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Die Geisel des Löwen: Historischer Roman (German Edition)

Die Geisel des Löwen: Historischer Roman (German Edition)

Titel: Die Geisel des Löwen: Historischer Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ricarda Jordan
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Taschen aus. Sie behielt nur ein Geschenk Herzog Heinrichs, die Fibel in Form des silbernen Falkenkopfes. Von der Gürtelschnalle mit dem Falken und dem Löwen trennte sie sich aufatmend. Sie wollte nichts mehr mit dem Herzog zu tun haben, und ebenso wenig mit seiner kaltherzigen kleinen Gemahlin. Amra konnte verstehen, dass man sich ihrer entledigen wollte, aber Mariana hatte es nicht verdient, einfach vergessen zu werden.
    Amra stellte die Kiste wieder an ihren Platz, streichelte dem Hund den Kopf und lief hinaus. Außer Atem erreichte sie die Räume der konsternierten Äbtissin.
    »Schwester Anna Maria, so geht es nicht. Du kannst nicht einfach so …«
    »Hier!«, sagte Amra und leerte ihre Taschen auf das Pult der verwunderten Oberin. Mariana blickte ungläubig. »Das wird sicher reichen für einen Platz in Eurem Gästehaus, einen warmen Platz. Frau Mariana ist nicht mehr die Jüngste, wie Ihr ja schon angemerkt habt.«
    »Kind …«, murmelte Mariana, »Kind, aber das …«
    »Das ist der Schmuck, den Frau Mariana von ihrem heidnischen Ehemann erhielt. Die Burg Arkona war reich!«, erklärte Amra trotzig. »Also nehmt davon so viel, wie nötig ist, Ehrwürdige Mutter, und weist Frau Mariana eine Wohnung an, die ihrem Stand entspricht.«
    Die Äbtissin murmelte etwas Unverständliches, aber Amra wusste, dass sie das Gold nicht ablehnen würde. Schließlich dankte sie Mariana förmlich, hieß sie als ständigen Gast ihres Klosters willkommen und versprach, sogleich eine Ordensfrau mit ihrer Begleitung ins Gästehaus zu beauftragen.
    »Man wird Euch ein angemessenes Abendessen zuteilen«, fügte sie kühl hinzu. »Schwester Anna Maria hingegen wird infolge ihrer unerlaubten Alleingänge zu spät zum gemeinsamen Nachtmahl der Schwestern kommen und damit davon ausgeschlossen werden. Es tut mir leid, Schwester Anna Maria, aber du wirst unsere Regeln sehr bald erlernen.«
    Amra enthielt sich einer Antwort, doch aus ihrem Schweigen sprach eher Verstocktheit als Demut.
    »Amra, ich weiß nicht, was ich sagen soll«, flüsterte Mariana, als die Oberin die beiden Frauen schließlich entließ. Auf Mariana wartete Schwester Agatha, um sie ins Gästehaus zu führen, auf Amra die Kammerschwester für die Einkleidung. »Das war doch dein Gold, dein …«
    Amra zuckte die Schultern. »Ich habe nichts dafür getan«, erklärte sie entschlossen. »Der Herzog hat gezahlt, ohne die erwünschte Ware zu erhalten. Insofern steht mir kaum etwas davon zu.«
    Mariana zog die junge Frau spontan in die Arme. »Gott wird es dir vergelten, Kind.«
    Amra wehrte sie bestimmt ab. »Ihr braucht mir nicht zu danken«, sagte sie. »Und von Gott – welchem auch immer – erwarte ich ebenso wenig!«

Kapitel 3

    A mra folgte der Kammerschwester, einer rundlichen, freundlichen kleinen Frau, in eine Kleiderkammer. Schwester Gotlind händigte ihr hier den Habit aus, Unterkleid und Tunika aus schwarzer, grob gewebter Wolle, einen Gürtel, aus einem Strick gemacht, und einen weißen Schleier, der sie als Novizin kennzeichnete.
    »Du darfst ein leinenes Hemd tragen, wenn du ein solches besitzt«, erklärte die Schwester, was Amra aufatmend zur Kenntnis nahm.
    Der Stoff des Habits kratzte derart, dass sie es kaum ertragen konnte. Allerdings hatte sie nur ein Hemd aus Braunschweig mitgenommen – wenn sie es hier Tag für Tag trug, würde es bald verschlissen sein.
    »Ist das … trägt man nur als Novizin so grob gewebtes Zeug?«, erkundigte sie sich schließlich.
    Das Gewand war aus ungefärbter Wolle von schwarzen Schafen. Amra hatte sowohl an Schwester Agatha wie auch an der Mutter Oberin deutlich feinere Stoffe gesehen. Auch Schwester Gotlinds Habit war tiefschwarz, bestand also aus gefärbtem Tuch.
    Schwester Gotlind lachte. »Nein, Schwester, du darfst dir gern auch ein feineres Gewand anmessen lassen, das gehört zu unseren Freiheiten als Kanonissen. Allerdings …«
    »… allerdings muss ich es selbst bezahlen«, vervollständigte Amra den Satz der Schwester. Sie begann zu verstehen, wie es im Kloster zuging. »Wie ist es … mit den Kemenaten?«
    Die Schwester lachte wieder. »Wir sind angehalten, im Dormitorium gemeinsam zu nächtigen. Du kannst dir eigene Räume anweisen lassen, wenn du selbst dafür aufkommst.«
    Amra nickte. Genau das hatte sie geahnt. Und Heinrich musste es gewusst haben. Sie ballte vor Zorn die Fäuste. Wie es aussah, würde sie ganz unten in der Hierarchie der Ordensfrauen stehen – und das nicht nur, weil sie erst

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