte sich die Frau
    beleidigt.
    Gaborit lächelte.
    »Ich wollte damit nur sagen, daß Sie vielleicht ir-
    gendwo auf der Welt einen genetischen Doppelgänger
    haben, der Ihnen ganz und gar nicht ähnlich sieht«, er-
    klärte der Arzt. »Der Amerikaner Zorski hat auf die Exi-
    stenz dieser ...«
    Er zögerte einen Moment lang.
    »... dieser Duplikate hingewiesen. Aber soviel ich
    weiß, ist dies das erste Mal, daß man nach einem sol-
    chen sucht. Diese Kerle schrecken wirklich vor nichts
    zurück!«
    Erneut glitt sein Blick über den offiziellen Stempel der
    Z.S.A. Welches Interesse konnte Steve Odds an dieser
    Sache haben? Eine astronomische Prämie? Der Kranke
    mußte notgedrungen einer dieser außergewöhnlich Rei-
    chen sein. Als die Krankenschwester das Büro verließ,
    dachte Gaborit immer noch über den eigentlichen
    Zweck dieses Rundschreibens nach. Im Grund genom-
    men war diese Suche nach dem Unmöglichen gar nicht
    so unlogisch, wie er anfangs geglaubt hatte. Wenn der
    >wahre falsche Zwilling< dieses Kranken wirklich existierte, so mußte sich seine Krankenakte zwangsläufig
    in den Archiven eines Allergologen befinden. Wahr-
    scheinliche Vorgeschichten mit Quincke-Geschwüren,
    Allergien gegen Penicillin, Heuschnupfen, Pfefferge-
    wächse, Chrom und Kupfer, anaphylaktischer
    Schock ...
    Angesichts dieser Aufzählung der Symptome erin-
    nerte Gaborit sich wieder ...
    Ein noch ganz junges, fünfzehn- oder sechzehnjähri-
    ges Mädchen mit blonden Haaren und großen, unwahr-
    scheinlich dunkelblauen Augen. Mit einer akuten
    Blinddarmentzündung und zwei Porzellanpuppen im
    Arm war es ins Saint-Louis eingeliefert worden. Gabo-
    rit, damals noch ein sehr junger Arzt, war überrascht
    gewesen von den feinen Gesichtszügen dieser Patien-
    tin, von ihrer Sensibilität, ihrer Intelligenz und ihrer
    Ähnlichkeit mit den Puppen, von denen sie sich nie
    trennte. In einem Alter, in dem andere Mädchen schon
    lange die Pille nehmen und zwischen zwei Examens-
    prüfungen und zwölf Rockkonzerten nur von ihren se-
    xuellen Abenteuern sprechen, schien dieses Mädchen
    aus einer Parallelwelt zu kommen. Trotz der Gefahr ei-
    ner Bauchfellentzündung mußte der Eingriff wegen ei-
    ner schweren Allergie-Vergangenheit und der Eigenart
    ihrer Antikörper verschoben werden.
    Anschließend war alles normal verlaufen. Vier oder
    fünf Jahre waren seither vergangen, Gaborit hatte da-
    mals mit Doktor Franck zusammengearbeitet. Vor ei-
    nem Jahr war Franck tragischerweise an Bord seines Se-
    gelschiffes vor der irischen Küste ums Leben gekom-
    men. Administrativ gesehen lag dieses Mädchen in den
    Archiven des Spitals begraben. Von nun an könnte nur
    Gaborit sie wieder auferstehen lassen.
    Ein letztes Mal betrachtete er den Stempel der Z.S.A.,
    dann verließ er mit leichten Schritten das Büro ...
    Siebenundzwanzigstes Kapitel
    Völlig erschöpft ließ Mark Zorski sich auf das Bett fallen, ohne unter das Laken zu schlüpfen, ohne sich auszu-ziehen. Er streifte nur die Schuhe ab und versank in ei-
    nen unruhigen, tiefen, dunklen Schlaf voller Funken,
    die seine Träume wie Messerstiche durchstießen. Sein
    Alptraum setzte sich aus verworrenen, unzusammen-
    hängenden Bildern zusammen, in denen Armyan
    Simba nackt oder in Trance auftauchte, ein geköpfter
    Junior, ganze Berge von bleichen Leichen, die von ge-
    waltigen Bulldozern abtransportiert wurden, ein Ge-
    hängter, dessen Gesicht dem Hugo Russels ähnlich sah,
    ein Alexander Sirchos mit Vampirzähnen, der wie Char-
    lie Chaplin mit einem heliumgefüllten Globus spielte.
    Sein Kopfkissen war schweißdurchnäßt, als eine
    Krankenschwester ihn weckte. Er hatte so schlecht und
    so wenig geschlafen, daß er das Gefühl hatte, blind und
    taub geworden zu sein. Die Amphetamine, die er ge-
    schluckt hatte, verstärkten noch dieses Gefühl, und wie
    ein an einem Sonnenstich leidender Koalabär richtete er
    sich in seinem Bett auf.
    Die Krankenschwester, die bestimmt schon manch
    anderen Rauschgiftsüchtigen und Schnapsbruder ge-
    pflegt hatte, hielt ihm ein großes Glas eiskaltes Wasser
    an die Lippen. Der Schmerz war so groß, daß Zorski so-
    gleich wußte, daß er nicht tot war. Wie viele Southern
    Comforts mochte er nach seinem Gespräch mit Sirchos
    wohl hinuntergeschüttet haben? Zwei, sechs, zwölf? Er
    wußte es nicht ...
    Er schüttelte sich und schnaubte wie ein brünstiger
    Seehund. Er konnte sich nicht erinnern, sich

Weitere Kostenlose Bücher