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Die Geier

Die Geier

Titel: Die Geier Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Joel Houssin
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beugte sich
    nach vorn und sah die behandschuhten Hände, die über
    das Geländer glitten.
    Der Mann ging den Flur entlang und pochte heftig
    gegen eine Tür. Nur ein Skandal könnte ihn jetzt noch
    retten. Mit aller Kraft klopfte er an eine zweite Tür, an
    eine dritte Tür. Niemand öffnete ihm. Trotz des Angst-
    kloßes im Hals wollte er einfach nicht schreien. Hör-
    ten die Leute Schreie, würden sie erst recht nicht öff-
    nen.
    Der Mann stürzte zur Treppe und stieg ins dritte
    Stockwerk hinauf. Das Licht ging aus. Der Flur lag im
    Dunkeln. Der Mann schaute sich nach dem orangefar-
    benen Schalter des Minutenlichts um. Dann entdeckte
    er den Lichtstrahl unter einer mit einem grellen Poster
    geschmückten Tür.
    Der Mann näherte sich der Tür. Der lähmende
    Schmerz erfaßte den ganzen Körper. Statt dessen über-
    legte er nun mit unglaublicher Schnelligkeit und kon-
    zentrierte sich nur mehr auf den Film in seiner Faust.
    Die Fotos retten ...
    Außer Atem und mit halbgeschlossenen Augen
    lehnte er sich gegen die Tür. Mit der Hand suchte er
    nach der Klingel. In der Wohnung war ein merkwürdi-
    ges Läuten zu hören. Schnell. Schnell ... Der Mann be-
    tete. Aus den unteren Stockwerken war ein Rascheln
    und Gleiten zu hören. Die Geier kamen näher.
    Plötzlich wurde die Tür geöffnet, und beinahe wäre
    der Journalist einer jungen Frau in einem indischen
    Kleid und mit geflochtenem Haar in die Arme gefallen.
    Sie schien noch sehr jung zu sein, ihre ungewöhnlich
    hellen Augen sahen den Mann erstaunt an.
    Der Mann drückte dem Mädchen den Film in die
    Hand. Ihre zarten Finger schlossen sich um die Kunst-
    stoffhülle.
    »Nehmen Sie das an sich. Und öffnen Sie nieman-
    dem ... Bitte ...«
    Er stieß sie ins Innere der Wohnung zurück und
    schloß eigenhändig die Tür. Wahrscheinlich hatte die
    junge Frau absolut nichts von diesem merkwürdigen
    Auftritt verstanden. Der Mann betete darum, daß sie
    trotzdem niemandem öffnen möge. Erneut stürzte er
    zur Treppe und begann seinen letzten Aufstieg.
    Sein Herz raste. Mit der flachen Hand schlug er auf
    den Knopf des Minutenlichts.
    Neuntes Kapitel
    Pamela Sirchos ging es gut. Sie war problemlos aus der
    Narkose aufgewacht, hatte sogleich wieder ihre sagen-
    hafte Liebenswürdigkeit an den Tag gelegt und Zorski
    beteuert, daß sie sich noch nie so wohl gefühlt hätte wie
    jetzt.
    »Ich hätte große Lust, stundenlang zu schwimmen
    und eine riesige Portion Sektsauerkraut zu verschlin-
    gen«, sagte sie fröhlich, als der Chirurg einige Tests
    durchführte.
    »Mögen Sie die europäische Küche?«
    »Ich liebe Europa«, antwortete Pamela.
    Aufmerksam betrachtete Zorski den Druckstreifen
    des Elektrokardiogramms. Das Herz schlug etwas zu
    schnell. Der Chirurg flüsterte Russel etwas zu.
    »Ist etwas nicht in Ordnung?« fragte Pamela besorgt.
    Zorski lächelte.
    »Man könnte meinen, Ihr Herz möchte die verlorene
    Zeit wieder wettmachen«, erklärte er. »Es ist ganz wie
    Sie: lebenshungrig. Doktor Russel wird Ihnen eine
    Spritze geben, damit es sich wieder beruhigt.«
    Zorski hatte große Mühe, dem ausdrucksvollen Blick
    seiner Patientin standzuhalten. Nie zuvor hatte er der-
    art dunkelblaue Augen mit solch dichten, unheimlich
    sinnlichen Brauen und solch langen braunen Wimpern
    gesehen. Der Chirurg war verwirrt und schließlich froh,
    das Miami Hospital wieder verlassen zu dürfen. Russel
    fuhr ihn zum Flughafen.
    »Jahrelang habe ich für diesen Beruf hart arbeiten
    müssen«, erklärte Russel. »Tag und Nacht habe ich
    darum gekämpft, ein guter Chirurg zu werden. Ich
    glaube, ich habe eine gute Technik entwickelt und bin
    geschickt genug, um sie richtig anwenden zu können.
    Doch wozu das alles? Um nun Krankenpfleger zu spie-
    len. Das ist es doch, was ich geworden bin.«
    Zorski schaute seinen Kollegen an. Die Operation
    und die darauffolgende Nacht hatten ihn arg mitge-
    nommen. Offensichtlich war er einer Depression nahe.
    Zorski machte sich Vorwürfe, daß er diesen Zustand
    nicht schon früher bemerkt hatte.
    »Sirchos glaubt, ich hätte bei den beiden vorangegan-
    genen Eingriffen versagt«, fuhr der Arzt fort. »Er hat
    mir deswegen zwar nie den geringsten Vorwurf ge-
    macht, und ich war auch sogleich damit einverstanden,
    daß er sich an Sie gewandt hat, als die Herzklappe er-
    neut kaputtging. Aber ich bin fest davon überzeugt, daß
    er mich für die beiden Mißerfolge verantwortlich macht.
    Glauben auch Sie, daß diese Operationen mir

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