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Die Geier

Die Geier

Titel: Die Geier Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Joel Houssin
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Doktor Rüs-
    sel an.
    »Ab heute«, erklärte der Milliardär dem Chirurgen,
    »ist meine Frau Ihre einzige und alleinige Patientin. Sie
    haben Doktor Zorskis Anweisungen zu befolgen. Er wird
    Ihnen genau erklären, was er von Ihnen erwartet.«
    Sirchos wandte sich ab und verschränkte die Hände
    hinter dem Rücken.
    »Meine Herren, Sie können jetzt gehen ... Ich brau-
    che etwas Ruhe.«
    Die beiden Ärzte verließen das Zimmer und gingen
    schweigend den Flur entlang.
    »Was halten Sie von ihm?« fragte Russel schließlich.
    Zorski schien aus einem Traum zu erwachen.
    »Wie bitte?«
    »Alexander Sirchos. Was halten Sie von ihm?«
    Zorski blieb stehen, schaute seinen Kollegen einen
    Moment lang an und zuckte mit den Schultern.
    »Ein Verrückter. Ein gefährlicher Größenwahnsinni-
    ger. Ein intelligenter Neurotiker, der in einer völlig pa-
    ranoiden Familie aufgewachsen ist. Ich kenne viele Zy-
    niker, viele Gauner, die ihre Gemeinheiten ins Philoso-
    phische erheben, psychopathische Ungeheuer, aber Sir-
    chos ist der schlimmste von allen: er glaubt an das, was
    er sagt, und er versteht es, andere davon zu überzeu-
    gen. Was auch immer er anfaßt, wird pathologisch. Im
    Guten wie im Bösen. Die Krankheit seiner Frau ist nur
    eine Herausforderung seiner Macht.«
    Zorski zögerte kurz, bevor er abschließend sagte:
    »Stimmt meine Beschreibung?«
    Hugo Russel wischte sich die Stirn ab, steckte das Ta-
    schentuch in die Hosentasche zurück, lächelte und
    streckte Zorski die Hand entgegen.
    »Ich bin wirklich sehr glücklich, mit Ihnen zusam-
    menarbeiten zu dürfen, Doktor Zorski. Ich hoffe, es ge-
    lingt uns, Pamela zu retten.«
    Lange schüttelten sich die beiden Männer die Hand.
    Der Mann stieß gegen die Stoßstange eines abgestellten
    Wagens und wäre beinahe auf den Bürgersteig gefallen.
    Einige Sekunden lang ruhte er sich aus und massierte
    sich das schmerzende Schienbein. Er hörte schnelle
    Schritte, Rufe, weitere Schreie ... die Geier waren hin-
    ter ihm her, kreisten ihn ein. Auf seiner überstürzten
    Flucht hatte er nicht einen einzigen Augenblick daran
    gedacht, daß er sich in Todesgefahr befand. Doch nun
    war er sich dessen plötzlich gewiß. Die auf seinem Film
    festgehaltenen Bilder gingen ihm durch den Kopf. Die
    von den Sammlern getöteten und aufgeladenen Mani-
    festanten, das unvergeßliche Wappen der Z.S.A., ein
    Symbol des Lebens, das ihn von nun an an einen mitten
    ins Herz der Welt gestochenen Dolch erinnerte; die
    schwarzen Lederuniformen mit den violetten Ärmel-
    aufschlägen, der Ton dieser von den Gasmasken ge-
    dämpften Stimmen ... Die Realität bestand aus etwas
    anderem als diesen gewöhnlichen Verbrechen, die von
    den nach Organen suchenden Sammlern begangen
    wurden. Die Wahrheit war viel schrecklicher, noch viel
    abscheulicher. Und als er diese Bilder schoß, war der
    Vorhang irgendwo gelüftet worden.
    Mitten auf dem Bürgersteig trafen die Scheinwerfer
    ihn wie ein häßliches Insekt. Er schüttelte den Kopf,
    wollte den Mund öffnen zum Schrei, als die erste Kugel
    ihn an der Schulter traf. Der Einschlag schleuderte ihn
    mehrere Meter nach hinten. Er zwängte sich gegen die
    Fassade eines alten Gebäudes. Mit den Fingerspitzen
    berührte er die blutende Wunde. Entsetzt schaute er
    sich nach allen Seiten um.
    Einen Schuß hatte der Journalist nicht gehört. Und
    dennoch hatte jemand ihn angeschossen! Irgendwo zu
    seiner Linken vernahm er ein Lachen.
    »Ich bin Journalist. Sie haben nicht das Recht ...«
    Erneutes Lachen als Antwort. Dann traf ihn eine
    zweite Kugel in der Seite. Der Scheinwerferstrahl holte
    ihn erneut ein und blieb auf ihn gerichtet. Der Mann
    beobachtete seinen Schatten, der unendlich lang auf
    den Bürgersteig fiel. Er berührte beinahe die Stiefel der
    ersten Geier ...
    Der Mann jammerte leise und verschwand im Ge-
    bäudeinnern. Er stürzte die Treppe hoch. Er hatte
    fürchterliche Schmerzen in der Schulter, und den Arm
    konnte er so gut wie gar nicht mehr bewegen.
    Auf der zweiten Etage blieb er stehen und lauschte
    den Geräuschen aus der Eingangshalle. Einen Moment
    lang glaubte er, in die Hose gepinkelt zu haben. Ein
    breiter dunkler Fleck war auf seiner Hose, in Höhe des
    Unterleibs, zu sehen. Das Blut lief ihm an den Schen-
    keln hinunter und tränkte den Stoff. Der Mann begann
    zu zittern. Hastig spulte er den Film zurück und öffnete
    die Kamera. Fast wäre die Filmrolle ihm aus der Hand
    gefallen.
    Die Geier kamen die Treppe herauf! Er

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