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Die Geisel

Titel: Die Geisel Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Michael Katz Krefeld
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gesehen zu haben, was für sie eine gewisse Erleichterung war.
    Es gab jedoch ein wesentliches Detail, von dem sie der Polizei noch nichts erzählt hatte. Das war seine Stimme. Die harten Konsonanten, die er durch seine knirschenden Zähne hindurch ausstieß, würden ihn verraten.
     
    Einer der Beamten begleitete Maja durch das geschäftige Polizeirevier. Sie gingen ein Stockwerk nach unten zu den Vernehmungszimmern.
    »Hier herein, bitte«, sagte er und hielt ihr die Tür auf.
    Maja war von der relativ großen Personenzahl überrascht, die sich in dem kleinen Raum eingefunden hatte. Außer Katrine und Tom Schæfer waren der Polizeidirektor, ein Vertreter der Staatsanwaltschaft sowie ein Verteidiger anwesend.
    Die Luft im Raum war stickig und die Atmosphäre angespannt. Dennoch bemühten sich alle um ein entgegenkommendes Lächeln, als sie Maja begrüßten.
    »Ich werde gleich den Vorhang zur Seite ziehen«, sagte Katrine. Sie zeigte auf den dunkelblauen Vorhang vor ihnen. »Dann wirst du sechs Personen zu Gesicht bekommen, die im Nebenraum stehen. Du kannst sie sehen, aber sie können dich nicht sehen. Nimm dir genug Zeit und sag uns, ob du einen von ihnen erkennst.«
    »Denken Sie auch daran, dass es genauso wichtig ist, einen eventuellen Verdacht gegen meinen Mandanten zu entkräften. Fühlen Sie sich also nicht gezwungen, irgendeine Person herauszugreifen«, sagte der Anwalt.
    Maja sah ihn an und nickte. Er sah heruntergekommen aus. Ungesund. Sie konnte sich nicht an seinen Namen erinnern, kannte ihn aber von seinen zahlreichen Fernsehauftritten in Verbindung mit schweren Tötungsdelikten.
    »Wäre es möglich, dass die Personen etwas sagen?«, fragte Maja.
    Katrine schaute sie aufmerksam an. »Natürlich. Denkst du an was Bestimmtes?«
    »Nein, aber ich glaube, ich würde seine Stimme wiedererkennen.«
    Katrine zog an einer Schnur, worauf der dunkelblaue Vorhang zur Seite glitt.
    Das grelle Neonlicht hinter der Glasscheibe blendete Maja. Sie zwinkerte. Vor ihr standen sechs Männer in einer Reihe. Sie alle trugen weiße Overalls, hatten blonde Haare und waren circa Ende dreißig. Wäre das Polizeirevier nicht gewesen, hätte es sich um eine Arbeitskolonne oder um eine Gruppe von Performancekünstlern handeln können.
    »Der Anwalt hat das mit der identischen Kleidung gefordert, damit sich keiner besonders abhebt. Lass dir genug Zeit«, sagte Katrine, die hinter ihr stand.
    Maja ließ ihren Blick über die Männer gleiten. Je länger sie sie betrachtete, desto deutlicher traten ihre individuellen Züge hervor. Die ersten drei konnte sie sofort ausschließen, an Nummer vier blieb sie wie gebannt hängen. Sie erkannte seine Nase, die hellen, zurückgekämmten Haare und die Muskeln, die sich unter dem engen Overall wölbten. Sie hatte ihn schon mal gesehen, daran bestand kein Zweifel. Sie drehte den Kopf zu Katrine.
    »Ich erkenne die Nummer vier.«
    Im Raum breitete sich eine leichte Unruhe aus. Der Anwalt blickte mürrisch zu Boden.
    »Nummer vier also?«, fragte der Polizeidirektor und trat einen Schritt vor. Er war ein kleiner, untersetzter Mann mit deutlich zurückweichenden Schläfen, was ihm ein ovales Gesicht verlieh.
    »Ja«, bestätigte Maja und räusperte sich, ehe sie fortfuhr. »Aber es ist nicht der Mann, der mich überfallen hat.«
    Der Verteidiger blickte sofort auf. Er konnte seine Begeisterung nur schwer verbergen.
    »Du bist dir ganz sicher?«, fragte Katrine.
    »Ja«, antwortete Maja. »Ich bin ihm mal zufällig begegnet. Die anderen Männer habe ich noch nie gesehen.«
    Die Nummer vier war einer von Thorbjørn Larsens Patienten. Er war es gewesen, der dem Oberarzt der sexualmedizinischen Abteilung auf dem Gang eine Golfstunde erteilt hatte. Wie hießt er noch gleich? Keld? Kaj? Karl? Sie konnte sich nicht mehr daran erinnern.
    »Dann darf ich mich jetzt mit meinem Mandanten verabschieden«, sagte der Verteidiger und nickte allen zu. Dann öffnete er die Tür und trat auf den Gang.
    »Sie sprachen von neunundneunzigprozentiger Sicherheit«, knurrte der Polizeidirektor.
    Katrine breitete entschuldigend die Arme aus. »Aber das Profil hat genau gepasst, auch sein Verhalten«, entgegnete sie leise.
    »Ich will jetzt Resultate sehen«, sagte er und ging aus der Tür.
    Katrine atmete tief durch und drehte sich zu Maja um. »Ich begleite dich zum Ausgang.«
     
    Sie gingen die Treppe hinauf. Maja warf Katrine einen verstohlenen Blick zu. Unter den Augen hatte sie schwere Tränensäcke, ihre Pupillen

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