Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Die Geier

Die Geier

Titel: Die Geier Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Joel Houssin
Vom Netzwerk:
nötiger war als in irgendeinem anderen Be-
    reich, hatten die verschiedenen Regierungen einem völ-
    lig schwachsinnigen System der freien Konkurrenz
    ausgeliefert. In diesem Bereich lähmte der Konkurrenz-
    kampf den Fortschritt, wurden falsche Eide geleistet,
    jede Ordnung zunichte gemacht. Zwischen dem offe-
    nen Krieg der Laboratorien und dem Hegemonie-Stre-

    ben der Z.S.A. stürzte die Medizin in ein paranoides
    Universum ab. Den kleinen Jungen, der mit glänzenden
    Augen einem vorbeifahrenden Krankenwagen hinter-
    herschaut, gab es längst nicht mehr.
    Todmüde schlief David ein und wurde von hoff-
    nungslosen Bildern gequält.
    Zorski saß am Rand des Schwimmbeckens und hatte ei-
    nen fürchterlichen Kater. Wie alle anderen auch, aber
    wahrscheinlich mit einem ausgeprägteren Bewußtsein,
    hatte er im Lauf seiner Karriere schwere Momente der
    Verzweiflung überwinden müssen. Doch nie zuvor
    hatte er sich derart schlecht, derart hilflos gefühlt. Eines Tages verspüren die allermeisten Chirurgen dieses berauschende Gefühl, Herr über Leben und Tod zu sein,
    den Kundendienst des Schöpfers zu übernehmen. Die-
    ses eigenartige, mit seinem Beruf eng verbundene Ge-
    fühl hatte Zorski zu einem anderen Menschen gemacht;
    eine Gewißheit, von der er sich nicht mehr befreien
    konnte und die von seinen Recherchen über Kopftrans-
    plantationen nur noch verstärkt wurde. Seitdem er mit
    der unglaublichen Macht von Alexander Sirchos kon-
    frontiert war, wurde er sich seiner Verwundbarkeit und
    der möglichen Ausbeutung seiner Entdeckungen all-
    mählich bewußt. Man mußte schon ein Idiot sein, um
    nicht zu begreifen, daß Sirchos einen Unschuldigen op-
    fern würde, um das Leben seiner Frau zu retten.
    Der Chirurg lag auf seinem Liegestuhl im Schatten
    eines bunten Sonnenschirms und fragte sich, ob er
    überhaupt noch eine andere Wahl hatte, ob er sich wei-
    gern könnte, sich an einer äußerst zweifelhaften Opera-
    tion zu beteiligen. Er beschäftigte sich noch mit den wi-
    dersprüchlichen Antworten auf diese Fragen, als plötz-
    lich Hugo Russel in sein Blickfeld trat. Ohne so recht zu
    wissen warum, haßte Zorski diesen Arzt allmählich.
    Gewiß sah er in ihm sein eigenes Spiegelbild, die Um-
    risse seiner eigenen Zukunft, die Zukunft eines von ei-
    ner fremdartigen Macht zerstörten Mannes, der mani-
    puliert wurde wie eine gewöhnliche Marionette.
    »Sirchos möchte mit Ihnen sprechen«, sagte Russel.
    »Ich glaube, sie haben gefunden, was sie suchen.«
    Zorski richtete sich auf.
    »Was sagen Sie da?«
    »Sie haben einen genetischen Zwilling in Europa ge-
    funden«, erklärte Russel.
    Er machte eine kurze Pause, bevor er fortfuhr:
    »Die Suchmeldungen wurden unter dem Vorwand
    einer Rückenmarktransplantation veröffentlicht. Sie
    wissen ganz genau, daß dem nicht so ist. Was haben Sie
    vor? Wollen Sie zum Komplizen in einem Mordfall wer-
    den?«
    Zorski setzte diese zugleich überraschte und wütende
    Miene auf, mit der er Gegnern gegenüberzutreten
    pflegte, die gegen die Konventionen einer Pokerpartie
    verstießen. Eine Mischung aus Zorn und Mitleid.
    »Warum bleiben Sie denn hier, Russel?« murmelte er.
    Einen Augenblick lang zögerte Russel.
    »Ich wollte Ihnen ganz einfach nur sagen, daß Ihr
    Entschluß absolut nichts an der Sache ändern wird«, er-
    klärte er und starrte auf den Grund des Swimming-
    pools. »Sirchos hat mich gefragt, ob ich bereit wäre,
    selbst zu operieren oder einem anderen Chirurgen zu
    assistieren, falls Sie sich weigern würden. Ich habe ein-
    gewilligt.«
    Mit einem verächtlichen Grinsen auf den Lippen er-
    hob Zorski sich.
    »Sie sind bereits ein toter Mann, Russel«, knurrte er.
    »Ich werde diesen idiotischen Vorschlag ablehnen, und
    ich versichere Ihnen, daß niemand jemanden töten
    wird, um das Leben einer Milliardärsgattin zu retten!«
    Wie eine angriffsbereite Dogge starrte Russel ihn an.
    »Das glauben Sie!« erwiderte der Arzt. »Nichts und
    niemand kann sich Alexander Sirchos widersetzen. Es
    war falsch von mir, das Gegenteil zu glauben, und es
    war vor allem falsch, einen Augenblick lang zu hoffen,
    der berühmte Mark Zorski könnte ihm die Stirn bieten.«
    Er grinste verkrampft.
    »Sie waren nicht einmal imstande, Ihren Freund
    Simba zu retten.«
    Zorski stürzte sich auf Russel und packte ihn brutal
    am Hemdkragen. Um ein Haar wären die beiden Män-
    ner ins Schwimmbecken gefallen.
    »Was sagen Sie da?« raunte der Chirurg.
    Russel versuchte sich zu

Weitere Kostenlose Bücher