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Die Geier

Die Geier

Titel: Die Geier Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Joel Houssin
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jemals zu-
    vor derart erschöpft gefühlt zu haben.
    »Geben Sie mir meine Tasche und holen Sie mir bitte
    ein eiskaltes Bier!« bat er mit heiserer Stimme.
    Er war sich nicht sicher, ob er diese Worte klar und
    deutlich ausgesprochen hatte, aber die Krankenschwe-
    ster hielt ihm seine Tasche hin und verließ das Zimmer.
    Zorski gab ein nervöses Glucksen von sich, zuckte mit
    den Schultern und begann in seiner Reisetasche zu
    wühlen. Er zog ein ovales Döschen mit einem wie Perl-
    mutt glänzenden Deckel hervor und entnahm eine Prise
    Kokain, die er aus seiner hohlen Hand ziemlich unge-
    schickt schnupfte. Mit dem Zeigefinger und dem Dau-
    men schloß er das Döschen erneut, ließ es zwischen
    seine zusammengeknüllten Wollsocken fallen und legte
    den Kopf in den Nacken.
    »Ein Royal Flush für achtundvierzig Stunden Schlaf!«
    seufzte er.
    Er wurde sofort erhört. Die Krankenschwester kam
    mit einem japanischen Bier zurück, das aus purem Eis
    zu bestehen schien. Hinter ihr tauchte Hugo Russel auf.
    Angesichts dieser doppelten Erscheinung konnte Zorski
    sich ein Grinsen nicht verkneifen. Er griff nach der Fla-
    sche und trank sie in einem Zug zu drei Vierteln leer,
    bevor er sich bewußt wurde, daß er immer noch in einer
    ziemlich lächerlichen Position am Fuß seines Bettes saß.
    Mühsam richtete er sich auf. Abgesehen davon, daß er
    sich der Absurdität der Situation nun vollkommen be-
    wußt wurde, hatte das Kokain ihm nicht geholfen. Ner-
    vös durchwühlte er sein seidiges schwarzes Haar, das
    ihm bei den Frauen so viel Erfolg einbrachte.
    »Nun los, Russel«, murmelte er, »laden Sie Ihren
    Kummer ab!«
    Russel und die Krankenschwester schauten einander
    kurz an.
    »Wir haben Probleme mit Pamelas Zunge«, sagte der
    Arzt.
    Zorski wurde von einem verrückten, nicht enden
    wollenden Lachen gepackt, das ihm buchstäblich die
    Kehle zuschnürte.
    »Mit ihrer Zunge?« stammelte er heftig schluckend.
    »Sie haben Probleme mit ihrer Zunge?«
    Russel blieb ernst, doch im Halbdunkel des Zim-
    mers ähnelte er immer mehr einem häßlichen Transve-
    stiten.
    »Ihre Zunge ist stark angeschwollen«, erklärte er,
    während Zorski sich vor Lachen fast krümmte. »Sie ist
    ganz schwarz und faserig geworden und weist zahlrei-
    che Geschwüre auf.«
    Russel benahm sich wie ein Praktikant. Sein Verhal-
    ten schien Mark Zorski sichtlich zu ernüchtern. Er gab
    ein kehliges Knurren von sich, das seine Gesprächs-
    partner in Erstaunen versetzte.
    »Und was kann das Ihrer Meinung nach sein?« mur-
    melte er, indem er gegen den Wunsch, wieder einzu-
    schlafen, heftig ankämpfte.
    »Ein Hefepilz«, antwortete Russel unsicher. »Eine
    starke Vermehrung von Candida albicans.«
    Zorski runzelte die Stirn.
    »Und wegen eines verdammten Pilzes bringen Sie
    mich um meinen Schlaf!«
    »Mister Sirchos hat ausdrücklich betont, daß wir Sie
    über jede Veränderung des Gesundheitszustandes sei-
    ner Frau sofort informieren müssen«, entgegnete die
    Krankenschwester anstelle des völlig ratlosen Russel.
    Zorski fluchte leise vor sich hin und stieg schließlich
    mit sichtlicher Mühe aus seinem Bett. Mit meergrünen
    Augen schaute er die junge Frau an.
    »Wissen Sie, wie man ein Bad gegen Müdigkeit ein-
    laufen läßt, Schätzchen?«
    »Ich kann Ihnen einen starken Kaffee machen«, ant-
    wortete sie.
    »Schon gut!« seufzte Zorski. »Kommen Sie, Russel,
    wir schauen uns diese schwarze Zunge einmal etwas
    genauer an ...«
    Erneut lachend, schwankte er auf die Zimmertür zu.
    Der Transpac-Computer des Amerikanischen Hospitals
    war ungewöhnlich leistungsfähig und bot außerordent-
    lich bequeme Nachschlagmöglichkeiten. Loic Gaborit
    stellte eine annähernd chronologische Liste der Blind-
    darmoperationen auf, die Doktor Franck durchgeführt
    hatte, und schaffte es, sein Forschungsfeld auf die
    zwölf- bis achtzehnjährigen Patienten einzugrenzen.
    Schließlich beschloß er, die Informationen nach der
    Krul-Methode abzurufen, und setzte sich mit einem
    Pfund Aprikosen vor den Schirm.
    Als er den siebten Kern ausspuckte, tauchte endlich
    der gesuchte Name auf dem Monitor auf. Per Knopf-
    druck stoppte er das Bild und rief die Krankenakte ab.
    Giova Llorens.
    Merkwürdigerweise löste dieser Name den berühm-
    ten Funken aus und lüftete den Schleier, der sein Ge-
    dächtnis trübte. Die Kleine lebte bei ihrer Mutter, einer
    stattlichen Mamma italienischer Herkunft, deren plumpe Gestalt in krassem Gegensatz zu dem grazilen Aussehen ihrer

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