Die Geier
elektrischer Lanze,
die das Zeichen der Aerospatial trug. Diese Tatsachen
waren nicht zu leugnen. Mouss hatte beinahe eine
ganze Woche damit verbracht, den beiden ermordeten
Manifestanten auf die Spur zu kommen. Der erste war,
mit drei Freunden zusammen, bei einem Autounfall auf
der westlichen Umgehungsstraße ums Leben gekom-
men, und der zweite war beim Baden einem Strom-
schlag erlegen, als ein Kofferradio ins Wasser gefallen
war. Ganz offensichtlich waren diese beiden Morde im
geheimen Einverständnis mit der Polizei begangen und
von der Z.S.A. als Unfalltode getarnt worden.
Der zweite Teil seiner Überlegung war genauso wich-
tig wie der erste und betraf den Pseudo-Selbstmord des
Journalisten, der diese Bilder geknipst hatte. Mouss
zweifelte keine Sekunde daran, daß der Fotograf von
den Sammlern überrascht und anschließend aus dem
Fenster geworfen worden war. Blieb also nur noch her-
auszufinden, ob seine Mörder wußten, daß es ihm ge-
lungen war, einem Hausbewohner, in diesem Fall Syl-
vie, den Film anzuvertrauen . . . In dem Fall, daß der Journalist vorsorglich einen leeren Film eingelegt hatte,
den die Sammler unverzüglich zerstören konnten,
mußte die Z.S.A. sich in Sicherheit fühlen. Aber es gab
auch noch zwei andere Möglichkeiten. Der Fotograf
hatte keinen anderen Film eingelegt, oder die Sammler
hatten den leeren Film entwickeln lassen. In diesen bei-
den Fällen mußte die Z.S.A. nun eifrigst damit beschäf-
tigt sein, den Film zu suchen, der vor jedem Gericht
zwangsläufig ihre Schuld beweisen würde.
Die Vorstellung, einen riesigen landesweiten Skandal
zu verursachen und derjenige zu sein, der eine myste-
riöse, von der Polizei und den Z.S.A.-Sammlern ange-
zettelte Verschwörung aufdeckt, begann Mouss zu be-
geistern. Doch seine Angst dämpfte diese kindliche
Aufregung gehörig. Plötzlich fühlte er sich bedroht und
entsetzlich schwach. Es würde den Geiern nicht
schwerfallen, Sylvie ausfindig zu machen und sie zum
Reden zu bringen. Allerdings ging es Sylvie blendend.
Sie hatte das unschickliche Verschwinden ihres Gelieb-
ten längst überwunden und sich unverzüglich einen
neuen gesucht. Alles schien darauf hinzudeuten, daß
die Z.S.A. glaubte, die Sache mit dem unerwünschten
Fotografen sei endgültig erledigt ...
Dann wurde Mouss mit einem Mal bewußt, daß seine
Wohnung mit den an den Wänden befestigten Doku-
menten zu einer wahren Goldgrube geworden war. Er
hatte sich über die Z.S.A., ihr Kapital und ihre Unter-
stützung aus dem Ausland erkundigt und war zu dem
Schluß gekommen, daß er den Coup trotz aller Gefahr
wagen sollte. Wenn er keinen Fehler beginge, wäre
seine Zukunft gesichert ...
Die Versuchung war groß, und Mouss konnte ihr
nicht widerstehen.
Das erste Foto schickte er an Steve Odds in die
Z.S.A.-Zentrale. Die geforderte Summe stand hinten
auf dem Bild. Sämtliche Negative des Films sowie die
von ihm angelegte Akte vertraute er einem Anwalt an,
der auf das Urheberrecht spezialisiert war und den er
bat, die Unterlagen im Falle seines plötzlichen Todes ei-
nem gewissen David Toland auszuhändigen. Der An-
walt kassierte dreitausend Francs und verstaute alles in
seinem Safe.
Mouss war bereit, Millionär zu werden ...
Die aparte Vanessa Belon drückte auf den Knopf der
Sprechanlage. Alexander Sirchos saß an seinem
Schreibtisch und studierte einen Computerbericht. Der
Apparat gab einen leisen Piepston von sich. Verärgert
schob der Milliardär seine Aufzeichnungen beiseite und
hob den Hörer ab.
»Ja?«
»Doktor Zorski möchte Sie sprechen«, sagte die Se-
kretärin.
Sirchos lächelte zufrieden. Es lief also alles so, wie er
es sich vorgestellt hatte.
»Stellen Sie das Gespräch durch«, sagte er und be-
trachtete die wie Perlmutt schimmernden Rundungen
seiner Fingernägel.
Sogleich ertönte Zorskis helle Stimme durch den Ap-
parat:
»Monsieur Sirchos!«
»Wie geht es Ihnen, Doktor Zorski?« fragte der Mil-
liardär scherzhaft.
»Schlecht. Die Presse fällt über mich her, das Central
Hospital hat uns sämtliche Forschungskredite gestri-
chen ...«
»Ich weiß«, antwortete Sirchos.
Einen Moment Stille am anderen Ende der Leitung.
»Was gedenken Sie zu tun?« fragte der Milliardär.
Zorski zögerte. Zwar kannte er die Klauseln ihrer
Vereinbarung ganz genau, doch er sträubte sich dage-
gen, schon jetzt darauf zurückzugreifen.
»Ich habe meinen Rücktritt eingereicht.«
»Eine
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