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Die Geisha - Memoirs of a Geisha

Titel: Die Geisha - Memoirs of a Geisha Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Arthur Golden
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eine Lügnerin sein soll, habe ich ja noch nie gehört.«
    »Niemand würde auch nur im Traum daran denken, Ihnen so etwas zu erzählen«, behauptete Mameha so leise, als fürchtete sie, daß jemand lausche. »So viele Geishas sind unehrlich! Niemand will die erste sein, die eine Beschuldigung ausspricht. Aber entweder belüge ich Sie jetzt, oder Hatsumomo hat gelogen, als sie Ihnen diese Geschichte auftischte. Es kommt darauf an, welche von uns Sie besser kennen, Doktor, und welcher von uns Sie mehr vertrauen.«
    »Ich begreife nicht, wieso Hatsumomo sich eine solche Geschichte ausdenken sollte, nur weil Sayuri eine Bühnenrolle erhalten hat.«
    »Sie haben doch sicher Kürbisköpfchen kennengelernt, Hatsumomos jüngere Schwester, nicht wahr? Hatsumomo hatte gehofft, daß Kürbisköpfchen eine bestimmte Rolle erhält, aber statt dessen wurde sie Sayuri gegeben. Und ich bekam die Rolle, die Hatsumomo selbst wollte! Aber das ist alles unwichtig, Doktor. Wenn Sie Zweifel an Sayuris Integrität haben, kann ich verstehen, daß Sie es vorziehen, die ekubo, die sie Ihnen schenken möchte, nicht anzunehmen.«
    Der Doktor sah mich lange an. Dann sagte er: »Ich werde einen meiner Ärzte im Krankenhaus bitten, sie zu untersuchen.«
    »Ich käme Ihnen da ja gern entgegen«, erwiderte Mameha, »aber es würde mir Schwierigkeiten bereiten, das zu arrangieren, da Sie sich noch nicht bereit erklärt haben, Sayuris mizuage-Pate zu sein. Und wenn Sie Zweifel an ihrer Integrität haben… nun, Sayuri wird ihre ekubo zahlreichen Herren anbieten. Und ich bin überzeugt, die meisten werden den Geschichten, die sie von Hatsumomo hören, äußerst skeptisch gegenüberstehen.«
    Das schien die Wirkung zu haben, die Mameha sich erhoffte. Dr. Krebs saß eine Weile ganz still da. Dann sagte er: »Ich weiß nicht recht, was ich tun soll. Was ist das Richtige? Ich befinde mich zum erstenmal in einer so merkwürdigen Situation.«
    »Bitte nehmen Sie die ekubo an, Doktor, und denken wir nicht mehr an Hatsumomos törichtes Verhalten.«
    »Ich habe immer wieder von unehrlichen Mädchen gehört, die eine mizuage auf jene Zeit im Monat ansetzen, da ein Mann leicht zu täuschen ist. Ich aber bin Arzt, mich kann man nicht so leicht irreführen.«
    »Aber niemand versucht Sie irrezuführen!«
    Er blieb noch einen Moment sitzen, erhob sich dann mit hochgezogenen Schultern und marschierte, Ellbogen voran, zum Zimmer hinaus. Ich war zu eifrig damit beschäftigt, mich verabschiedend zu verneigen, um zu sehen, ob er die ekubo mitnahm, aber nachdem er und Mameha verschwunden waren, blickte ich zum Tisch hinüber und sah, daß die Schachtel nicht mehr da war.
    Als Mameha meine Bühnenrolle erwähnte, dachte ich, sie habe sich diese Geschichte spontan ausgedacht, um zu erklären, warum Hatsumomo diese Lügengeschichte über mich verbreitete. Daher können Sie sich vorstellen, wie überrascht ich war, als ich am nächsten Tag erfuhr, daß sie die Wahrheit gesagt hatte. Und wenn es nicht direkt die Wahrheit war, so war Mameha jedenfalls fest davon überzeugt gewesen, daß ihre Behauptung sich noch vor dem Wochenende bewahrheiten werde.
    Damals, Mitte der dreißiger Jahre, arbeiteten in Gion annähernd sieben- bis achthundert Geishas, und da in jedem Frühjahr für die Aufführung der Tänze der Alten Hauptstadt nicht mehr als sechzig gebraucht wurden, zerstörte der Konkurrenzkampf um die Rollen im Laufe der Jahre mehr als nur ein paar Freundschaften. Als Mameha sagte, sie habe Hatsumomo eine Rolle weggenommen, war sie nicht ganz ehrlich gewesen, denn Mameha gehörte zu den ganz wenigen Geishas von Gion, denen jedes Jahr eine Solorolle garantiert wurde. Hingegen traf es tatsächlich zu, daß Hatsumomo sich verzweifelt gewünscht hatte, Kürbisköpfchen auf der Bühne zu sehen. Ich weiß nicht, wie sie auf die Idee kam, so etwas wäre überhaupt möglich – Kürbisköpfchen mochte ja den Nachwuchspreis und andere Ehrungen errungen haben, aber beim Tanzen hatte sie sich niemals hervorgetan. Ein paar Tage bevor ich dem Doktor meine ekubo präsentierte, war eine siebzehnjährige Lerngeisha, die eine Solorolle bekommen hatte, die Treppe hinuntergefallen und hatte sich das Bein verletzt. Die Ärmste war niedergeschmettert, doch jede andere Lerngeisha von Gion war natürlich mit Wonne bereit, den Unglücksfall zu nutzen und anzubieten, für die Rolle einzuspringen. Diese Rolle bekam dann ich. Ich war damals erst knapp fünfzehn Jahre und hatte noch nie auf der Bühne

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