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Die Geisel des Löwen: Historischer Roman (German Edition)

Die Geisel des Löwen: Historischer Roman (German Edition)

Titel: Die Geisel des Löwen: Historischer Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ricarda Jordan
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hier gab es nichts auszusetzen. Nach zweieinhalb Jahren im Kloster wusste die junge Frau zu verhindern, dass ihr Rock durch den Mist schleifte und dass sich Strähnen ihres roten Haars unter dem Novizenschleier hervorwagten.
    »Schwester Anna Maria? Die Mutter Oberin hat mich gesandt, dich zu holen. Bitte folge mir in ihr Amtszimmer«, gab die Novizenmeisterin knapp Anweisung.
    Amra wunderte sich. Für Botendienste wurden die älteren Schwestern eigentlich nie herangezogen.
    »Es ist sicher im Sinne der Mutter Oberin, wenn ich dir mitteile, dass man dich selbstverständlich zu nichts zwingen kann«, bemerkte die Novizenmeisterin, als Amra ihr rasch durch den Kreuzgang folgte. »Es geht um deine unsterbliche Seele, vergiss das nicht. Der Orden wird dich unter allen Umständen beschützen, wenn du …«
    Sie sprach nicht weiter, als sie das Amtshaus erreichten und in den Korridor zum Schreibzimmer der Äbtissin traten. Die Novizenmeisterin klopfte an die Tür.
    »Gelobt sei Jesus Christus!«, rief die Äbtissin von innen, ein Gruß, an den Amra sich bis heute nicht hatte gewöhnen können.
    »In Ewigkeit Amen«, antwortete die Novizenmeisterin, während sie die Tür öffnete und Amra vor sich hineinschob.
    »Hier ist die Schwester, Ehrwürdige Mutter«, sagte sie ruhig. »Und ich habe ihr bereits gesagt …«
    »Ihr habt es ihr schon gesagt?«
    Verwundert hörte Amra eine Männerstimme – und erkannte dann Magnus’ Freund Heribert, der vor der Äbtissin stand wie ein Bittsteller. Anscheinend hatte man ihm keinen Platz angeboten. Jetzt trumpfte er allerdings auf.
    »Sie sollte es von mir hören, als Herrn Heinrichs Bote, ich …«
    »Wenn es etwas gibt, das meine Schwestern erfahren müssen, so hören sie es von mir, Herr Ritter!«, erklärte Mutter Clementia kalt. »Herr Heinrich hat mir diese junge Seele anvertraut, und ich bin nach wie vor bereit, sie zu behüten und für Gott zu verwalten. Schwester Adelheid hat ihr selbstverständlich noch nichts über Euren … hm … Auftrag berichtet, das fällt allein mir zu. Anna Maria, Kind, tritt näher.«
    Amra ging besorgt auf den voluminösen Tisch zu, hinter dem die Äbtissin thronte. Sie ahnte nichts Gutes. Aber andererseits hatte Mutter Clementia noch nie in so freundlicher Manier das Wort an sie gerichtet.
    »Ich kann dir zunächst versichern, dass es allein deine Entscheidung ist«, erklärte die Oberin, wie es auch schon die Novizenmeisterin getan hatte. »Der Orden steht hinter dir, du bist allein Gott und deinen Ordensoberen zu Gehorsam verpflichtet, keinem weltlichen Fürsten. Hast du das verstanden?«
    Amra nickte verunsichert.
    »Nun lasst mich doch erst einmal reden!«, warf Ritter Heribert ein. »Sie muss doch wenigstens wissen …«
    Die Äbtissin brachte ihn mit einem strengen Blick zum Schweigen. »Der Ritter hier wurde von Herzog Heinrich entsandt, um dir einen Antrag zu überbringen. Herr Heinrich wünscht, dich zu verheiraten.«
    »Was?«
    Amra konnte nicht an sich halten. Sie hatte mit allem gerechnet einschließlich der Verbannung in ein anderes, noch strengeres Kloster. Aber eine so plötzliche Befreiung …
    »Mit … mit wem?«
    Ihr Herz klopfte heftig, als sie an Magnus dachte. Hatten sich Heinrich und König Waldemar womöglich versöhnt? War Magnus vielleicht mit einem Hofamt bedacht worden oder einem großen Lehen, das es ihm erlaubte, mit dem Rückhalt des Königs noch einmal einen Vorstoß zu wagen, mit Amra vermählt zu werden?
    »Mit Herrn Niklot von Mikelenburg«, erklärte Heribert rasch, bevor die Äbtissin weitersprechen konnte. »Dem Bruder des Fürsten Pribislav. Herr Niklot und Herr Pribislav waren dem Herzog eine große Hilfe, als es darum ging, König Waldemar zur Herausgabe der Erträge des Feldzugs nach Rujana zu überreden.«
    Amra hätte beinahe gelächelt. Heribert drückte sich aus, als hätte es sich um eine Art diplomatische Mission gehandelt. Während die Slawenfürsten doch eher Angst auf den dänischen Inseln verbreitet hatten, um Waldemar in die Knie zu zwingen.
    »Dieser Streit ist nun geschlichtet. König Waldemar hat sich bereit erklärt, die Hälfte des Schatzes und die Hälfte der Erlöse aus dem Verkauf der Geiseln an Herrn Heinrich abzutreten. Herr Heinrich möchte sich zu diesem Anlass dankbar seinen Lehnsleuten Niklot und Pribislav gegenüber erweisen, und wenn Ihr zustimmt, Frau Amra, so würde er Euch gern mit Fürst Niklot vermählen. Der Fürst verfügt über große Lehnsgüter, er ist reich und mächtig,

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