Die Geier
rechtfertigen, aber als ich er-
fuhr, daß ihre Analyseresultate in sämtlichen Punkten
mit denen von Pamela übereinstimmen, habe ich dem
Himmel gedankt, Doktor Zorski.«
Tief erschüttert biß der Chirurg sich auf die Unterlip-
pe.
»Bei diesem Rennen standen Ihre Chancen hundert-
tausend zu eins«, murmelte er.
Der kalte Blick des Milliardärs traf Zorski.
»Ich will, daß Sie mir helfen, dieses Ermittlungssy-
stem zu modernisieren. Überall auf der Welt warten
Kranke auf ihren >echten falschen Zwilling<. Ich habe vor, meine ganze Organisation in ihren Dienst zu stellen ...«
»Und wir werden miterleben, wie die Mächtigen sich
das Leben ihrer genetischen Doppelgänger erkaufen
können«, unterbrach ihn Zorski.
Überrascht runzelte Sirchos die Stirn.
»Ich muß gestehen, daß ich den Sinn Ihrer Überle-
gung nicht ganz begreife, Doktor Zorski«, behauptete er
mit einer Spur von Unnachgiebigkeit in der Stimme.
»Aber welche Ziele verfolgten Sie denn, als Sie mit Ihrer
Forschungsarbeit über Kopftransplantationen began-
nen? Angenommen, Ihre Experimente bringen positive
Resultate und setzen sich weltweit durch: Glauben Sie
wirklich, Sie könnten kontrollieren, wie Ihre Entdek-
kungen in der ganzen Welt angewandt werden?«
In diesem Punkt hatte sein Freund Simba Zorski be-
reits in arge Verlegenheit gebracht, und auch jetzt fiel
ihm nicht gleich eine Antwort auf dieses Argument ein.
Sirchos war kein leidenschaftlicher Wissenschaftler und
kannte nicht diese grundlegende Passion, die die Wis-
senschaft vorantreibt. Er beschränkte sich darauf, die
Argumente, die man ihm entgegenhielt, mit einer uner-
bittlichen Logik zu widerlegen; einer Logik, die auf der
schwerlich zu kritisierenden Basis des Humanismus
fußte.
»Nun! Ich kann das!« erklärte Sirchos. »Ich kann Ih-
nen anbieten, Ihre Wahl zu treffen! Ich sage es Ihnen
noch einmal: Sie brauchen nur zu fragen. Wenn Sie be-
fürchten, daß Ihre Studien boykottiert werden, dann
ziehen Sie sich in diese nur für Sie eingerichtete Klinik
in Genf zurück und tun Sie ausschließlich das, wozu Sie
Lust haben! Brechen Sie Ihre Arbeit ab, wenn Sie das für
richtig halten. Doch vergessen Sie nie, daß wir beide
gemeinsam und innerhalb weniger Jahre in der Lage
sind, die Lebenserwartung des Menschen zu verdop-
peln. Vielleicht sogar zu verdreifachen . . . «
Zorski holte tief Luft.
Die grauen Augen des Milliardärs strahlten.
»Weil ich in meinem Leben alles erreicht habe, Doktor
Zorski. Aus allen meinen Kämpfen bin ich als Sieger
und noch mächtiger hervorgegangen. Ich habe nur
mehr einen einzigen Feind, und das ist derselbe, den
auch Sie haben: der Tod.«
Mit einer riesigen Zigarre im Mund und freudestrah-
lend wie ein Schmarotzer, der sich in fremden Möbeln
häuslich niedergelassen hat, lehnte sich Mirko Milan in
seinem Sessel zurück und blies eine dicke blaue Rauch-
wolke aus. Mit dem Daumen klappte er seine fünf Kar-
ten zu einem Fächer auf. Gelassen nahm er Kenntnis
von seinem Blatt, schaute sich frech seine Gegenspieler
an, gab ein kurzes spöttisches Lachen von sich und legte
seine Karten wieder zusammen, so daß sie in seiner dik-
ken Mörderfaust verschwanden. Er warf den Kopf nach
hinten, schüttelte das struppige Haar und schob die
Hälfte seiner Jetons in die Mitte des Teppichs.
»Sie werden Blut spucken, meine Herren!« drohte er.
Milans Vulgaritäten wurden im Klub nicht besonders
geschätzt. In der ersten Zeit hatte er noch durchaus
reizvoll gewirkt, doch dann war er allen Mitgliedern des
Klubs rasch unerträglich geworden. Nur noch Boris
Gerstein, der Pressemagnat, fand die spöttischen Be-
merkungen des Sammlers nach wie vor komisch. Doch
niemand konnte Milan den Zutritt zum Spielzimmer
wirklich verwehren. Abgesehen von der unglaublichen
Brutalität, mit der dieser Mann vorzugehen pflegte,
wurde er auch noch protegiert.
Offensichtlich liebte Milan es hierherzukommen. Die
Entrüstung, die allein seine Anwesenheit im Kreis die-
ser hohen Tiere bewirkte, schien ihn bestens zu amüsie-
ren, und es gefiel ihm, mit seiner Unverschämtheit bis
zum äußersten zu gehen. Doch dieses Gefühl der
Macht, das er zwangsläufig verspüren mußte, kam ihm
teuer zu stehen. Milan war ein miserabler Pokerspieler.
Er bluffte oft und zudem ziemlich schlecht und wußte
mit seinen Spielen nichts anzufangen. Seine Gegner
hingegen, die zu den ehrbarsten und reichsten Män-
nern Europas zählten,
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