Die Geier
schnitt eine Grimasse.
»Nun, es gefällt mir ganz und gar nicht. Weißt du,
bisher hatte ich nicht gerade das Gefühl, illegal zu arbeiten.«
Merklich verstimmt schüttelte er den Kopf.
»Mark«, fuhr er mit klagender Stimme fort, »ich bin
ein Spezialist in der Herzchirurgie, der eine neue
Transplantationsform erforscht. Aber ich habe keine
Lust, zu einem Paria zu werden. Ich will ein amerikani-
scher Arzt bleiben, und wenn unsere Experimente in
der Öffentlichkeit auf Widerstand stoßen ...«
Wütend schlug Zorski mit der Hand auf das Telefon.
»Alles Neue stößt doch in der Öffentlichkeit auf Wi-
derstand!« brüllte er. »Von der Erfindung der Elektrizi-
tät bis hin zur Atomenergie, von der Windkraft bis hin
zur Quarzuhr, vom Aspirin bis zur Dialyse, alles Neue
macht den Menschen Angst! Wir müssen kämpfen,
ständig kämpfen, wir müssen uns dieser Massenhyste-
rie widersetzen, die jede revolutionäre Entdeckung aus-
löst! Das ist nun mal unser Schicksal, Armyan, daran
können wir nichts ändern. Muß ich dich daran erinnern,
wo wir stehen? Herztransplantation? Ein Mißerfolg!
Künstliches Herz? Ein Mißerfolg! Die Wahrheit ist doch,
daß wir diesen verdammten Muskel einfach nicht erset-
zen können. Also müssen wir den ganzen Körper erset-
zen. Mein Gott, du warst doch genauso begeistert wie
ich! Du warst bereit, für dieses Projekt alles andere auf-
zugeben, und nun plötzlich erzählst du mir, daß du ein
amerikanischer Arzt bleiben willst. Was soll dieser Un-
sinn?«
In einem Zug leerte Simba sein Glas Sprudelwasser.
Er schnalzte mit der Zunge und starrte seinen Kollegen
an.
»Du solltest alle diese Artikel über uns einmal lesen,
Mark«, murmelte er. »Manche davon stimmen mich
nachdenklich.«
»Ich will mit dieser Scheiße nichts zu tun haben!«
brummte Zorski. »Ich weiß nur eins: Wir sind bereit, die
Transplantation zu versuchen. Das sind wir wirklich,
oder?«
Simba nickte.
»Ja, das sind wir ... technisch gesehen«, fügte er hin-
zu. »Weißt du, als Jugendlicher konnte ich Einstein nie
verzeihen, daß er die militärischen Auswirkungen sei-
ner Entdeckungen nicht bedacht hatte, und bis heute
glaube ich, daß die Wissenschaftler eine gewisse
menschliche Ethik respektieren und Intelligenz bewei-
sen, ganz einfach Intelligenz beweisen müssen. Ich bin
überzeugt, daß Einstein glaubte, dem Menschen zu hel-
fen, aber er hat sich geirrt. Ich bitte dich, mir ganz einfach nur zu erklären, wie du das Problem des Spenders
lösen willst. Angenommen, der Organspender ist der-
jenige, der den Körper liefert, wo sollen wir diesen
Spender finden? Sind es die Selbstmörder, die sich eine
Kugel in den Kopf jagen? Die Geisteskranken? Oder
sollen sie regelrecht gezüchtet werden? Wir müssen uns
den Tatsachen beugen, Mark. Mit Ausnahme der Ver-
letzten gibt es keine natürlichen Spender.«
Zorski verzog den Mund.
»Zwischen dem heftigen Willen zum Erfolg und dem
Wechsel von Vertrauen und Erschöpfung scheint dieses
Licht zugleich ganz nahe und unendlich weit entfernt
zu sein«, seufzte er. »Komm mir nicht mit Einstein! Mit
seinen Schriften kann ich deinen dümmlichen Überle-
gungen genau das Gegenteil beweisen.«
Plötzlich zeigte er anklagend mit dem Finger auf sei-
nen Freund.
»Ich werde dir genau sagen, wovor du dich fürchtest.
Trotz deiner ungezwungenen Haltung, trotz deiner
verblüffenden Kleidung und deines Luxuswagens ist
dir sehr viel an deiner neuen Ehre gelegen. Doktor Ar-
myan Simba, der berühmte Herzmechaniker. Denn ge-
nau das ist es, was du ewig bleiben wirst: ein Mechani-
ker. Ein guter Handlanger der Herzchirurgie. Diese ver-
fluchten Artikel haben dir Angst gemacht, weil in ihnen
von Hexern die Rede ist. In deinem Kopf gibt es keine
klare Trennung. Armyan, ich sage dir, was passiert:
Deine Wurzeln fressen dein Wissen auf. Du hast Angst,
weil du ein Schwarzer bist.«
Simba zog die Nase hoch und fühlte sich merklich
unwohler. Zorski verstand es, die psychologischen
Schwachpunkte seines Gesprächspartners ebenso
schnell herauszufinden wie die Schwächen eines
Herzmuskels oder eine Venenverstopfung.
»Aber das ist noch nicht alles, Mark«, flüsterte Simba
und senkte den Blick.
»Sprich dich aus!«
»Ich habe Junior gebeten, auf deinen Wunsch hin
Verbindung mit dem Miami Hospital aufzunehmen ...«
Er machte eine kurze Paue, bevor er fortfuhr:
»Du kannst dir nicht vorstellen, wie begeistert er war!
Es
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