Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Die Geier

Die Geier

Titel: Die Geier Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Joel Houssin
Vom Netzwerk:
völ-
    lig unpassend irgendwo im Nichts. Die verfaulende
    Ruine war zum Revier der Apachen geworden. Hier re-
    parierten sie ihre Motorräder, bumsten ihre Mädchen,
    teilten sich die Beute ihrer Raubzüge, und hier schliefen
    sie oft. Aber ihre Hauptbeschäftigung bestand darin,
    sich gegenseitig die Köpfe einzuschlagen und sich wie
    wilde Hunde am Boden zu wälzen.
    Beim Überqueren des unbebauten Geländes wich
    Vito geschickt den Löchern aus. Ein Bomber mußte sich
    über dem Gelände verirrt und aus Versehen tonnen-
    weise Granaten abgeworfen haben. Diese Erklärung ge-
    fiel Vito. Er näherte sich den an der Mauer abgestellten
    Motorrädern. Sein Blick schweifte über die unzähligen
    Reifen und den Plunder, der in einer Ecke aufgestapelt
    war, und fiel schließlich auf Bismarks Electra Glide. Die
    Maschine mit ihren violetten Seitenstücken, den makel-
    los glänzenden Chromteilen und dem weißen Leder
    bildete einen starken Kontrast zur Landschaft.
    »Was suchst du hier?«
    Vito drehte sich um. Im Lagertor stand ein etwa
    zwölfjähriger Bursche, der so schmierig aussah wie ein
    alter Zylinderkopf und die Finger hinter den Gürtel sei-
    ner schmutzigen Jeans geklemmt hatte. Eine Hasen-
    scharte schürzte auf sonderbare Weise seine Lippen
    und gab eine verfaulte Zahnreihe frei. Der eingebildete
    Bengel ließ sich Ranky nennen. Seinen richtigen Namen
    hatten alle längst vergessen.
    »Hi, Ranky.«
    »Hi, Banane, kommst du zur Corrida?«
    Vito runzelte die Stirn.
    »Zu welcher Corrida?«
    »Die Karatemannschaft aus dem Gymnasium
    kommt«, erklärte Ranky und lachte sich halbtot. »We'll destroy them, und den lahmen Kasten setzen wir in Brand!«
    Vito schüttelte den Kopf.
    »Ich hab keine Zeit. Ich muß sofort mit Bismark re-
    den.«
    »Ist mit seinem Mädchen beschäftigt. Kannst ihn jetzt
    nicht stören.«
    »Sag ihm, daß ich hier bin. Es eilt!«
    »Wie du willst, Banane.«
    Ranky verschwand in der Lagerhalle, und Vito folgte
    ihm. Die ganze Bande hatte sich unter dem Wellblech-
    dach versammelt. Lauter wertlose Scheißkerle, die hier
    im Dreck und in der Feuchtigkeit noch einmal verrecken
    würden. Ein halbes Dutzend Apachen stand um einen
    Billardtisch, ein wackliges altes Gestell, dessen Teppich
    bereits total zerfetzt und mit Brandlöchern übersät war.
    Zwei rothaarige Mädchen stießen ihre Messer in einen
    Fußball. Überall Leute, die an Stahlträgern lehnten, sich
    auf dreckigen Matratzen im Schmutz wälzten. Flaschen
    und Joints machten die Runde. Es stank nach Äther und
    Pisse. Vito fühlte sich wie zu Hause.
    »Hey, Vito!« schrie eine Stimme. »Hast du an meinen
    Range Rover gedacht?«
    Irgendwo in einer Ecke ertönte ein hysterisches La-
    chen.
    »Keine Zeit bisher.«
    Ein kahlköpfiger Zwerg sprang von seiner Sitzstange
    und Vito direkt vor die Füße. In der Hand hielt er einen
    Schlagring mit rostigen Spitzen.
    »Scheiße, worauf wartest du denn noch? Schon vor
    zwei Wochen hab ich dich danach gefragt.«
    »Reg dich nicht auf!« knurrte Vito. »Du wirst deinen
    Schrotthaufen schon noch bekommen.«
    Eines der Messer drang bis zum Griff in den Lederball
    ein. Die Mädchen kreischten. Ein gräßliches Grinsen
    verzerrte dem Zwerg den Mund. Er hielt ein rechtecki-
    ges Stück Papier in der Hand.
    »Superstoff. Wir haben einen stinkreichen Opa aus-
    geraubt. Wenn du Geld hast, könntest du . . . «
    »Bin völlig platt«, unterbrach Vito und schielte nach
    dem Papier mit dem Stoff. »Aber wenn du mir bis mor-
    gen abend was leihen kannst ...«
    Der Gnom schnitt eine Grimasse.
    »Das würde dir so passen, alter Bettler. Für nen
    Schuß fragst du am besten Pif. Wir halten uns heute
    abend an Wodka. Drei Zentiliter in die Röhre, und du
    weißt nicht mehr, ob du ein Männchen oder ein Weib-
    chen bist. Machst du mit?«
    Vito kratzte sich die Eier.
    »Bei der Fiesta im Gymnasium?«
    Der Zwerg schnalzte mit der Zunge.
    »Rein in den Mist und zustechen. Das wird 'n Spaß,
    Mann! Das darfst du dir einfach nicht entgehen las-
    sen.«
    Lollipop kam näher. Ihre Brüste baumelten aus ihrer
    geschnürten Lederweste. Ihre Vorderarme waren voller
    Tätowierungen. Schon seit Jahren ließ sie sich vom sel-
    ben Knallkopf vögeln.
    »Hi, Vito!« zierte sich die Kleine.
    »Hi, Lolli!«
    »Wann bringst du mir endlich deinen kleinen Bruder
    mit, Vito? Ich hätte große Lust, dem netten Kerlchen
    kräftig einen zu blasen.«
    Der Gnom lachte laut auf. Lollipop wölbte verführe-
    risch den Busen.
    »Es wird

Weitere Kostenlose Bücher