Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Die Geier

Die Geier

Titel: Die Geier Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Joel Houssin
Vom Netzwerk:
Odds die Frau an. Dieses Weib
    wußte, was es wollte.
    »Nehmen Sie Platz!« befahl er. »Ich brauche nur fünf
    Minuten.«
    Die Frau setzte sich wieder hin.
    Eine Viertelstunde später konnte Odds feststellen,
    daß Giova Llorens vor vier Jahren wegen einer Blind-
    darmentzündung in die Abteilung von Doktor Franck
    aufgenommen worden war und daß die Einzelheiten
    der vorgenommenen Analysen genau mit der Suchmel-
    dung übereinstimmten. Er brach die Verbindung ab
    und rief im Amerikanischen Hospital an, wo man ihm
    erklärte, daß es völlig unmöglich sei, falsche Angaben in
    den Archiven der Zentrale zu speichern, da diese nur
    durch ein täglich sich änderndes Codewort zugänglich
    seien. Wenigstens in diesem Punkt hatte Madame
    Franck also nicht gelogen, und plötzlich war Odds fest
    davon überzeugt, daß sie auch in allen andern Punkten
    die Wahrheit sagte. Dennoch erlaubte er sich eine letzte
    Frage.
    »Durch eine Rückenmarktransplantation ist bislang
    noch kein Mensch gestorben«, murmelte er. »Wieso
    glauben Sie, sich an diesem Mädchen rächen zu kön-
    nen, wenn Sie uns helfen, sie ausfindig zu machen?«
    Die Frau lächelte traurig.
    »Wenn Sie die Absicht hätten, ein an Leukämie er-
    kranktes Kind zu retten, hätten Sie eine umfangreiche
    Werbeaktion gestartet, um Ihr Image wieder aufzupolie-
    ren«, sagte sie ruhig. »Nun aber sind Ihre Nachfor-
    schungen eher diskret, wenn auch erfolgreich. In den
    Medien wurde noch nicht darüber berichtet.«
    Sie erhob sich von ihrem Stuhl und fügte hinzu:
    »Und Sie müßten sich mein Schweigen nicht auch
    noch erkaufen. Ich weiß, daß Giova Llorens sterben
    wird.«
    Steve Odds' kräftige Hand schloß sich um den
    Schlüsselanhänger aus gelbem Plastik.
    Die Frau zog die Tür hinter sich zu, und Odds war si-
    cher, sie nie wiederzusehen. Was er jedenfalls hoffte.
    Diese Frau hatte ihn das Schaudern gelehrt.
    Er drückte auf den roten Knopf der Sprechanlage.
    »Schicken Sie Milan und Toland zu mir, sofort!«
    Neunundzwanzigstes Kapitel
    Zorski, der einige Sekunden zuvor noch so fest ent-
    schlossen war, mußte nun gegen die magnetische An-
    ziehungskraft ankämpfen, die Alexander Sirchos auf
    seine Gesprächspartner ausübte. Gegen das unwider-
    stehliche Charisma, dessen er sich immer wieder be-
    diente, wenn er sich einem wichtigen Kampf zu stellen
    hatte. Und dies war ein wichtiger Kampf! Keiner der
    beiden Männer ließ sich vom anderen an der Nase her-
    umführen, und momentan beschränkten sie sich darauf,
    den anderen zu beobachten, wobei die üblichen Höf-
    lichkeitsbezeugungen die Heftigkeit des sich anbah-
    nenden Kampfes nur sehr schwer verbergen konnten.
    Sirchos nahm eine Flasche Cristal Roederer aus dem
    feuchten Kübel, der das Wappen seiner Familie trug. Als
    er den Champagner ausschenkte, gab er sich plötzlich
    gut gelaunt, was bislang nicht oft der Fall gewesen war.
    »Um einen Mann wieder in Schwung zu bringen, gibt
    es nichts Besseres als einen guten französischen Cham-
    pagner«, erklärte er.
    Zorski begriff ganz genau, was Sirchos damit sagen
    wollte. Die offenkundige Anspielung auf sein schlech-
    tes Aussehen war um so unerträglicher, da er ganz ge-
    nau wußte, daß auch er, der Milliardär, seit seiner An-
    kunft in der Villa keinen einzigen Moment hatte ausru-
    hen können. Physisch schien er jedenfalls in der Lage
    zu sein, ein Tennismatch über fünf Sätze durchzustehen
    und sich anschließend mit zwanzig Schwimmbecken-
    längen zu entspannen. Als erfahrener Spieler wußte
    Zorski, daß die körperliche Erscheinung und sogar die
    Kleidung sich beträchtlich auf den Ablauf einer Partie
    auswirken konnten.
    Sirchos hob sein Glas.
    »Wir haben großes Glück, Doktor Zorski.«
    Der Chirurg stand reglos da und verzichtete absicht-
    lich darauf, mit Sirchos anzustoßen.
    »Sie haben einen genetischen Zwilling für Pamela ge-
    funden?« fragte er mit zusammengekniffenen Augen.
    Sirchos schien die Reserviertheit des Arztes nicht zu
    irritieren. Er nippte an dem Champagner und stellte
    sein Glas wieder hin.
    »Das Wunder kommt aus Frankreich«, erklärte er.
    »Ein junges Mädchen, das Opfer einer schweren Schä-
    delverletzung geworden ist und nun in tiefem Koma
    liegt. Die Ärzte haben die Hoffnung auf eine Rettung
    aufgegeben ...«
    Plötzlich hielt er einige Sekunden lang besorgt inne.
    »Ich kann verstehen, daß es Sie schockiert, wenn ich
    mich über das Unglück dieser Frau freue. Es fällt mir
    schwer, diese Reaktion zu

Weitere Kostenlose Bücher