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Die Geisel des Löwen: Historischer Roman (German Edition)

Die Geisel des Löwen: Historischer Roman (German Edition)

Titel: Die Geisel des Löwen: Historischer Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ricarda Jordan
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    E rst als Amra sich wieder über den Hof tastete, fiel ihr ein, dass sie vergessen hatte, Magnus nach Vaclav zu fragen. Aber auch so hatte Magnus’ kurze Bemerkung über ihn offenbart, dass zwischen den Männern nicht das beste Verhältnis bestand. Vielleicht hatte es also gar nichts mit Amra zu tun, dass er Magnus beschuldigt hatte. Sie klammerte sich an diese Hoffnung, aber sie verlor sie schnell wieder, als sie nun dem Licht in der Burgkapelle zustrebte. Vaclav trat eben aus dem Gotteshaus. War er auf der Suche nach ihr? Amra wollte sich rasch ins Dunkel des Burghofs zurückziehen, er hatte sie jedoch schon gesehen.
    »Schau einer an, Amra! Was machst du hier? Ich wähnte dich in deiner Kemenate, wenn du schon nicht tränenüberströmt am Lager deines Versprochenen wachst.«
    »Ich sehe keinen Grund, um Fürst Niklot Tränen zu vergießen«, bemerkte Amra. »Ich kannte ihn kaum, und was ich von ihm wusste, hat mich nicht gerade zu ihm hingezogen. Was hingegen macht Ihr hier, Vaclav von Arkona? Ich wähnte Euch auf Rujana, Ihr gehört doch zur Familie des Fürsten.«
    Amra interessierte sich nicht dafür, was Vaclav tat und wo er sich herumtrieb, aber sie musste versuchen, dieses Gespräch beiläufig freundlich zu halten.
    Vaclav verzog das Gesicht zu einem freudlosen Grinsen. »Die Mächtigen dieser Welt mögen den Verrat, doch nicht den Verräter. Fürst Tetzlav wollte Arkona ausliefern, um die Svantevit-Priester zu entmachten. Er brauchte jemanden, der das für ihn tat, und dafür kam ich gerade recht. Ein junger Kerl, zu dumm, um zu sehen, wofür man ihn missbrauchte. Am Ende hatte ich auf Rujana nichts als Feinde: den Fürsten, der mir vorwarf, Arkona zu schnell aufgegeben zu haben, die Bürger, die mir die Schuld am Verschwinden der Geiseln gaben – dabei hatten sie selbst darauf bestanden, die Bedingungen König Waldemars anzunehmen! Nicht zuletzt die Priester, die sehr schnell den neuen Gott für sich entdeckten. Es erschien mir ratsam, die Insel für ein paar Jahre zu meiden.« Sein Grinsen wurde jetzt höhnisch. »Und siehe da – es war die richtige Entscheidung. Alles hat sich trefflich gefügt, ich kehre sogar mit der Frau nach Rujana heim, die ich immer wollte.«
    »Ihr seid versprochen, Herr Vaclav?«, fragte Amra, obwohl sie bereits ahnte, worauf es hinauslief.
    Vaclav schob sich näher an sie heran und machte Anstalten, ihr den Arm um die Schultern zu legen. »Noch nicht, meine Schöne, aber ich hoffe doch sehr, dass sich da bald etwas ergibt. Da Magnus von Lund ja die Freundlichkeit hatte, meine Auserwählte von ihrem versprochenen Gatten zu befreien – wofür ich ihm größten Respekt zolle, ich hätte es nicht versucht, meine wunderschöne Amra … Nur wusste ich gar nicht, dass da irgendetwas war zwischen dir und dem guten Herrn Magnus! Abgesehen von deiner kindlichen Schwärmerei mit den bekannten verhängnisvollen Folgen. Der Mann tut dir nicht gut, Amra. Erst sorgt er dafür, dass du versklavt wirst …«
    »Dafür hat ja wohl ein anderer gesorgt!« Amra tauchte rasch unter Vaclavs Arm her und strebte der Kapelle zu. »Und wie kommt Ihr darauf, ich könnte einen Heiratsantrag von Euch annehmen? Ich stehe wohl immer noch unter der Munt Heinrichs des Löwen.«
    Vaclav lachte. »Das sei dahingestellt. Vielleicht unterstehst du ja jetzt Herrn Pribislav, du hättest immerhin beinahe seinen Bruder geehelicht. Und Herr Pribislav dürfte mir sehr verbunden sein, schließlich habe ich dafür gesorgt, dass der Mörder seines Bruders am Galgen enden wird. Ihm selbst wäre die Sache mit der Kirchenschändung nie eingefallen!«
    Selbstgefällig grinste er Amra an, erlaubte ihr jetzt aber immerhin, wieder in die Kapelle zurückzukehren. Sie dachte fieberhaft nach, während sie eine Totenmesse nach der anderen über sich ergehen ließ. Es musste eine Möglichkeit geben, mit Magnus zu fliehen!
    Fürst Pribislav hätte Magnus zwar am liebsten gleich abgeurteilt – ihm hätte eine Entscheidung des Bischofs genügt, um ihn umgehend zu hängen –, Berno von Schwerin kam allerdings zu Ohren, dass es sich bei dem jungen Mann nicht nur um einen Verwandten des Dänenkönigs handelte, sondern auch um einen langjährigen Ritter Heinrichs des Löwen. Heribert, der ihm dies mitteilte, verzichtete darauf zu erwähnen, dass sich Fürst und Ritter nicht unbedingt in Freundschaft getrennt hatten. Der Bischof beschloss daraufhin, Herzog Heinrich und König Waldemar erst einmal von der Verfehlung des jungen Ritters

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