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Die Geisel des Löwen: Historischer Roman (German Edition)

Die Geisel des Löwen: Historischer Roman (German Edition)

Titel: Die Geisel des Löwen: Historischer Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ricarda Jordan
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Zustimmung der Braut. Der Bischof würde Amra vor der gesamten Gemeinde fragen, ob sie Niklot wirklich zum Mann nehmen wolle. Aber was würde geschehen, wenn sie Nein sagte? Wie konnte sie das begründen? Sollte sie sagen, dass sie nun doch ins Kloster wolle? Dann würde der Bischof sie vielleicht schützen. Ein wutschnaubender Herzog Heinrich würde sie jedoch in den finstersten Konvent seiner Hoheitsgebiete verbannen, und davor graute es ihr fast ebenso wie davor, Niklot beiliegen zu müssen. Außerdem war es keineswegs sicher, dass der Fürst ihr Nein akzeptieren würde. Sie hatte seinen Stolz heute schon verletzt. Wenn sie es morgen noch einmal und in aller Öffentlichkeit tat, kannte er vielleicht kein Halten mehr. Amra musste den Tatsachen ins Auge sehen: Unberührt kam sie aus dieser Burg nicht mehr heraus, womöglich würde Niklot sie sogar gleich schwängern. Sie fragte sich, was man im Kloster mit einer Schwangeren anfing, und brachte zum ersten Mal tiefes Verständnis für Barbaras verzweifelte Tat auf.
    Irgendwann in den frühen Morgenstunden kam Amra zu dem Schluss, dass ihr nichts anderes blieb, als sich in ihr Schicksal zu ergeben. Sie konnte nichts anderes tun, als Niklot zum Mann zu nehmen und seine brutalen Zugriffe zu erdulden. Vielleicht verlor er ja bald die Lust an ihr, wenn sie sich unbeteiligt und kühl zeigte – und frömmlerisch. Eine Betschwester fürchtete er ja, sie würde ihm also zeigen, wie anhaltend sie beten konnte! Nach drei Jahren im Kloster kannte sie sämtliche Psalmen auswendig. Sobald Niklot sich ihr näherte, würde sie laut zu beten beginnen.
    Schon früh, zur Morgenmesse, erschien Relana, um Amra zu wecken. »Ich hoffe, du hast etwas schlafen können«, sagte sie freundlich besorgt. »Dieser Auftritt gestern tut mir leid. Niklot hätte sich wirklich beherrschen können. Aber ich hatte dich ja gewarnt: Die Männer in dieser Familie führen sich etwas … ungebärdig auf.«
    Amra nickte erschöpft und folgte ihrer künftigen Schwägerin in die Kapelle der Burg. Wuff begrüßte sie freudig, als sie aus dem Haus trat. Eine der Mägde hatte ihn am Abend zuvor auf Relanas Geheiß in die Ställe gebracht und Amra versichert, sie werde ihn füttern und ihm ein Strohlager bereiten. Amra atmete auf, als er sich jetzt wohlauf zeigte. Zumindest um das Tier musste sie sich also nicht sorgen. Sie streichelte Wuff und sagte ihm ein paar freundliche Worte. Für mehr blieb keine Zeit, sie musste die Messe durchstehen und sich dann von Relana und ihren Frauen beim Ankleiden und Frisieren für die Hochzeitsfeier helfen lassen.
    Relana schenkte ihr einen mitleidigen Blick. »Es hilft ein bisschen, wenn man Gott um Beistand bittet«, raunte sie ihr ermutigend zu, als sie in den harten Bänken niederknieten. »Früher haben wir die Göttin Mokuscha angerufen, wenn die Männer zu … zu heftig wurden. Und jetzt beten wir zur … Mutter Maria.«
    Relana sprach es nicht aus, doch Amra wusste, dass die Mutter Maria verglichen mit Mokuscha nicht mehr als ein sanftes Schaf war. Das Heiligtum der Göttin auf Rujana war ein dunkler See voller machtvoller Geheimnisse. Amra hatte Geschichten gehört, in denen Mokuscha die Gestalt einer wild gewordenen Bache annahm, um eine geschändete Jungfrau zu rächen. Der gewalttätige Mann starb dann auf der Jagd unter ihren Hauern. Aber vielleicht waren ja auch das nur tröstliche Legenden. Amra konnte nicht mehr glauben, dass es Götter gab, die sich um die Belange der Sterblichen sorgten.
    Magnus und seine Männer verschliefen die Morgenmesse und verbrachten den Vormittag damit, die Pferde zu putzen. Die dänische Abordnung war als Eskorte des Bräutigams zur Kirche eingeteilt, und Magnus wollte Eindruck machen. Auch Vaclavs Männer hielt er energisch zur Pflege ihrer Rüstungen und ihrer Tiere an, als die Ritter sich endlich im Stall sehen ließen. Vaclav selbst war noch nicht aufgetaucht, Magnus nahm an, dass er gleich im Rittersaal eingeschlafen war, wo er noch lange mit den Obodritenfürsten gezecht hatte. Magnus befahl also einem seiner jungen Ritter, Vaclavs Harnisch zu polieren. Bis zur Hochzeit sollte er seinen Rausch wohl ausgeschlafen haben.
    Tatsächlich kämpfte Vaclav von Arkona an diesem Morgen nicht so sehr mit den Folgen seiner Trunkenheit, sondern haderte eher mit dem Schicksal. Im Laufe der letzten Nacht hatte man ihm natürlich auch von der Braut erzählt, und Vaclav hatte aufgehorcht, als Niklot Trinksprüche auf seine ranische Prinzessin

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