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Die Geisel des Löwen: Historischer Roman (German Edition)

Die Geisel des Löwen: Historischer Roman (German Edition)

Titel: Die Geisel des Löwen: Historischer Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ricarda Jordan
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Streit zu provozieren, vielleicht aber auch, weil sie inzwischen mehr über die Regeln der Gesellschaft wusste, in der sie lebten. Sie konnte nicht mehr davon träumen, mit ihm zu fliehen und sich irgendwo eine Hütte zu bauen. Auf einer Insel wie Rujana unter einem »König« wie Tetzlav mochte es möglich sein, dass ein Ritter ein Küchenmädchen heiratete. Dort zogen Fischer und Fürsten gemeinschaftlich auf Kaperfahrt nach Handelsschiffen, oder man besserte sein Einkommen auf, indem man einen Streifzug nach Dänemark machte und dort plünderte und raubte. Doch hier in Sachsen waren die Grenzen zwischen den Bevölkerungsschichten undurchlässig – ein Ritter ohne Land konnte sich seinen Unterhalt nur verdienen, indem er sich als Kämpfer verdingte. Ein freies und nicht zu schlechtes Leben, Frau und Kinder hingegen blieben einem Fahrenden verwehrt.
    »Aber jetzt bleibst du erst mal hier?«, vergewisserte sich Amra. Das schien ihr vorerst das Wichtigste. Wenn sie nur eine Schulter zum Anlehnen hätte, nur einen geliebten Menschen, mit dem sie reden könnte, würde sie das Leben am Hof leichter ertragen.
    Magnus nickte. »Ich werde ganz sicher nicht gegen meinen Oheim in den Krieg ziehen«, stellte er klar. »Sollten sich allerdings andere Feldzüge ergeben … Ich würde alles versuchen, um mich auszuzeichnen. Unter deinem Zeichen, du weißt …«
    Amra schob sich das feuchte Haar aus dem Gesicht. »Ich weiß, dass du mich nur heiraten kannst, wenn du ein Lehen bekommst, aber wenn du tot bist, sieht es auch nicht gut für uns aus«, bemerkte sie. »Es wäre mir lieber, du bliebest Gefechten fern.«
    Magnus lachte. Er meinte zu sehen, wie es hinter ihrer Stirn arbeitete.
    »Vielleicht kann ich ja auch irgendetwas für dich tun«, fuhr sie schließlich fort. »Es werden doch immer wieder Hofämter vergeben, nicht? Ich könnte dich geschickt ins Gespräch bringen. Als Waffenmeister für die Knappen vielleicht oder als Stallmeister. Ich … ich werde einfach versuchen, in Zukunft etwas netter zum Herzog zu sein.«
    Amra errötete, doch sie wirkte entschlossen. Und Magnus fühlte brennende Scham, als er sie noch einmal umarmte und küsste. Wollte er wirklich zusehen, wie sie sich um seinetwillen an Heinrich verkaufte?

Kapitel 10

    A mras Leben wurde nicht leichter, nachdem Magnus zurück war, aber allein der Gedanke an ihre heimlichen Treffen, an seine Küsse und kleinen Zärtlichkeiten heiterte sie auf. Wenn sie wusste, dass sie Magnus später im Garten oder in der Falknerei sehen würde, ertrug Amra Mathildes Sticheleien und Tadel leichter, und wenn sie erkannte, dass er unter den Rittern saß, erstarrte sie am Ehrentisch des Herzogs nicht unter Heinrichs glühenden und Mathildes hasserfüllten Blicken. Jetzt, im Winter, fand Heinrich seltener Gelegenheiten, sich zur Jagd oder zu Ausritten mit Amra zu treffen. Kein Mensch hätte ihm geglaubt, den Falken seiner Frau trainieren zu wollen oder bei einem Ritt durch Hagel und Schnee Zerstreuung zu suchen. Dennoch ließ er nicht wirklich ab von Amra, sondern umwarb sie immer offener. Es schien ihm gleich zu sein, ob Mathilde zusah, wenn er ihr schmeichelte. Nach wie vor suchte Heinrich der Löwe das Bett seiner kindlichen Gemahlin nicht auf, doch niemand konnte von ihm verlangen, dass er allein schlief. Er schien auch von Mathilde zu erwarten, dies zu akzeptieren.
    Amra weigerte sich allerdings immer noch, dem Herzog mehr zu erlauben als Schmeicheleien. Er versuchte neuerdings, ihr Küsse zu rauben, und sie mochte ihn nicht gänzlich abwehren. Aber sie fand doch weiterhin Ausflüchte, wenn sein Diener mit erneuten Einladungen erschien. Der liebeshungrige Herzog verwöhnte Amra mit immer neuen Geschenken. Das letzte bestand aus einer fein geschmiedeten goldenen Gürtelschnalle, die das Abbild eines Falken und das eines Löwen zeigte. Indem man sie schloss, fügte man die beiden in trauter Gemeinschaft zusammen. Amra war dieses Schmuckstück zu anzüglich, die Anspielung zu offensichtlich. Sie trug die Schnalle denn auch niemals, lehnte das Geschenk aber nicht ab. So schlecht sie sich dabei fühlte – ihre Schmuckschatulle füllte sich, und sie hoffte, dass ihr neuer Reichtum eines Tages hilfreich sein würde. Wenn sie genug Gold zusammenhatte, konnte sie Magnus bitten, mit ihr zu fliehen. Andererseits wusste sie natürlich, dass Heinrich eine Gegengabe erwartete. Sehr lange würde sie ihn nicht mehr hinhalten können, Mariana machte ihr jetzt schon Vorhaltungen.
    »Ein

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