Die Geisel des Löwen: Historischer Roman (German Edition)
… wenn Ihr es so wollt, werde ich mich heute in ihre Arme begeben. Ich fürchte mich nicht davor. Lasst nur diese Frauen frei. Sie haben nichts, aber auch gar nichts getan.«
Vaclav stieß wütend die Luft aus. »Dazu will ich sie erst mal selbst befragen«, meinte er knapp. »Im Übrigen fehlt eine. Wo ist Amra, Hexe? Und wo ist der Dorfvorsteher, ihr feiner Gemahl?«
Er stieß Katica mit seinem Schwert an, die Ritter saßen noch immer auf ihren Pferden. Katica fasste an ihre Schulter, aber auf ihrem dunklen Kleid war kein Blutfleck zu erkennen.
»Ihr werdet Amra nicht bekommen«, sagte Katica mit fester Stimme. »Glaub mir, ich wüsste es. Für Amra wurde in den Spiegel gesehen.« Sie warf den zusammengetriebenen jungen Frauen und Mädchen einen beschwörenden Blick zu, sie mussten merken, dass sie den Namen ihrer Tochter nicht erwähnte. »Auch Euer Besuch kommt nicht überraschend, ich bin vorbereitet. Denn ausgerechnet Ihr, meine ach so christlichen Ritter, werdet die sein, die der Göttin die letzten Jungfrauen zuführen … Kommt jetzt, ich zeige Euch das Heiligtum.«
Hoch erhobenen Hauptes trat Katica zu den Mädchen und Frauen, küsste jede von ihnen auf die Stirn und führte sie dann an den See. Die Ritter folgten ihnen irritiert. Vaclav schien zu überrascht von Katicas Verhalten, um etwas anderes befehlen zu können.
»Der Hain und die Quelle der Göttin«, sagte Katica schließlich, als sie einen lichten Wald erreichten, der gleich an einer kleinen Bucht des Sees lag.
Vaclav erwachte wieder zum Leben.
»Fällt die Bäume!«, wies er seine Ritter an, die daraufhin sofort mit ihren Schwertern auf die Birken einhieben. Ohne Äxte und Sägen brachte das aber keinen großen Erfolg.
»Es ist egal«, meinte Vaclav schließlich. »Wir werden den Hain später in Brand setzen … Aber nun zu euch, meine Damen, und den heidnischen Spielen, die ihr hier spielt.«
Am Ende der Nacht hatten die jungen Frauen vom Schwarzen See jede Teufelei gestanden, die einer dunklen Gottheit nur einfallen konnte. Lediglich Katica sagte kein Wort, was die Männer ihr auch antaten. Als sie aus ihrem Rausch der Gewalt und der Lust erwachten, war die Quelle rot von Blut, zwischen den Bäumen lagen die geschändeten Körper der Frauen. Eine Blutspur führte allerdings ins Wasser. Katica musste zu ihrer Göttin gegangen sein, als die Männer von ihr abließen und sich anderen Opfern zuwandten.
Vaclav warf einen angewiderten Blick auf die blutigen Leichen. »In den See damit«, wies er die Ritter an. »Man muss sie nicht so finden.«
»Aber der Fürst wird erfahren, dass sie tot sind«, wandte einer der Ritter ein und wusch sich die blutigen Hände.
»Und wenn schon, sie folgten ihrer Priesterin in den See«, meinte Vaclav sorglos. »Nach all dem, was wir über ihren Götzendienst zu erzählen haben – und wir alle können doch bezeugen, dass sie ihre Taten auf sanften Druck hin gestanden –, wird der Fürst ihnen keine Träne nachweinen. Und wir werden zurückkommen. Ihr habt gehört, dass sie von einer Amra gesprochen haben, eigentlich einer guten Frau, die verführt worden ist. Mit der werden wir reden müssen.« Er grinste, wenn auch ziemlich freudlos.
Dass Amra nicht da war, machte ihn zornig, er hätte die Sache lieber gleich gründlich erledigt. Denn so viel die jungen Frauen auch gestanden hatten, zur Gänze war seine Rechnung nicht aufgegangen. Er hatte sich Amra holen wollen – und auf einen Kampf mit Magnus spekuliert. Magnus war ein Ritter, er hätte sich niemals von ein paar Fackeln und Schwertergeklirr einschüchtern lassen. Vaclav brauchte das dann nur noch als Widerstand gegen die Ermittlung gegen Katica auszulegen – und schon hätte er Magnus ungestraft töten können. Genüsslich malte er sich aus, wie er Amra dabei würde zusehen lassen. Das hätte ihr Respekt eingeflößt. Und schließlich hätte er sie mit nach Arkona genommen. Vielleicht hätte er sie sogar so weit brechen können, dass sie Jaromar gegenüber ein Geständnis ihrer Ketzerei abgelegt hätte. Lässliche Sünden natürlich nur … nichts, was ein guter, christlicher Ehemann nicht nachsehen konnte, ein Ehemann, der auch in Zukunft die Kontrolle behielt.
Vaclav seufzte. All das musste nun leider warten, die Frauen hatten ihm verraten, dass Magnus und Amra auf Reisen waren. Vielleicht würde er seinen Plan auch etwas ändern müssen – womöglich war Magnus ja unverschämt genug, um als Dorfvorsteher nach Arkona zu kommen und Klage zu
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