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Die Geier

Die Geier

Titel: Die Geier Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Joel Houssin
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entgegnete Zorski.
    »Morgen früh haben Sie meine Kündigung auf dem
    Schreibtisch liegen, und die von Doktor Simba eben-
    falls. Bis Ende der Woche wird der Operationsplan noch
    eingehalten.«
    »Wie Sie wollen ...«, murmelte der Direktor.
    Zorski verließ das Büro und schlug die Tür wütend
    hinter sich zu.
    Einen Augenblick lang betrachtete der Direktor seine
    Fingerkuppen, dann hob er den Telefonhörer ab.
    »Verbinden Sie mich bitte mit Alexander Sirchos im
    Miami Hospital ...«
    Weder der Reit- noch der üblichen Ruderpartie war Mu-
    stapha entkommen. Total erschöpft, mit wundem Rük-
    ken und Blasen an den Händen verabschiedete er sich
    von Sylvie. Im Lauf des Tages war er immer unruhiger,
    immer ungeduldiger geworden. Zwischen seiner Liebe
    zu Sylvie und seinem Wunsch, diese Fotos zu entwik-
    keln, hatte er sich schließlich für letzteres entschieden
    und sich seiner Freundin gegenüber ziemlich barsch
    benommen. Sylvie wollte mit der Clique zusammen zu
    abend essen.
    »Du hattest mir doch versprochen, wir würden diesen
    Tag zusammen verbringen!« hatte sie protestiert.
    »Hör zu, ich war den ganzen Tag mit dir zusammen.
    Ich hasse Pferde, um ein Haar hätte ich mir das Ge-
    nick gebrochen, die Hände habe ich mir blutig geru-
    dert auf diesem verfluchten See! Jetzt habe ich noch zu
    tun ...«
    Er zog die Nase hoch und schaute zur Seite, ehe er
    mit leiser Stimme hinzufügte:
    »Eine Filmmontage fertigzustellen.«
    Nach dieser letzten Erklärung verschwand der hüb-
    sche Mouss. Sylvie war wütend über das, was ihr wie
    ein unverständliches Sichentziehen vorkam. Letzte
    Nacht noch hatte der junge Mann nur davon gespro-
    chen, daß er sie nie wieder verlassen würde, und seine
    feurigen Umarmungen durch flammende Worte betont.
    Seine Zärtlichkeiten waren also doch nur Schein.
    »Du weißt, wo du mich findest!« hatte Sylvie schroff
    geantwortet und ein Taxi herbeigewunken.
    Dabei tat Mouss diese brutale Trennung wirklich leid.
    Nur allzugern hätte er seine Neugier mit Sylvie geteilt,
    die Fotos mit ihr zusammen entdeckt, aber ihre Reak-
    tion am Morgen war derart heftig gewesen ... Wer
    weiß, was sie getan hätte, wenn sie erfahren hätte, daß
    Mouss den Film nicht in die Mülltonne geworfen hatte?
    Unter diesen Umstanden war es wirklich besser, sie aus
    allem herauszuhalten, auch wenn es dadurch zum Streit
    kam.
    Auf der Heimfahrt, in der Metro, dachte er bereits
    nicht mehr an Sylvie, sondern nur noch an den Film
    und an die Fotos. Er befürchtete, er habe sich von kind-
    lichen Illusionen hinreißen lassen, sich einen wahren
    Roman in seinem Kopf ausgedacht. Die Aussicht, mög-
    licherweise nur banale und zugleich bestürzende Fe-
    rienbilder zu entwickeln, beunruhigte ihn. Eine ältere
    Dame, die ihm gegenübersaß, warf ihm einen mißtraui-
    schen Blick zu.
    Noch am selben Abend schloß Mustapha Mouss sich
    in sein Amateurlabor ein und fixierte die Negative des
    Films.
    Er verließ die Wohnung, um Lebensmittel und einen
    Kasten Whisky einzukaufen, schloß sich in seinem Ap-
    partement ein und zog den Stecker des Telefons aus der
    Wand. Zwei Wochen lang blieb er von der Außenwelt
    abgeschnitten. Vierzehn Tage, die er einzig und allein
    damit verbrachte, nach einem logischen Zusammen-
    hang dieser vierundzwanzig Bilder zu suchen, die er
    vergrößert und an den Wänden seiner Wohnung befe-
    stigt hatte.
    Es war schrecklicher als alles, was er sich vorgestellt
    hatte. Schließlich ging er in die Nationalbibliothek und
    machte Fotokopien von sämtlichen Zeitungen, die am
    Tag nach dem Selbstmord des Journalisten erschienen
    waren. Sorgfältig schnitt er alle Artikel über die De-
    monstration und die nachts ausgebrochenen Unruhen
    aus.
    Beim Lesen des letzten Artikels fiel sein Blick auf eine
    kurze Notiz zum Überfall, dem ein unabhängiger
    Sammler namens David Toland zum Opfer gefallen
    war ...
    Auf Mark Zorski warteten weitere Überraschungen.
    Im ganzen Hospital suchte er nach Simba, um ihn über
    die Entscheidung des Verwaltungsrats und die gemein-
    same Haltung, die er in dieser Angelegenheit einneh-
    men wollte, in Kenntnis zu setzen. Ein Assistenzarzt
    teilte ihm mit, daß Doktor Simba sich bei den beiden
    letzten Operationen dieses Tages vertreten ließ, jedoch
    keineswegs krank zu sein schien und auch keinerlei Er-
    klärungen abgegeben hatte. Was ganz und gar nicht
    Simbas Art war. Wie Zorski hätte auch der schwarze
    Riese noch mit vierzig Grad Fieber und zwei gebroche-
    nen

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